EU-Börsensteuer Schäuble erwägt Aktiensteuer

Wolfgang Schäuble: Neuer Vorstoß
Foto: FABIAN BIMMER/ REUTERSKopenhagen - Deutschland will eine Beerdigung der Finanzmarktsteuer in der Europäischen Union (EU) verhindern. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schlug beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Kopenhagen als Vorstufe einer umfassenden Besteuerung von Börsengeschäften eine abgespeckte Version der Steuer vor. Zum Einstieg könnten nach dem Vorbild der britischen Stempelsteuer zunächst nur Aktiengeschäfte besteuert werden. Er gebe das Ziel der Finanztransaktionssteuer nicht auf, sagte Schäuble am Samstag nach der Sitzung in der dänischen Hauptstadt. "Ich bin nur nicht bereit zu sagen, entweder wir kriegen das oder wir machen gar nichts."
Aus dem Lager der Gegner einer Börsensteuer blieb Großbritannien reserviert, Schweden ist dagegen für Gespräche offen. Die EU-Staaten seien geteilter Meinung über die Idee, sagte die dänische Finanzministerin und EU-Ratsvorsitzende Margrethe Vestager. Auch die Notenbanken hegen Bedenken. Es sei fraglich, ob die Stabilität des Finanzsystems nicht gefährdet werde, erklärte Bundesbankpräsident Jens Weidmann.
Die im vergangenen Jahr von der EU-Kommission nach jahrelangen Diskussionen vorgeschlagene Steuer auf den Handel mit Aktien, Anleihen und Derivaten hat keine Chance auf Zustimmung in der EU. Großbritannien, Schweden und einige andere Länder lehnen sie ab, so dass der dazu nötige einstimmige Beschluss nicht zustande käme. Auch die Einführung der Steuer nur in der Euro-Zone mit 17 Staaten oder in einem noch kleineren Kreis wird inzwischen nicht mehr als Alternative gesehen.
Die Bundesregierung versucht nun, die Briten zu locken, indem sie eine Besteuerung vorschlägt, wie sie in Großbritannien schon seit dem 19. Jahrhundert gilt. Diese beschränkt sich auf den Aktienhandel. Großbritannien erhebt einen Satz von 0,5 Prozent auf den Umsatz mit Aktien. Die Steuereinnahmen lagen im vergangenen Jahr bei drei Milliarden Pfund. Auch Frankreich plant eine Aktiensteuer in Höhe von 0,1 Prozent auf den Kauf von Titeln der in Paris angesiedelten Großunternehmen. Mit der von der EU vorgeschlagenen Börsensteuer wären hohe Einnahmen zu erzielen: Die Kommission kalkulierte mit 57 Milliarden Euro jährlich.
Die Befürworter der Steuer in der EU wollen vor allem die Finanzmärkte an den enormen Kosten der Bankenrettung beteiligen. Die Gegner - vor allem Großbritannien mit dem Finanzplatz London - befürchten ein Abwandern von Finanzgeschäften aus Europa, da die USA und andere wichtige Länder die Steuer auf globaler Ebene ablehnten. Für die Briten ist wegen der massiven EU-Skepsis in der Bevölkerung eine europäische Steuer überhaupt nicht vorstellbar.
Schäuble sagte, sein britischer Kollege George Osborne habe zumindest nicht rundheraus Nein gesagt. Eine Handvoll EU-Staaten - neben den traditionellen Befürwortern Deutschland und Frankreich auch die Skeptiker Schweden, Luxemburg und die Niederlande - vereinbarten nun eine Arbeitsgruppe. Die dänische Finanzministerin äußerte sich skeptisch über eine Verständigung noch unter der bis Juni laufenden Ratspräsidentschaft ihrer Regierung. "Wir werden unser Bestes tun und darauf im Mai oder Juni zurückkommen - ich kann aber nicht absehen, dass wir besonders harte Schlussfolgerungen daraus ziehen."