Schweiz
"Die leiden ebenso unter Fachkräftemangel wie wir"
Mehr als 50.000 Menschen pendeln regelmäßig aus Baden-Württemberg über die Schweizer Grenze. Das Schweizer Votum für eine strikte Begrenzung der Zuwanderung werde diese Menschen jedoch kaum betreffen, meinen Experten: Der Fachkräftebedarf der Eidgenossen sei zu groß.
Grenzen dicht? Vor allem in der deutschsprachigen Schweiz votierten viele für eine Begrenzung der Zuwanderung
Foto: FABRICE COFFRINI/ AFP
Mannheim - "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schweiz das ganz hart durchexerzieren wird", sagte Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Montag der Nachrichtenagentur dpa. "Die leiden genauso unter Fachkräftemangel wie wir."
Die Schweizer hatten sich am Sonntag mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, die Zuwanderung aus der EU zu drosseln und Höchstgrenzen festzulegen. Aus Baden-Württemberg pendeln rund 50.000 Arbeitnehmer ins Nachbarland.
Nach Ansicht des Ökonomen wird die Schweizer Regierung versuchen, eine gesichtswahrende Lösung zu finden, die sich möglichst wenig auf qualifizierte Fachkräfte auswirkt. "Sie müssen irgendetwas machen, das die Schweizer gerade so noch akzeptieren", sagte Heinemann.
Er geht zudem davon aus, dass die Schweizer Abstimmung europakritischen Parteien wie der Alternative für Deutschland (AfD) bei den Europawahlen im Mai Auftrieb geben wird. "Für die AfD ist sicher die Schweiz ein Vorbild. Das kann ihnen jetzt Munition für den Wahlkampf bieten."
AfD-Chef Lucke will sich am Schweizer Votum ein Beispiel nehmen
Die europakritische Alternative für Deutschland (AfD) nahm die Vorlage aus der Schweiz am Montag dann auch dankbar auf. "Unabhängig vom Inhalt des Schweizer Referendums ist auch in Deutschland ein Zuwanderungsrecht zu schaffen, das auf Qualifikation und Integrationsfähigkeit der Zuwanderer abstellt und eine Einwanderung in unsere Sozialsysteme wirksam unterbindet", forderte AfD-Sprecher Bernd Lucke am Montag. "Auch dafür sollten gegebenenfalls Volksabstimmungen ermöglicht werden, wenn die Altparteien das Problem weiter ignorieren", ergänzte er.
Allerdings räumte die AfD ein, dass Deutschland qualifizierte Zuwanderer brauche, genauso wie die Zuwanderer einen Staat brauchten, in dem sie wirtschaftlich erfolgreich und sozial integriert leben könnten. "Die Schweizer Abstimmung hat gezeigt, dass das Volk dies versteht - und wie viel Reformbedarf in diesem Thema auch bei uns steckt", erklärte die Partei.