US-Technologiebörse
Nasdaq will Frauenquote für 3300 Firmen
Nasdaq-Chefin Friedman hat bei der Börsenaufsicht eine ambitionierte Quotenregel beantragt: Jedes gelistete Unternehmen soll künftig eine Frau und zusätzlich eine Person aus einer ethnischen oder sexuellen Minderheit im Vorstand haben. Sonst droht der Ausschluss.
Wegbereiterin: Nasdaq-Chefin Adena Friedman will die Firmenwelt verändern. Seit 2016 führt sie als erste Frau eine der großen US-Börsen.
Foto: John Lamparski / Getty Images
Die US-Technologiebörse Nasdaq möchte eine umfassende Quotenregel für die rund 3300 gelisteten Firmen einführen. Jedes der Unternehmen soll künftig eine Frau im Vorstand haben und darüber hinaus noch eine Person, die einer ethnischen Minderheit angehört oder die sich offen als homosexuell, lesbisch, transgender oder queer bezeichnet. Unternehmen, die diese Vorgaben nicht erfüllen, müssen sich künftig öffentlich dafür rechtfertigen. Im schlimmsten Fall droht ihnen der Börsenausschluss. Einen entsprechenden Antrag hat die Nasdaq jetzt bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht.
Der Vorschlag solle einen transparenten Rahmen für alle Firmen bieten, den Investoren ihre Vorstandszusammensetzung und ihre Diversitätsphilosophie zu präsentieren, erklärte Nasdaq-Chefin Adena Friedman (51) in einem Statement. Die neuen Notierungsregeln seien "ein Schritt auf einem umfassenderen Weg" zu einer diverseren, integrativeren Firmenwelt.
Weltweit geraten Unternehmen zunehmend unter Druck, ihre Vorstände diverser aufzustellen. Erst in der vergangenen Woche hatte sich nach langer Diskussion auch die Bundesregierung auf eine Frauenquote für die börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen in Deutschland verständigt: Firmen mit mehr als drei Vorstandsmitgliedern sollen künftig mindestens eine Frau in das Gremium berufen. Der Vorstoß der Nasdaq geht weit darüber hinaus – und dürfte zu den ambitioniertesten weltweit gehören.
Bezogen auf das Handelsvolumen und die Zahl der gelisteten Firmen ist die Nasdaq die größte Börse der Welt. Neben US-amerikanischen Firmen wie Microsoft, Apple oder Amazon sind dort auch zahlreiche ausländische Firmen gelistet, darunter etwa die deutschen Impfstoffentwickler Biontech und Curevac oder chinesische Internetgiganten wie Baidu oder JD.com. Allein im dritten Quartal 2020 sind mehr als 140 neu hinzugekommen.
Chinas Tech-Konzerne erfüllen die neuen Regeln nicht
In einer über sechs Monate durchgeführten Überprüfung hatten Friedmans Leute herausgefunden, dass mehr als drei Viertel der an der Nasdaq notierten Unternehmen die neuen Anforderungen nicht erfüllen würden, berichtet das "Wall Street Journal". Zwar hätten bereits 80 oder 90 Prozent der Unternehmen mindestens ein weibliches Vorstandsmitglied, aber nur etwa ein Viertel habe eine zweite Person, die den neuen Diversitätsregeln entsprechen würde. Als unterrepräsentierte Minderheiten definiert die Nasdaq dabei Personen, die sich selbst als Schwarze, Hispanoamerikaner, Asiaten, Ureinwohner Amerikas bezeichnen oder zwei oder mehr Rassen oder Ethnien angehören.
Zu den Unternehmen, die die neuen Kriterien nicht erfüllen, gehören die chinesischen Internetfirmen Pinduoduo, JD.com und Baidu, die keine Frauen in ihren Vorständen haben. Insbesondere die Vorgaben zu ethnischen Minderheiten sind stark auf die USA zugeschnitten. Ausländische und kleinere Unternehmen dürfen, um die Regeln zu erfüllen, darum künftig auch zwei weibliche Vorstände ernennen. Oder sie berufen zusätzlich zu einer Frau noch eine Person aus Gruppen, die in ihren Ländern unterrepräsentiert sind.
Dass Unternehmen, die gegen die neuen Regeln verstoßen, wirklich von der Börse genommen werden, dürfte aber wohl unwahrscheinlich sein. Die Konzerne müssen aber künftig umfassende Daten veröffentlichen und sich für Verstöße rechtfertigen. Sollten sie auch das unterlassen, droht ihnen ein Verfahren zur Einstellung der Börsennotierung. "Wir werden dafür sorgen, dass jedes Unternehmen auf sehr unkomplizierte Weise die Standards erfüllen kann", versprach Nasdaq-Chefin Friedman im "WSJ".
Vermutlich wird es noch Monate dauern, bis die SEC die Regeln genehmigt oder ablehnt. Erst die vom künftigen US-Präsidenten Joe Biden (78) neu einzusetzende SEC-Spitze wird wohl darüber entscheiden. Für die Neubesetzung des Vorstands hätten die Unternehmen dann mehrere Jahre Zeit.