Studie zu Flucht und Klimawandel Lebensraum von einer Milliarde Menschen im Jahr 2050 bedroht

Umweltveränderungen und politische Konflikte werden in den nächsten Jahrzehnten viele Länder der Erde fast unbewohnbar machen. Das wird Migrationsbewegungen massiv verstärken, wie eine neue Studie des Institute for Economics and Peace aufzeigt.
Bedrohte Natur im Pazifik: Ein Junge sitzt am Sandstrand auf der Fidschi-Insel Kiribati neben Abfällen

Bedrohte Natur im Pazifik: Ein Junge sitzt am Sandstrand auf der Fidschi-Insel Kiribati neben Abfällen

Foto: Christiane Oelrich / dpa

Im Jahr 2050 könnte einer Studie zufolge der Lebensraum von mehr als einer Milliarde Menschen auf der Welt bedroht sein. Die Folgen des Klimawandels, Konflikte und Unruhen könnten etliche dieser Menschen dazu drängen, ihre Heimatländer zu verlassen, wie eine Untersuchung des Thinktanks Institute for Economics and Peace prognostiziert, die am Mittwoch in London vorgestellt wurde.

Besonders bedrohte Hotspots sind demnach die afrikanische Sahelzone, weiter südlich liegende afrikanische Staaten wie Angola oder Madagaskar sowie der Nahe Osten von Syrien bis Pakistan. Als größte Gefahren sehen die Studienautoren Stürme und Überflutungen, aber auch Wasserknappheit und eine unsichere Versorgung mit Lebensmitteln. Bei ihren Berechnungen gehen die Wissenschaftler davon aus, dass Naturkatastrophen mindestens mit gleicher Regelmäßigkeit auftreten wie in den vergangenen Jahrzehnten.

Insgesamt machen die Forscher anhand etlicher Faktoren 31 Staaten aus, die sie als nicht widerstandsfähig genug einstufen, um die ökologischen und politischen Veränderungen der kommenden Jahrzehnte zu schultern. Das werde diese Länder vielleicht nicht vollständig unbewohnbar machen, aber doch etliche Bürger zum Umsiedeln zwingen. Die Bevölkerung dieser Länder mache mehr als eine Milliarde der Weltbevölkerung aus.

Ressourcenknappheit führt zu Konflikten

Die Autoren sehen einen Zusammenhang zwischen politischen Konflikten und ökologischen Bedrohungen: Je weniger Frieden in einer Region herrsche, desto eher drohe der Kollaps. "Es ist eine Art Teufelskreis. Durch Konflikte werden die natürlichen Ressourcen von Ländern zerstört - und die Knappheit wiederum führt dann zu weiteren Konflikten", wie Autor Steve Killelea erklärt. So sei es etwa im Jemen der Fall.

Infolge dieser Entwicklung warnen die Experten vor massenhaften Migrationsbewegungen, von denen vor allem die als relativ krisensicher eingestuften europäischen Länder betroffen sein würden. "Wir haben seit dem Jahr 2015 gesehen, wie selbst eine relativ kleine Zahl an Migranten massive politische Unruhen und Entwicklungen auslösen können, sagte Killelea der Deutschen Presse-Agentur. Damals kam mehr als eine Million Schutzsuchende nach Europa, viele aus Syrien oder dem Irak.

Die zukünftigen ökologischen und politischen Bedrohungen dürften den Prognosen zufolge eine deutlich größere Anzahl an Menschen dazu bewegen, ihre Heimatländer zu verlassen und Zuflucht in sichereren Regionen zu suchen. So könnten sich etwa aus Pakistan, Iran oder Äthiopien Hunderte Millionen Menschen auf den Weg machen.

Foto: dpa-infografik GmbH

Europa müsse sich der Bedrohung und der damit verbundenen Verantwortung bewusst werden, forderte Killelea. Regierungen müssten sich damit auseinandersetzen, wie sich die Widerstandsfähigkeit von Krisenstaaten stärken lasse. Insbesondere beim Thema Wasserknappheit gelte es, Unternehmen und Regierungen zu unterstützen. Bereits 2040 könnten mehr als fünf Milliarden Menschen von hoher oder extrem hoher Wasserknappheit betroffen sein, etwa in Indien oder China.

Die Vereinten Nationen (UN) wollen am Mittwochabend einen neuen Klima-Bericht vorstellen. UN-Generalsekretär António Guterres (71) und Petteri Taalas (59), Chef der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), einer Sonderorganisation der UN, wollen Klimadaten aus den Jahren 2016 bis 2020 präsentieren und Vorhersagen über die weitere Entwicklung treffen. Außerdem soll es um Treibhausgaskonzentrationen sowie die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf Emissionen gehen. Es handelt sich um den zweiten Bericht einer von der WMO veröffentlichten Serie, zu der auch zahlreiche andere UN-Organisationen Informationen zuliefern.

cs/dpa-afx
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