Ließ sich feiern: Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro mit Ehefrau Michelle Bolsonaro. Der neue Präsident will viel verändern im Land, dazu braucht er aber Koalitionen
Foto: Andre Penner/ APDas größte Land Lateinamerikas steht vor einem Rechtsruck: Mit dem früheren Fallschirmjäger Jair Bolsonaro übernimmt ein ultrarechter Populist das höchste Staatsamt in Brasilien. Der 63-Jährige legte am Dienstag (Ortszeit) im Kongress seinen Amtseid ab und übernahm im Regierungspalast Planalto die Präsidentenschärpe von seinem Amtsvorgänger Michel Temer. Damit steuert Brasilien auf einen radikalen Richtungswechsel zu.
"Wir haben jetzt die einzigartige Möglichkeit, unser Land neu aufzubauen", sagte Bolsonaro. "Heute ist der Tag, an dem die Menschen beginnen, sich vom Sozialismus, vom staatlichen Gigantismus und dem politisch Korrekten zu befreien."
Video: Brasilien an Wegscheide - Bolsonaro vereidigt
Zuvor war er gemeinsam mit seiner Ehefrau Michelle in einem offenen Rolls Royce durch die Hauptstadt Brasilia gefahren. Seine Anhänger skandierten Bolsonaros Wahlkampfslogan: "Brasilien über alles, Gott über allen."
Kritiker befürchten, dass Bolsonaro den Schutz von Minderheiten zurückfahren, Regeln zum Naturschutz lockern und Unternehmen bei ihren Geschäften weitgehend freie Hand lassen wird. Manche sehen in ihm sogar eine Gefahr für die noch junge Demokratie Brasiliens.
"Die USA sind bei Ihnen!" -Trump gratulierte Bolsonaro
Lob hingegen kam von Bolsonaros Vorbild Donald Trump. "Glückwunsch an Präsident Jair Bolsonaro, der gerade eine großartige Rede zur Amtseinführung gehalten hat - die USA sind bei Ihnen!", schrieb der US-Präsident auf Twitter. Der Ex-Militär, der von Analysten auch als "Trump der Tropen" beschrieben wird, revanchierte sich umgehend: "Lieber Präsident Trump, ich weiß Ihre ermutigenden Worte wirklich zu schätzen. Gemeinsam und unter Gottes Schutz werden wir unseren Völkern Wohlstand und Fortschritt bringen."
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Persönlich gratulierten bei den Feierlichkeiten in Brasilia US-Außenminister Mike Pompeo, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der ungarische Regierungschef Viktor Orban, der chilenische Präsident Sebastián Piñera und sogar der linke bolivianische Staatschef Evo Morales. Bolsonaros Anhänger feierten den Amtsantritt ihres Helden auf den Straßen und Plätzen. "Mythos, Mythos", skandierten sie und: "Der Hauptmann ist gekommen."
Weniger Umweltschutz, leichterer Zugang zu Waffen
Menschenrechtsaktivisten und Umweltschützer erwarten nach Bolsonaros Amtsantritt das Schlimmste. Der neue Präsident hatte sich zuletzt immer wieder abfällig über Schwarze, Indigene und Homosexuelle geäußert und die Militärdiktatur in Brasilien gelobt. Er kündigte an, keine weiteren Schutzgebiete für indigene Gemeinschaften auszuweisen und den Zugang zu Waffen zu erleichtern.
Zudem liebäugelt Bolsonaro mit einem Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und will zusätzliche Flächen im Amazonasgebiet für die wirtschaftliche Nutzung freigeben. Das könnte die internationalen Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel ausbremsen, da der brasilianische Regenwald als CO2-Speicher von globaler Bedeutung ist.
Die Ideologie des neuen Staatschefs wird als "Bala, Boi e Bíblia" (Kugel, Vieh und Bibel) beschrieben. Evangelikale Christen, nationalistische Militärs und die neoliberale Wirtschaftselite unterstützten seinen Wahlkampf. Welche dieser Gruppen - mit zum Teil sehr unterschiedlichen Interessen - während Bolsonaros Amtszeit den Ton angeben wird, ist noch unklar.
Neoliberale Wirtschaftselite unterstützte Bolsonaros Wahlkampf
"Er übernimmt Brasilien in schwierigen Zeiten", sagt Peter Hakim vom Forschungsinstitut Inter-American Dialogue. "Er muss Koalitionen bilden, da seine Partei nur über zehn Prozent der Sitze im Parlament verfügt. Gelingt ihm das nicht, wird er Probleme haben, seine Politik umzusetzen."
