Bundesbank Ölpreis befeuert Konjunktur und Deflationsgefahr

Niedrige Spritpreise (Archivaufnahme vom 22.12.2014)
Foto: Christoph Schmidt/ picture alliance / dpaFrankfurt am Main / Wien - Der dramatische Verfall der Rohölpreise dürfte die deutsche Konjunktur aus Sicht der Bundesbank in diesem und im kommenden Jahr spürbar befeuern. Hingegen werde der ohnehin geringe Preisauftrieb zusätzlich gebremst, schreibt die Notenbank in ihrem am Montag in Frankfurt veröffentlichten Monatsbericht. Die Preise könnten im laufenden Jahr sogar zeitweise sinken: "Bleiben die Rohölnotierungen auf dem gegenwärtigen Stand, dürften die Verbraucherpreise in Deutschland im laufenden Jahr nur wenig steigen, und vorübergehend könnten die Vorjahresraten sogar negativ ausfallen."
Im Dezember war die jährliche Teuerungsrate in Deutschland auf 0,2 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit Oktober 2009 (0,0 Prozent) gesunken. Im Dezember hatte die Bundesbank für 2015 noch eine Inflationsrate von 1,1 Prozent prognostiziert. Diese Prognose sei wegen des Ölpreisverfalls "erheblich nach unten zu korrigieren", schrieb die Bundesbank nun.
Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt eine Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Da Deutschland und der Euroraum von diesem Ziel weit entfernt sind, dürften die Geldhüter auf ihrer Zinssitzung am Donnerstag in den breit angelegten Kauf von Staatsanleihen einsteigen. Das erwarten auch 18 von 20 durch die Nachrichtenagentur Reuters befragte Geldmarkt-Händler.
Deflation lähmt die Konjunktur
Hintergrund ist der Verfall der Ölpreise: Sie sind wegen eines Überangebots auf dem Weltmarkt seit dem vergangenen Sommer um über die Hälfte eingebrochen und notierten am Montag bei unter 50 US-Dollar je Barrel. Experten gehen davon aus, dass die Preise zumindest in der ersten Jahreshälfte auf niedrigem Niveau verharren oder sogar noch weiter in Richtung 40 Dollar fallen.
Sinken die Preise über einen längeren Zeitraum auf breiter Front sprechen Experten von einer Deflation. Unternehmen stellen Investitionen zurück, Verbraucher warten mit Käufen in Hoffnung auf weiter fallende Preise ab. Das lähmt die Konjunktur.
Die EZB will diesem eventuellen Trend mit dem Ankauf von Staatsanleihen entgegenwirken. Dabei hat sie nach Aussagen ihres Ratsmitglieds Ewald Nowotny jedoch nur wenige wirksame Waffen: "Unsere Möglichkeiten sind begrenzt", sagte der österreichische Nationalbank-Gouverneur der "Tiroler Tageszeitung" auf die Frage, ob das Arsenal der EZB erschöpft sei. Nowotny hatte sich bereits vor einigen Tagen für den Kauf von Staatsanleihen ausgesprochen - und zwar bald: Die Märkte bräuchten möglichst schnell Klarheit über die Strategie der Zentralbank.
Noch geht die Bundesbank aber davon aus, dass das Wirtschaftswachstum von den niedrigeren Energiepreisen deutlich profitieren wird. Die Bundesbank hatte im Dezember für das laufende Jahr ein Wachstum von 1,0 Prozent sowie für das Jahr 2016 von 1,6 Prozent vorhergesagt. Der Großteil des Preiseinbruchs an den Ölmärkten sei in diesen Prognosen noch nicht berücksichtigt gewesen. Da diese Entwicklung üblicherweise positive Effekte auf die Finanzen von privaten Haushalten und Unternehmen habe, bestünden jetzt "spürbare Aufwärtschancen" für diese Vorhersagen.