Letztes Aufbäumen: Griechenland will mit Privatisierungen die Staatspleite verhindern - doch die Ratingagenturen senken die Daumen
Foto: PASCAL ROSSIGNOL/ REUTERSMünchen - Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat sich gegen eine zusätzliche Beteiligung der Notenbanken zur Unterstützung Griechenlands ausgesprochen. In einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" schrieb Weidmann, es sei allein Sache der Politik, weiteres Geld für Athen zu bewilligen. Das Euro-System würde aber auch eine Staatspleite Griechenlands überstehen.
Wenn die griechische Regierung ihre Versprechen zur Sanierung des Haushalts nicht halte, entfalle die Basis für Hilfe. Die Europäische Zentralbank habe ohnehin 2010 schon "konventionelle und unkonventionelle Maßnahmen" zur Stabilisierung des Finanzsystems ergriffen und ihre Kompetenzen "stark gedehnt". Die übernommenen Risiken müssten nun zurückgefahren werden.
Falls aber die Parlamente der Euro-Länder weiteren finanziellen Hilfen für Griechenland zustimmten, "müssen die Mittel auch für die Stützung des griechischen Bankensektors ausreichen", schreibt der seit Monatsanfang amtierende Bundesbankpräsident. Und selbst wenn Athen keine weitere finanzielle Unterstützung mehr bekäme, wären "weitere beträchtliche Mittel notwendig", um die Konsequenzen für die Gemeinschaft abzufedern.
Dagegen hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Bedingung für weitere Zusagen an Athen eine Beteiligung privater Gläubiger gefordert. Berlin will, dass private Investoren einen Anteil von etwa 30 Milliarden Euro an einem weiteren Hilfspaket für Griechenland tragen. Das neue Paket soll insgesamt 90 bis 120 Milliarden Euro umfassen.
EU-Währungs- und Wirtschaftskommissar Olli Rehn sagte der Zeitung, einige europäische Staaten teilten die deutsche Position, andere nicht. "Wir sind aber nicht so weit von einer gemeinsamen Lösung entfernt, wie manche glauben." Die Europäische Kommission bereite einen Vorschlag vor, wonach private Investoren die Laufzeiten ihrer Anleihen freiwillig verlängern könnten.
Bei ihrem Treffen in Brüssel wollten die EU-Finanzminister am Dienstag auch über die Griechenlandkrise beraten. Das hochverschuldete Land hatte vergangenes Jahr Notkredite über insgesamt 110 Milliarden Euro zugesprochen bekommen.
Die Ratingagentur Standard & Poor's stufte die Kreditwürdigkeit des Landes am Montag weiter herab. Griechenland ist das Land mit dem weltweit schlechtesten Kreditrating der Agentur S&P. Sie nahm die Bewertung für langfristige Hellas-Staatsanleihen um drei Stufen auf CCC zurück. Damit fällt Griechenland noch hinter Länder wie Ecuador, Jamaica oder Pakistan zurück.
Es sei wahrscheinlich, dass das Land seine Schulden in einer Art umstrukturiere, die von der Agentur als Zahlungsausfall eingestuft werde, hieß es zur Begründung. S&P warnte zudem, eine sanfte Umschuldung Griechenlands, bei der alte Anleihen gegen neue mit längerer Laufzeit getauscht würden, werde von S&P wohl als Zahlungsausfall gewertet werden. Die Regierung in Athen zeigte sich vom S&P-Vorgehen enttäuscht. Die Agentur sehe darüber hinweg, dass das Land harte Finanzreformen eingeleitet habe und Mitglied der Euro-Zone bleibe, hieß es.
Mit der neuen Bewertung CCC ist Griechenland noch vier Stufen von der untersten S&P-Stufe "D" entfernt. Die Bewertung kurzfristiger griechischer Anleihen behielt S&P bei C. Griechenland hatte vor rund einem Jahr ein Hilfspaket von 110 Milliarden Euro vom IWF und aus Europa bekommen. Da sich die griechische Wirtschaft schlechter als vorhergesagt entwickelt, sind nun neue Hilfen notwendig. Die Details dazu werden derzeit noch besprochen. Im Gespräch ist ein Volumen von 120 Milliarden Euro.
Scharfer Kritiker: "Im Fall Griechenland geht es nicht darum ob, sondern wann es einen Schuldenschnitt gibt", sagte der New Yorker Professor Nouriel Roubini dem "Wall Street Journal" vor wenigen Tagen; Roubinis zutreffende Prognose der Finanzkrise hat ihm den Spitznamen "Dr. Doom" eingetragen.
Kein Verständnis hat man auf der anderen Seite des Atlantiks deshalb auch für die Erleichterungen der Europäer, die sie den Griechen für die Begleichung ihrer Schulden gewährt haben. Darunter fallen beispielsweise niedrigere Zinsen für die Euro-Hilfe, als ursprünglich mit Griechenland vereinbart worden war. Auch die Verlängerung der Rückzahlungsfrist für die Griechenland-Hilfen wird kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen.
