Warenangebot in Gefahr Containermangel - Frachtpreise in acht Wochen verdreifacht

Der Boom im Warenhandel stößt an Grenzen: Container werden knapp, die Fracht zwischen China und Europa verteuert sich dramatisch. Besserung erwartet die Branche erst mit dem Ende der Corona-Lockdowns.
Knappe Kisten: Containerhafen Lianyungang in der chinesischen Provinz Jiangsu Mitte Januar

Knappe Kisten: Containerhafen Lianyungang in der chinesischen Provinz Jiangsu Mitte Januar

Foto: VCG / IMAGO

Wer jetzt noch auf das vor Weihnachten bestellte Smartphone wartet, bekommt zumindest einen Grund geliefert: Container sind knapp. Inzwischen spitzt sich die Krise im Welthandel dramatisch zu.

Die "Financial Times" berichtet , in den vergangenen acht Wochen hätten sich die Frachtraten auf der wichtigsten Schifffahrtsroute zwischen China und Nordeuropa verdreifacht. Einen 40-Fuß-Container auf dieser Strecke zu buchen, koste nun mehr als 9000 Dollar statt 2000 Dollar noch im November. Diese Angabe deckt sich in etwa mit dem Shanghai Containerized Freight Index , der für halb so lange 20-Fuß-Standardcontainer per 15. Januar einen Preis von 4413 Dollar zeigt.

Von einem "Flaschenhalsproblem" sprach Lars Jensen von der Beratungsfirma Seaintelligence. "Die Preise werden von Kunden getrieben, die um eine knappe Ressource kämpfen: Container." In der zweiten Jahreshälfte 2020 ist der Warenhandel zwischen Europa und Asien regelrecht geboomt. Zugleich waren viele leere Container noch als Folge des Handelskollaps zu Beginn der Corona-Krise in Häfen gestrandet, wo sie nun nicht gebraucht werden.

Zudem könnten die Häfen gar nicht so viele Waren umschlagen wie nachgefragt, erklärte John Butler, Präsident des Reedereienverbands World Shipping Council: "Von einem gewaltigen Absturz kommend, wurden wir von historisch hohen Warenmengen gepeitscht, und jetzt gibt es mehr, als die Terminals effektiv abwickeln können."

Zusätzlich würden Kapazitäten von der China-Europa-Route zugunsten des Handels über den Pazifik abgezogen, schreibt die "Financial Times" - und das, obwohl dort keine Knappheitsprämien zu verdienen sind. Zwischen China und den USA hätten sich die Frachtraten seit Oktober stabilisiert, nachdem die chinesische Regierung bei den Reedereien intervenierte.

Entspannung erst nach dem Lockdown

Für europäische Importeure stellt sich nun die Frage, ob sie längere Wartezeiten in Kauf nehmen oder die hohen Transportpreise an ihre Kunden weiterreichen können. Ein Großteil der Unternehmen berichtet in aktuellen Einkaufsmanagerpanels schon von Störungen im Lieferverkehr. Viele Unternehmen entscheiden sich dafür, erst mal so weit wie möglich ihre Lagerbestände auszuschöpfen. Doch manche Lager sind bereits leer, wie im Fall der Mikrochips, deren Mangel mancherorts schon die Autoproduktion lähmt.

Hoffnung auf Entspannung könnte das chinesische Neujahrsfest liefern, das dieses Jahr auf den 12. Februar fällt: Rund um die Feiertage lässt die Industrieproduktion in Asien traditionell spürbar nach. Das könnte den Logistikern Zeit geben, den Lieferstau abzuarbeiten.

Die meisten Ökonomen rechnen aber damit, dass das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage im Seetransport eher noch zunimmt. John Butler erwartet nachlassenden Druck erst dann, "wenn die Menschen mehr Gelegenheit haben, Geld für Dienstleistungen auszugeben", die jetzt im Lockdown tabu sind - physische Konsumgüter als Ersatzbefriedigung wären dann weniger gefragt. "Doch wann das passiert, kann man nur vermuten."

ak
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