Kündigung des Atomabkommens durch Donald Trump Iran oder US-Markt - die Gretchenfrage für deutsche Unternehmen

Als Protest gegen den Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen verbrennen Abgeordnete im iranischen Parlament zwei Stücke Papier. Das eine zeigt die amerikanische Flagge, das andere soll eine symbolische Kopie des Atomabkommens sein.
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Airbus, Siemens, Total: Diese Iran-Geschäfte stehen jetzt auf der Kippe
Beinahe drei Jahre diplomatisches Ringen waren notwendig, um den Iran von der Entwicklung der Atombombe abzubringen. US-Präsident Donald Trump brauchte am Dienstag nur wenige Minuten, um das seinerzeit als historisches Abkommen gefeierte Vertragswerk von 2015 aufzulösen. Für Deutschland, Frankreich und Großbritannien, den drei europäischen Vertragsparteien des Atomabkommens, ist die Entscheidung Trumps ein schwerer Schlag.
Auch wenn der genaue Zeitplan bis zum tatsächlichen Wiederaufleben der Sanktionen und weitere Details zunächst unklar bleiben, darf man sich über die fatale Wirkung der Entscheidung keine Illusionen machen. Die religiösen Hardliner im Iran werden gestärkt und die westliche Allianz wird einer Zerreißprobe ausgesetzt.
Der US-Präsident zündelt damit auch an einem mühsam erarbeiteten Commense Sense für und in der Region des Nahen und Mittleren Ostens. Natürlich war der Vertrag von 2015 kein überzeugtes Friedensabkommen zwischen seit Jahrhunderten rivalisierenden Völkern. Natürlich war das Abkommen von Kompromissen und dem kleinsten gemeinsamen Nenner geprägt.
Europa hat nun das Mandat, das Abkommen zu retten. Und dies in einer Phase, in der selbst Europa nicht gerade eine Herzensgemeinschaft ist, und nach wie vor bei zentralen Themen wie der Besteuerung von Internet-Konzernen oder der Migrationspolitik alles andere als einig ist. Es ist noch nicht allzu lange her, dass in Frankreich oder den Niederlanden Sezessionsparteien vom Schlage einer Front National bei den Parlamentswahlen nur knapp unterlagen.
Der Status Quo in Europa sei schlecht für alle, hat Frankreichs Präsident Emanuel Macron in den ARD-Tagesthemen eine nüchterne Analyse gezogen. Wenn das so bliebe, sei es dramatisch. Jetzt muss sich Europa angesichts der sich über Nacht verschärften Lage über jedwede nationale Interessen hinwegsetzen und retten, was zu retten ist.
Die deutsche Wirtschaft wird nach den Russland-Sanktionen ein weiteres Mal stark belastet. Insbesondere die Aussagen des neuen US-Botschafters in Deutschland, Richard Grenell, der deutsche Unternehmen prompt aufforderte, Geschäfte mit dem Iran "sofort" runterzufahren, sorgen für Verunsicherung und Verstimmung in den deutschen Unternehmen.
Es ist wichtig und richtig, dass die Bundesregierung unmissverständlich unterstrichen hat, am Atomabkommen und der Aussetzung der Sanktionen festzuhalten. Es bleibt zu hoffen, dass sich Berlin und Europa dem sicher kurzfristig steigenden Druck der Trump-Administration widersetzen wird.
Ein Verlust des gerade erst wieder beginnenden Iran-Geschäftes - mit einem Handelsvolumen von derzeit etwa 3,5 Milliarden Euro im Jahr - wäre für die deutsche Wirtschaft verkraftbar. Sollten die USA aber wieder black lists einführen, von Unternehmen, die im Iran Geschäfte machen, hätte diese extraterritoriale
Anwendung von Sanktionen schwerwiegende Folgen. Schließlich würden damit europäischen Unternehmen Strafen oder gar Geschäftsverbote in den USA drohen, sollte sich der iranische Geschäftspartner auf den US-Sanktionslisten wiederfinden.
Neben den politischen Sprengstoff kann die Trump-Entscheidung damit auch die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen stark belasten und eine seit Jahrzehnten konstante Säule des deutschen Exports in Frage stellen. Wenn deutsche Unternehmen ihr US-Geschäft verlieren, hätte das Auswirkungen auf die volkswirtschaftliche Wertschöpfung insgesamt.
Michael Frenzel ist Präsident des Wirtschaftsforums der SPD und war mehr als 20 Jahre Vorstandschef der TUI AG.