Kritische Finanzvertreter: "Die spätere Fälligkeit der Griechenland-Schulden löst nicht Griechenlands Einnahmen- und Schuldenproblem. So werden die Schulden des Landes nicht reduziert und so wird den Märkten auch kein neuer Appetit gemacht auf den Kauf weiterer Anleihen dieses Staates", sagte Andrew Bosomworth, der das Portfoliomanagement des weltgrößten Anleiheninvestors Pimco leitet, dem Sender CNBC; Pimco gehört zum Reich der deutschen Allianz-Versicherung.
Ärgerliche Salamitaktik: Die Skepsis in Nordamerika in Bezug auf den Erfolg der bisherigen EU-Rettungsmaßnahmen für Griechenland wurde vor wenigen Tagen auf neue Höhen getrieben. Grund war die Meldung, dass Griechenland mit einem aktuellen Defizit von 10,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts schon wieder mit unerwartet schlechten Zahlen enttäuschte. Kurz zuvor war noch ein weniger hohes laufendes Staatdefizit vermeldet worden.
Schon in der Vergangenheit hat Griechenland nachträglich immer wieder ursprüngliche Staatsfinanzangaben korrigiert und gegenüber seinen europäischen Partner schlechtere als zuvor gemeldete Daten einräumen müssen.
Gelenkte Wahrnehmung: Beobachtern in Nordamerika will es nicht einleuchten, dass die volle Rückzahlung von Anleihen trotz des für Investoren bekannten Risikos garantiert sein soll. Ein Argument, das den USA als größter Schuldner gegenüber dem Rest der Welt leichter fällt als anderen. Man könnte ja irgendwann selbst in die Verlegenheit kommen, von den Gläubigern einen Verzicht zu verlangen.
Simple Parallele: Die kanadische Zeitung "The Globe and Mail" vergleicht Griechenland mit einer ganz normalen Firma: "Die Insolvenzverwalter hätten schon längst die Gläubiger einbestellt und ihnen gesagt, dass die einzige Möglichkeit zur Vermeidung einer Liquidation längere Tilgungsfristen sind sowie der Verzicht auf 30 bis 40 Prozent der Forderungen".
Verständnis für die Weigerung: Dass die griechische Regierung sich mit Händen und Füßen gegen eine Restrukturierung ihrer Schulden sträubt, wundert in Nordamerika niemanden. "Ein Haircut von 50 bis 60 Prozent des geborgten Geldes, mit dem Griechenlands Schulden auf eine beherrschbare Größenordnung gestutzt werden könnten, würde das komplette Bankensystem im Land auslöschen", schreibt die beachtete Webseite Marketwatch ihren Lesern.
Populärer Deutchland-Vertreter: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wird in vielen US-Medien als erkenntnisgetriebener Politiker dargestellt: "Das Unvermögen, die Schuldenkrise mit Sparen und noch mehr Schuldenaufnahme zu beenden, bringt Schäuble zu dem Schluss, dass Plan B nicht verhindert werden kann", heißt es etwa bei Forex Street. Bei der Einnahme seiner in Europa umstrittenen kritischen Griechenland-Position helfe Deutschland ein rasanter "Anstieg seines Selbstbewusstseins, kombiniert mit der Einsicht, dass Deutschlands Konjunktursträhne nicht für immer anhält".
Kritische Finanzvertreter: "Die spätere Fälligkeit der Griechenland-Schulden löst nicht Griechenlands Einnahmen- und Schuldenproblem. So werden die Schulden des Landes nicht reduziert und so wird den Märkten auch kein neuer Appetit gemacht auf den Kauf weiterer Anleihen dieses Staates", sagte Andrew Bosomworth, der das Portfoliomanagement des weltgrößten Anleiheninvestors Pimco leitet, dem Sender CNBC; Pimco gehört zum Reich der deutschen Allianz-Versicherung.
Foto: BRENDAN MCDERMID/ REUTERS
Ärgerliche Salamitaktik: Die Skepsis in Nordamerika in Bezug auf den Erfolg der bisherigen EU-Rettungsmaßnahmen für Griechenland wurde vor wenigen Tagen auf neue Höhen getrieben. Grund war die Meldung, dass Griechenland mit einem aktuellen Defizit von 10,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts schon wieder mit unerwartet schlechten Zahlen enttäuschte. Kurz zuvor war noch ein weniger hohes laufendes Staatdefizit vermeldet worden.
Schon in der Vergangenheit hat Griechenland nachträglich immer wieder ursprüngliche Staatsfinanzangaben korrigiert und gegenüber seinen europäischen Partner schlechtere als zuvor gemeldete Daten einräumen müssen.
