Kooperation nach Zulassung möglich Merkel setzt sich für russischen Sputnik-Impfstoff ein

Exportschlager: Lieferung des Sputnik-V-Impfstoffs am Flughafen von Buenos Aires
Foto: AGUSTIN MARCARIAN / REUTERS
Exportschlager: Lieferung des Sputnik-V-Impfstoffs am Flughafen von Buenos Aires
Foto: AGUSTIN MARCARIAN / REUTERSBundeskanzlerin Angela Merkel (66, CDU) hat Russland Unterstützung bei weiteren Schritten für den russischen Corona-Impfstoff "Sputnik V" angeboten. Voraussetzung für eine mögliche Kooperation sei aber eine Zulassung des Präparats in der Europäischen Union, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag in Berlin. Nachdem sich Russland an die zuständige EU-Arzneimittelagentur EMA gewandt habe, habe sie Unterstützung des bundeseigenen Paul-Ehrlich-Instituts für das Verfahren angeboten.
Wenn der Impfstoff von der EMA zugelassen werde, könne man dann auch über gemeinsame Produktion oder Anwendung reden. Merkel betonte, über alle derzeit großen politischen Differenzen mit Russland hinweg könne man in einer Pandemie im humanitären Bereich zusammenarbeiten.
Über eine mögliche Produktion von "Sputnik V" in Deutschland werde bereits diskutiert, sagte der Chef des staatlichen russischen Direktinvestmentfonds, Kirill Dmitriev (45), bei einer Onlinepressekonferenz. Mehrere EU-Mitgliedsländer hätten "ernsthaftes Interesse" an dem Vakzin. In Ungarn gab es am Donnerstag die erste Notzulassung in der EU. Der Kabinettschef des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, Gergely Gulyas, verknüpfte diese Ankündigung mit einer Kritik an der EMA, die ihre Entscheidungen zur Eindämmung der Corona-Krise "unglücklicherweise außerordentlich langsam" treffe. Ungarn will daher auch großflächig den Corona-Impfstoff einsetzen, der von dem chinesischen Pharmakonzern Sinopharm angeboten wird.
Der Impfstoff Sputnik V war Mitte August als weltweit erster freigegeben worden - vor Abschluss wichtiger Tests. Das hatte international Kritik ausgelöst. Unabhängige Studien sind bisher nicht bekannt. Dmitrijew zufolge sollen die Ergebnisse der Testphase III in der kommenden Woche im Fachblatt "The Lancet" publiziert werden. Erste Daten waren bereits Anfang September dort veröffentlicht worden. Danach hatten mehrere Wissenschaftler Kritik daran geübt.
Russland impft seine Bevölkerung bereits seit Anfang Dezember, in der EU begannen die Impfungen Ende Dezember. Bislang haben mehr als anderthalb Millionen Menschen in Russland das Vakzin erhalten. Immer wieder hatten russische Forscher die Vorteile ihres Präparats gegenüber den westlichen Wirkstoffen angepriesen. Die Wirksamkeit von "Sputnik V" wurde mit 92 Prozent angegeben.
Der argentinische Präsident Alberto Fernández (61) erhielt am Donnerstag in einem Krankenhaus in einem Vorort von Buenos Aires die erste Dosis des Impfstoffs, wie das Präsidialamt mitteilte. Am Tag zuvor war Sputnik V in Argentinien auch für Menschen über 60 Jahre zugelassen worden. "Sich impfen zu lassen, hilft dabei, immun gegen das Coronavirus zu werden. Lasst es uns tun", schrieb der 61-Jährige auf Twitter.
Sputnik V ist derzeit der am häufigsten in Argentinien verwendete Impfstoff. Bislang wurden in dem südamerikanischen Land über 240.000 Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Später soll auch der von der Universität Oxford und dem Pharmakonzern Astrazeneca entwickelte Wirkstoff zum Einsatz kommen. Russland verkauft das Vakzin auch nach Ungarn, Kasachstan, Turkmenistan, Argentinien, Bolivien, Serbien und Venezuela.
