Frankreichs neuer Wirtschaftsminister Macron Hollandes Tabubrecher

Wirtschaftminister Macron: Unternehmerfreund am Ruder
Foto: AP/dpaDer neue Wirtschaftsminister war noch nicht 24 Stunden im Amt, als er bereits für eine erste politische Kontroverse sorgte - und die gerade beschworene inhaltliche Einheit des neuen Kabinetts von Premier Manuel Valls torpedierte.
Emmanuell Macron, der am Dienstag den unbotmäßigen , hatte erklärt, er befürwortete, dass Unternehmen und ganze Branchen von der 35-Stunden-Woche abwichen. "Im Rahmen von einvernehmlichen Abkommen", so der neue Ressortchef, könnten Regeln für Arbeitszeit, Löhne oder Gehälter gelockert werden - so wie das bislang schon bei Firmen möglich sei, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckten.
Die Einlassung in einen Gespräch mit dem Polit-Magazin "Le Point", das noch vor Macrons Berufung geführt worden war, führte prompt zum Eklat. Linke Genossen und Gewerkschafter reagierten erbost, sogar Forderungen nach dem Rücktritt Ministers wurden laut - schließlich hatte Macron mit seiner Bemerkung ein Tabu der Sozialistischen Partei (PS) verletzt.
Denn das Gesetz über die 35-Stunden-Woche gehört bei der PS-Basis zu den wichtigsten Errungenschaften der vorigen Linksregierung um das Jahr 2000. Jeder Versuch an dem Eckpfeiler Arbeitszeit zu rütteln (wie zuletzt Präsident Nicolas Sarkozy) wurde stets mit massiver Mobilisierung gestoppt. Arbeitnehmervertreter wie linke PS-Rebellen werteten Macrons Bemerkung daher als Provokation und sahen sich ihn ihrer skeptischen Bewertung des Newcomers bestärkt.
Die Unternehmer wittern Morgenluft
Tatsächlich ist der Wirtschaftsminister eine personelle Überraschung in der 33-köpfigen, neuen Ministerriege. Macron setzt sich deutlich ab von der Mehrheit der verdienten PS-Kader, die sich am Mittwoch auf den Stufen des Élysée zum Gruppenbild formierten.
Als Absolvent der Eliteakademie ENA begann der 36-Jährige seine Karriere in den Diensten der staatlichen Finanzinspektion, bevor er als geschäftsführender Gesellschafter bei der Rothschild-Bank reüssierte. Er zählte zum Wahlkampfteam von François Hollande, der ihn nach dem Einzug in den Élysée 2012 an seine Seite holte. Dort wurde er zum engsten Wirtschaftsberater des Präsidenten. Macron, Kritiker einer überholten "klassischen Linken", entwarf den umstrittenen "Verantwortungspakt": ein 40-Milliarden-Förderprogramm, mit dem Frankreichs schwächelnde Unternehmen entlastet werden sollen.
Macrons Berufung auf den Ministerposten passt folglich zur politischen Kehrtwende von François Hollande. "Die Welt der Finanzen ist mein wichtigster Feind", hatte der Sozialist wortgewaltig im Wahlkampf gewettert, bevor er sich im Januar erstmals als "Sozialdemokrat" outete - was in der politischen Diktion Frankreichs einen Rechtsschwenk bedeutet. Macrons Anmerkungen zum möglichen Ende der 35-Stunden-Woche könnten daher ein Versuchsballon sein, für den endgültigen Schwenk des Präsidenten auf eine solche sozialliberale Linie.
Zumal auch Ministerpräsident Manuel Valls schon vor Jahren für eine Lockerung der straffen Arbeitszeitregelung plädiert hatte. Und dass die Regierung keine Nähe zu den Firmenbossen scheut, bewies der Premier, als er beim Herbsttreffen von Frankreichs Arbeitgebern (Medef) eine wahre Ode auf die Rolle der Unternehmer verbreitete.
Die Unternehmer wittern nun Morgenluft. Roux de Bézieux, Vizechef von Frankreichs Arbeitgeberverband begrüßte beim Radio-Interview mit "France-Info" die neuen Töne von Wirtschaftsminister Macron: "Die 35-Stunden-Woche zu lockern, das macht Sinn."