Populärer Deutchland-Vertreter: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wird in vielen US-Medien als erkenntnisgetriebener Politiker dargestellt: "Das Unvermögen, die Schuldenkrise mit Sparen und noch mehr Schuldenaufnahme zu beenden, bringt Schäuble zu dem Schluss, dass Plan B nicht verhindert werden kann", heißt es etwa bei Forex Street. Bei der Einnahme seiner in Europa umstrittenen kritischen Griechenland-Position helfe Deutschland ein rasanter "Anstieg seines Selbstbewusstseins, kombiniert mit der Einsicht, dass Deutschlands Konjunktursträhne nicht für immer anhält".
Foto: Sean Gallup/ Getty ImagesOTE: Die Regierung will ihre 16-prozentige Beteiligung an der Telefongesellschaft im zweiten Quartal 2011 verkaufen. OTE befindet sich bereits zu 30 Prozent im Besitz der Deutschen Telekom. Athen hat eine Option darauf, dass die Telekom weitere 10 Prozent kauft - und hat diese Option nun gezogen. Der Marktwert von Südost-Europas größtem Telekomkonzern beträgt 3,2 Milliarden Euro.
Hellenic Postbank: Der Staat will sich bis Jahresende von seinem Anteil von 34 Prozent an der Hellenic Postbank trennen. Der Marktwert beträgt 800 Millionen Euro. Die Beteiligung an der ATEbank soll bis Ende 2013 um 25 Prozent auf dann 51 Prozent reduziert werden. Der Marktwert beträgt rund 430 Millionen Euro.
Hafen Piräus (OLP): Die Gesellschaft ist mit 75 Prozent mehrheitlich in öffentlicher Hand. Von diesen Anteilen will sich die Regierung bis Ende des Jahres komplett trennen...
... was auch für den Hafen Thessaloniki (OLTH) gilt. Zusammen sind die beiden Unternehmen am Markt 512 Millionen Euro wert.
Versorger: Athen kündigte an, Aktienpakete an den als attraktiv geltenden Wasserversorgern zu veräußern: Der Anteil an Athens Water (EYDAP) soll im dritten Quartal 2012 auf 34 von derzeit 61 Prozent gesenkt werden. Der Marktwert von Athens Water beträgt 550 Millionen Euro. Von Thessaloniki Water (EYATH) will Griechenland bis zu 40 Prozent bis Jahresende verkaufen. Derzeit beträgt der Anteil 75 Prozent. Der Marktwert dieses Unternehmens beläuft sich auf 174 Millionen Euro. Die Beteiligung an dem Gasunternehmen Depa soll im vierten Quartal diesen Jahres auf 33 von 65 Prozent reduziert werden. Depa ist nicht börsennotiert. Der Buchwert beträgt rund eine Milliarde Euro.
Hellenic Defence Systems: Der verschuldete Rüstungskonzern ist derzeit voll in Staatsbesitz und soll noch in diesem Jahr privatisiert werden.
Bahnbetreiber OSE: Der Staat will schleunigst 49 Prozent an dem verschuldeten Unternehmen loswerden, das im Jahr eine Milliarde Verlust schreibt - bei einem Umsatz von gut 100 Millionen Euro.
Casino Mont Pares: Noch ist der Staat mit 49 Prozent an dem Zockerhaus beteiligt, doch in diesem Jahr soll die Beteiligung reduziert werden.
Athener Flughafen: An dem Infrastrukturunternehmen ist Erbauer Hochtief mit gut der Hälfte beteiligt. Nun hat sich der Flughafenbetreiber Fraport als Interessent für den staatlichen Anteil ins Spiel gebracht.
Opap: Der 34-prozentige Anteil am börsennotierten Wettbüro soll im ersten Quartal 2012 komplett verkauft werden. Am Markt wurde Europas größtes Wettbüro zuletzt mit 4,1 Milliarden Euro bewertet.
OTE: Die Regierung will ihre 16-prozentige Beteiligung an der Telefongesellschaft im zweiten Quartal 2011 verkaufen. OTE befindet sich bereits zu 30 Prozent im Besitz der Deutschen Telekom. Athen hat eine Option darauf, dass die Telekom weitere 10 Prozent kauft - und hat diese Option nun gezogen. Der Marktwert von Südost-Europas größtem Telekomkonzern beträgt 3,2 Milliarden Euro.
Foto: Beate Schleep/ picture-alliance/ dpaHellenic Postbank: Der Staat will sich bis Jahresende von seinem Anteil von 34 Prozent an der Hellenic Postbank trennen. Der Marktwert beträgt 800 Millionen Euro. Die Beteiligung an der ATEbank soll bis Ende 2013 um 25 Prozent auf dann 51 Prozent reduziert werden. Der Marktwert beträgt rund 430 Millionen Euro.
Foto: Thanassis Stavrakis/ AP