Astrazeneca und das russische Gamaleya-Institut haben eine Kooperation vereinbart, um gemeinsam einen möglicherweise noch besseren Impfstoff zu entwickeln. Beide Vakzine sind Vektorimpfstoffe und bauen auf Adenoviren auf, die herkömmliche Erkältungen auslösen.
Das wohl begehrteste Produkt des Jahres: Zum Jahresbeginn läuft die Impfung gegen das Coronavirus wie hier in Israel auf Hochtouren. Mehrere Millionen Menschen haben bereits ihre erste Spritze erhalten. Von weit mehr als hundert Impfstoffprojekten sind bislang zehn in einzelnen Ländern zugelassen (Stand: 3. Februar)
Eine Pionierrolle hat die von Uğur Şahin (55) geführte Mainzer Firma Biontech. Der gemeinsam mit dem US-Konzern Pfizer entwickelte Impfstoff gegen Covid-19 ist der erste zugelassene der sogenannten mRNA-Technik überhaupt. Nach überzeugenden klinischen Daten - 95 Prozent Schutz gegen Erkrankung, keine schweren Nebenwirkungen - startete die Impfkampagne am 8. Dezember 2020 in Großbritannien. Inzwischen haben 27 Länder (wobei die EU als eines zählt) sowie die Weltgesundheitsorganisation das Mittel zugelassen. Zwei Milliarden Dosen sollen 2021 produziert werden. Da jede Person zwei Dosen bekommt, reicht das für ein Achtel der Menschheit. Größter Nachteil: Das Mittel muss auf minus 70 Grad gekühlt werden. Doch es kommen ja noch Alternativen hinzu.
Die US-Biotechfirma Moderna begann Mitte März als erste mit klinischen Studien. Auch diese konnten eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent belegen. Weiterer Vorteil: Das Mittel ist bei deutlich weniger aufwändiger Kühlung haltbar. Und vor allem: Moderna-Chef Stéphane Bancel (48) hat die Operation "Warp Speed" mit logistischer Hilfe des US-Mililtärs im Rücken. Die Firma setzt wie Biontech auf die mRNA-Technologie. Nach den USA setzen auch Kanada, Israel, Großbritannien, die EU und die Schweiz das Vakzin ein.
Am 4. Januar kam - im Beisein von Premierminister Boris Johnson (56) - auch ein von der Universität Oxford und dem britischen Konzern Astrazeneca entwickelter Impfstoff in britischen Krankenhäusern zum Einsatz. Laut EU-Behörde EMA ist dieses Vakzin zu rund 60 Prozent wirksam, mit anderer Dosierung wurden aber auch mehr als 90 Prozent erreicht. Es handelt sich um einen Vektorimpfstoff - nicht ganz so revolutionär wie mRNA, diese Technik ist aber auch erst seit 2016 im kommerziellen Einsatz.
Die Uni Oxford hat Astrazeneca zu einem Non-Profit-Betrieb verpflichtet. Der Impfstoff ist mit rund zwei Euro pro Dosis deutlich günstiger als die mRNA-Mittel von Biontech und Moderna, mit Lagerung zu Kühlschranktemperaturen leichter zu handhaben - und vor allem steht eine Produktionskapazität von drei Milliarden Dosen bereit, ein Großteil davon in Indien für arme Länder. Doch der Hoffnungsträger sorgt immer wieder für Enttäuschungen, zuletzt vor allem mit einem Stolperstart der Produktion, der Europas Impfstrategie durchkreuzt. Deutschland will die knappen Dosen erst mal nur den unter 65-Jährigen geben und verweist auf schwache Daten für die Älteren.
Dem Astrazeneca-Produkt sehr ähnlich ist der Impfstoff "Sputnik-V" des staatlichen russischen Gamaleya-Instituts. Der ebenfalls auf Adenoviren, die herkömmliche Erkältungen auslösen, basierende Stoff wurde von Russland bereits im August zugelassen, ohne die Prüfung von Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Großstudien abzuwarten. Erst zwei Wochen später kam das Vakzin in Phase 3. Für dieses Vorgehen hagelte es Kritik, doch inzwischen trägt der Impfstoff mit einer Wirksamkeit von 92 Prozent das Siegel der Wissenschaft. 15 weitere Länder setzen ihn ein, Ende Januar wurde auch die EU-Zulassung beantragt, nachdem Gamaleya und Astrazeneca eine Kooperation für einen Superimpfstoff ankündigten und sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel für das russische Mittel einsetzte.