In seiner Rede kündigte Bolsonaro einen "nationalen Pakt" an, um Brasilien voranzubringen. In den kommenden vier Jahren will der Rechtspopulist die weit verbreitete Korruption bekämpfen, Kriminalität eindämmen und die Wirtschaft ankurbeln. Zu seinem Kabinett gehören der prominente Anti-Korruptionsermittler Sergio Moro und der ultraliberale Wirtschaftswissenschaftler Paulo Guedes. Unter seinen Ministern sind zudem sieben Ex-Militärs.
Neuer Präsident sagt Korruption und Kriminalität den Kampf an
"Korruption, Privilegien und Vorteile müssen enden. Wir werden Tag und Nacht unser Ziel verfolgen, Wohlstand und Sicherheit für unsere Bürger zu schaffen", sagte Bolsonaro. Zum Abschluss seiner Antrittsrede machte er seinem Ruf als Kommunistenfeind noch einmal alle Ehre. Er schwenkte die brasilianische Fahne und rief: "Das ist unsere Flagge - und sie wird niemals rot sein."
Am 1. Januar tritt Brasiliens neuer, ultrarechter Präsident Jair Bolsonaro an. Sein designierter Super-Wirtschaftsminister Paulo Guedes (69) hat den Job, die Vorschusslorbeeren der Börse zu rechtfertigen - und die Sorge zu zerstreuen, dass ultrareligiöse Militärfans Demokratie und Markt zugleich zertrampeln.
Zeitgleich kommt in Mexiko Präsident Andres Manuel Lopez Obrador (65) ins Amt und zeigt, dass nicht die ganze Welt zugleich nach rechts rückt. Der Linke hat vorab schon mal ein Mega-Flughafenprojekt gestoppt. Am neuen nordamerikanischen Handelsabkommen kann er nichts mehr ändern - aber es wird spannend, wie er mit Kollege Donald Trump im Nachbarland zurechtkommt.
Ebenfalls in der ersten Januarwoche beginnt die neue Wahlperiode des US-Kongresses. Das Repräsentantenhaus, in dem die oppositionellen Demokraten nun wieder die Mehrheit haben, dürfte die Veteranin Nancy Pelosi (78) zur Sprecherin wählen - das Amt hatte sie bereits von 2007 bis 2011. Jetzt ist es aber eine neue Rolle: als wichtigste Gegenspielerin von Trump. Jedenfalls so lange, bis ...
... die Demokraten sich auf einen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2020 einigen. Das Schaulaufen dürfte bereits einen großen Teil des Jahres einnehmen. Am hellsten strahlt bisher der Stern der sozialdemokratischen Jungpolitikerin Alexandria Ocasio Cortez (29), doch die ist laut Gesetz zu jung fürs Weiße Haus.
Am 1. Februar kommen die Aktionäre von Thyssenkrupp zur Hauptversammlung zusammen - traditionell in Bochum, aber sonst ist alles anders beim Ruhr-Konzern. Zur neuen Aufsichtsratschefin soll Konzernneuling Martina Merz (55) gewählt werden, die immerhin einen Metallberuf gelernt und zugleich das Vertrauen der aktivistischen Fonds hat. Später im Jahr muss sie eine der größten Operationen der deutschen Industrie beaufsichtigen: die geplante Konzernspaltung in Industrials und Materials.
Am 1. März endet die Waffenruhe - soweit sie denn hält - im Handelskrieg zwischen China und den USA. Wie es dann weiter geht, ist wohl die wichtigste Weichenstellung der Weltwirtschaft. Chinas Vizepremier Liu He (dann 67) ist in der Pekinger Führung der Mann für die Wirtschaftsstrategie.
Am 29. März läuft die Uhr für das Brexit-Abenteuer von Premierministerin Theresa May (62) ab. Bis dahin werden wir wohl noch viele Volten erleben, vielleicht das Kunststück, dass sie das Parlament doch noch von ihrem Deal mit der EU für einen geregelten Ausstieg überzeugt - oder danach das Kunststück, das kreative Chaos produktiv zu nutzen.
Ein Chefwechsel in einem der wichtigsten deutschen Konzerne ist bereits ausgemachte Sache: Zur Hauptversammlung am 22. Mai tritt Daimler-Chef Dieter Zetsche nach 13 Jahren ab, sein designierter Nachfolger ist der bisherige Entwicklungsvorstand Ola Källenius (49). Der Schwede übernimmt den jahrelang erfolgsverwöhnten Konzern in einer kleinen Krise. Neben dem Start in die Elektroära gehört die geplante Umwandlung in eine Holding aus drei eigenständigen Unternehmen zu seinen Aufgaben.
