Streit um Abkommen mit Kanada Gabriel: "Unglaublich töricht" - Juncker: "Mir schnurzegal"

Streiten um Mitspracherecht beim Abkomme mit Kanada: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel
Foto: Frank Rumpenhorst/ picture alliance / dpaDas EU-Freihandelsabkommen mit Kanada dürfte für den alten Kontinent sicher von Vorteil sein. Um so mehr verwundert der jetzt offen ausgebrochene Streit zwischen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der Bundesregierung darüber.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel jedenfalls ist höchst erbost darüber, dass die EU-Kommission die nationalen Parlamente über das ausgehandelte Abkommen mit Kanada (Ceta) nicht mitentscheiden lassen will. "Jetzt zu beschließen, dass die nationalen Parlamente zu diesem Handelsabkommen nichts zu sagen haben, ist unglaublich töricht", sagte Gabriel am Mittwoch.
Gabriel nannte sich selbst einen "Befürworter guter Handelsabkommen". Die EU-Kommission falle aber allen Gutwilligen in den Rücken und mache ihnen die Arbeit noch schwerer. "Das dumme Durchdrücken von Ceta würde alle Verschwörungstheorien zu den geplanten Freihandelsabkommen explodieren lassen", warnte er.
Zudem bringe das Vorgehen von Kommissionschef Jean-Claude Juncker und seiner Behörde das ohnehin in einer Sackgasse steckende Freihandelsabkommen TTIP mit den USA noch weiter in Schwierigkeiten. "Kein Mensch wird noch glauben, dass es bei dem Abkommen mit den USA TTIP nicht genauso laufen wird", sagte er.
Gegenüber dem Berliner "Tagesspiegel" ging Gabriel noch weiter. "Wenn die EU-Kommission das bei Ceta macht, ist TTIP tot", sagte er.
Ohne ein Votum des Bundestages werde es kein deutsches Ja zu dem Abkommen mit Kanada geben. "Was immer die EU-Kommission beschließt: in Deutschland entscheidet der deutsche Bundestag", sagte Gabriel. Ohne ein Ja des Bundestages werde er "auf keinen Fall Ceta zustimmen".
Juncker: "Mir persönlich ist das schnurzegal"
Juncker selbst reagierte am Mittwoch verärgert auf die Kritik: Die EU-Kommission sei nach einer juristischen Analyse zu der Auffassung gelangt, dass Ceta ein ausschließlich europäisches Abkommen sei und die Zustimmung nationaler Parlamente damit nicht notwendig wäre. "Mir persönlich ist das aber relativ schnurzegal", sagte Juncker nach einem informellen Treffen von 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Ceta sei das beste Abkommen, das die EU jemals ausgehandelt habe. Inhaltlich habe auch niemand etwas dagegen auszusetzen.
Wenn aber die Regierungen der EU-Staaten zur Auffassung kämen, dass Rechtsgutachten nicht zählten, wenn es um Politik gehe, sei er der Letzte, der sich dagegen wehre. "Ich werde nicht auf dem Altar juristischer Fragen sterben, aber ich hätte gern durch eindeutige Rechtsmittel belegt, dass dies kein EU-Abkommen ist."
Juncker pocht auf die Zuständigkeit der Kommission gegenüber den nationalen Regierungen in Handelsfragen und will über Ceta nur das EU-Parlament abstimmen lassen. Im EU-Rat ist eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsländer nötig. Ceta gilt als Blaupause für das EU-Handelsabkommen mit den USA (TTIP), das vor allem in Deutschland und Österreich umstritten ist.