In China, wo das Coronavirus im Januar 2020 entdeckt wurde, sind mehrere Impfstoffe bereits seit Sommer im millionenfachen Einsatz an medizinischem Personal und Risikogruppen oder auch dem Militär. Die staatliche Firma Sinopharm hat zwei verschiedene Impfstoffe auf den Markt gebracht. Ein vom Pekinger Institut für Biologische Produkte entwickelter Totimpfstoff erhielt am 30. Dezember die erste Zulassung für die Allgemeinheit in China - nachdem in Studien eine Wirksamkeit von 79 Prozent gezeigt wurde. Nach Angaben aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die das Mittel ebenso wie Bahrain und Ägypten ebenfalls freigaben, sind es gar 86 Prozent. In China selbst gibt es längst nicht mehr genügend Infizierte für die Kontrollgruppe.
Holpriger lief es für die Privatfirma Sinovac, deren Impfstoff in Brasilien nur etwas über 50 Prozent Wirksamkeit zeigte. Die Veröffentlichung der Studienergebnisse wurde mehrfach verschoben. In der Türkei hatten Wissenschaftler einen Wert von 92 Prozent genannt, dafür aber nur eine dünne Datenbasis. In Brasilien ist die Kooperation mit China heftig umstritten, Präsident Jair Bolsonaro versuchte sie zu stoppen. Mangels Alternativen setzen Brasilien, Indonesien und weitere Länder nun auch das Sinovac-Vakzin ein.
Ein Vektorimpfstoff der chinesischen Biotechfirma Cansino Bio und ein weiteres Sinopharm-Produkt aus den Laboren des Wuhan-Instituts - am Ursprungsort der Krise - sind in China und einigen weiteren Ländern ebenfalls vorläufig zugelassen.
Aus Indien kommt neben der massenhaften Auftragsproduktion für westliche Pharmariesen auch eine Eigenentwicklung: Die mit staatlichen Instituten kooperierende Biotechfirma Bharat aus dem "Genome Valley" von Hyderabad startete Ende Oktober in Phase 3, am 3. Januar erteilte die indische Regierung die Freigabe für den Noteinsatz. Ergebnisse der klinischen Studie wurden bis dato nicht veröffentlicht.
Solange nur die Vakzine von Biontech, Moderna und Astrazeneca zur Verfügung stehen, reichen die bestellten und lieferbaren Mengen nicht einmal für Europa aus - geschweige denn für einen globalen Schutz. Am meisten Hoffnung auf schnellen Ersatz verspricht das Projekt des US-Pharmakonzerns Johnson & Johnson. Ende Januar wurden die Ergebnisse präsentiert: Die Wirksamkeit schwankt zwischen 72 Prozent in den USA und nur 57 Prozent in Südafrika, wohl wegen der dort verbreiteten Mutation. Der Vektorimpfstoff basiert auf einer bereits im Juli 2020 zugelassenen Ebola-Impfung der belgischen Tochterfirma Janssen. Größter Vorteil: Es wird nur eine Dosis pro Person benötigt. Für die Vergabe von zwei Dosen wie bei den anderen Impfstoffen läuft eine weitere Studie.
Zeitgleich mit Johnson & Johnson meldete auch die US-Firma Novavax Fortschritte, wiederum mit dem Nachteil, dass die südafrikanische Mutation offenbar die Impfung schwächt. In Großbritannien erreichte der Proteinimpfstoff aber 89 Prozent Wirksamkeit, die US-Studie startete wegen Produktionsproblemen trotz Milliardenförderung vom Staat erst Ende Dezember. Novavax hat mit derselben Technik bereits einen Impfstoff gegen Grippe entwickelt. Für die Covid-Impfung haben die Amerikaner früh mit dem Serum Institute of India einen Auftrag zur Massenproduktion von zwei Milliarden Dosen vereinbart.