Irgendwann im Lauf des Jahres - voraussichtlich nach dem Konkurrenten Lyft - soll der von Dara Khosrowshahi (49) geführte Fahrdienst Uber an die Börse gehen. Es dürfte eines der größten IPOs seit Jahren werden - oder ein Moment der Wahrheit, wenn Luft aus der Blase des mit zuletzt 120 Milliarden Dollar bewerteten, aber weiterhin verlustreichen Unternehmens entweicht.
Ende Mai wird das Europaparlament neu gewählt - und danach gibt es einige Spitzenposten in der EU zu verteilen. Der wichtigste ist der des Kommissionspräsidenten. Favorit für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker ist der CSU-Politiker Manfred Weber (46), der als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei nominiert ist, die nach Lage der Dinge wohl weiter die stärkste Fraktion stellen wird. Weber wäre der erste Deutsche an der Kommissionsspitze seit 1967. Garantiert ist seine Wahl aber längst nicht.
Die Wahl liegt nicht bei den Bürgern, sondern bei den Staats- und Regierungschefs - die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angeführten Liberalen sind hier durchaus eine ernstzunehmende Konkurrenz der Konservativen (die Sozialdemokraten eher nicht). Zu ihren Favoriten zählen beispielsweise Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager (dann 51), die immerhin schon jetzt eine große Rolle gegenüber Konzernen von Apple bis Siemens spielt. Ihre politische Basis der dänischen Sozialliberalen ist allerdings reichlich schwach.
Wie das Geschacher in Brüssel ausgeht, hat auch Einfluss auf einen anderen europäischen Posten, der die Wirtschaft viel direkter betrifft: Die Amtszeit von EZB-Präsident Mario Draghi endet am 31. Oktober. Die Nachfolge wird ebenfalls im EU-Rat entschieden, und neben dem geldpolitischen Profil dürfte da auch die Nationalität eine Rolle spielen. Der Finne Erkki Liikanen (dann 69), bekannt für seine bisher halbherzig befolgten Vorschläge zu einer Bankenunion, gilt aktuell als kompromissfähigster Kandidat.
... die Demokraten sich auf einen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2020 einigen. Das Schaulaufen dürfte bereits einen großen Teil des Jahres einnehmen. Am hellsten strahlt bisher der Stern der sozialdemokratischen Jungpolitikerin Alexandria Ocasio Cortez (29), doch die ist laut Gesetz zu jung fürs Weiße Haus.
Foto: Sg/ dpaAm 1. März endet die Waffenruhe - soweit sie denn hält - im Handelskrieg zwischen China und den USA. Wie es dann weiter geht, ist wohl die wichtigste Weichenstellung der Weltwirtschaft. Chinas Vizepremier Liu He (dann 67) ist in der Pekinger Führung der Mann für die Wirtschaftsstrategie.
Foto: JASON LEE/ REUTERSAm 29. März läuft die Uhr für das Brexit-Abenteuer von Premierministerin Theresa May (62) ab. Bis dahin werden wir wohl noch viele Volten erleben, vielleicht das Kunststück, dass sie das Parlament doch noch von ihrem Deal mit der EU für einen geregelten Ausstieg überzeugt - oder danach das Kunststück, das kreative Chaos produktiv zu nutzen.
Foto: HO/ AFPEnde Mai wird das Europaparlament neu gewählt - und danach gibt es einige Spitzenposten in der EU zu verteilen. Der wichtigste ist der des Kommissionspräsidenten. Favorit für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker ist der CSU-Politiker Manfred Weber (46), der als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei nominiert ist, die nach Lage der Dinge wohl weiter die stärkste Fraktion stellen wird. Weber wäre der erste Deutsche an der Kommissionsspitze seit 1967. Garantiert ist seine Wahl aber längst nicht.
Foto: Thomas Lohnes/ Getty ImagesDie Wahl liegt nicht bei den Bürgern, sondern bei den Staats- und Regierungschefs - die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angeführten Liberalen sind hier durchaus eine ernstzunehmende Konkurrenz der Konservativen (die Sozialdemokraten eher nicht). Zu ihren Favoriten zählen beispielsweise Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager (dann 51), die immerhin schon jetzt eine große Rolle gegenüber Konzernen von Apple bis Siemens spielt. Ihre politische Basis der dänischen Sozialliberalen ist allerdings reichlich schwach.
Foto: AFP