Der von Emma Walmsley (51) geführte weltgrößte Impfstoffhersteller Glaxosmithkline scheint etwas an der Seitenlinie zu stehen - zumal die spektakuläre Kooperation mit dem Branchenzweiten Sanofi im Dezember enttäuschende Ergebnisse brachte und mit einer neuen Phase 1/2-Studie von vorn beginnen muss. Beide Partner haben jedoch neue Aufgaben gefunden: Sanofi hilft bei der Produktion des Biontech-Mittels, Glaxosmithkline verbündet sich mit dem deutschen Hersteller Curevac. Zudem liefern die Briten ihren Wirkstoffverstärker für weitere Impfstoffprojekte, die bereits in Phase 3 sind: eines der chinesischen Firma Clover Biopharmaceuticals und eines der kanadischen Firma Medicago, die den neuen Impfstoff züchtet, indem sie Tabakpflanzen das Erbgut der Viren injiziert. In dieses Projekt hat passenderweise auch der Tabakkonzern Philip Morris investiert.
Curevac hat sich mit dem Bayer-Konzern für die Impfstoffproduktion zusammengeschlossen - ein Signal, dass die Biotechhoffnung aus Tübingen als Nachzügler doch noch Wucht entfalten könnte. Im Frühjahr 2020 galt Curevac als Vorreiter im Impfstoffrennen, zeitweise ging gar die Angst um, die USA würden die deutsche Biotechfirma kapern.
Es folgten ein Einstieg des Bundes und ein furioser Börsengang an der Nasdaq. Im Oktober 2020, für den Hauptaktionär Dietmar Hopp (80) anfangs schon ein fertiges Produkt verheißen hatte, wurden erst positive Zwischenergebnisse aus Tierversuchen verkündet. Erst im Dezember begannen die klinischen Großversuche der Phase 3 - Curevac glaubt aber, mit dem besseren Impfstoff gut im Rennen zu sein, wenn auch nicht mehr rechtzeitig für den nordamerikanischen Markt. Erst Mitte 2021 wird die Zulassung erwartet. Dafür wird mithilfe von Glaxosmithkline gleich die nächste Generation vorbereitet - mutantensicher.
Das wohl begehrteste Produkt des Jahres: Zum Jahresbeginn läuft die Impfung gegen das Coronavirus wie hier in Israel auf Hochtouren. Mehrere Millionen Menschen haben bereits ihre erste Spritze erhalten. Von weit mehr als hundert Impfstoffprojekten sind bislang zehn in einzelnen Ländern zugelassen (Stand: 3. Februar)
Foto: MENAHEM KAHANA / AFPEine Pionierrolle hat die von Uğur Şahin (55) geführte Mainzer Firma Biontech. Der gemeinsam mit dem US-Konzern Pfizer entwickelte Impfstoff gegen Covid-19 ist der erste zugelassene der sogenannten mRNA-Technik überhaupt. Nach überzeugenden klinischen Daten - 95 Prozent Schutz gegen Erkrankung, keine schweren Nebenwirkungen - startete die Impfkampagne am 8. Dezember 2020 in Großbritannien. Inzwischen haben 27 Länder (wobei die EU als eines zählt) sowie die Weltgesundheitsorganisation das Mittel zugelassen. Zwei Milliarden Dosen sollen 2021 produziert werden. Da jede Person zwei Dosen bekommt, reicht das für ein Achtel der Menschheit. Größter Nachteil: Das Mittel muss auf minus 70 Grad gekühlt werden. Doch es kommen ja noch Alternativen hinzu.
Foto: FABIAN BIMMER / REUTERSDie US-Biotechfirma Moderna begann Mitte März als erste mit klinischen Studien. Auch diese konnten eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent belegen. Weiterer Vorteil: Das Mittel ist bei deutlich weniger aufwändiger Kühlung haltbar. Und vor allem: Moderna-Chef Stéphane Bancel (48) hat die Operation "Warp Speed" mit logistischer Hilfe des US-Mililtärs im Rücken. Die Firma setzt wie Biontech auf die mRNA-Technologie. Nach den USA setzen auch Kanada, Israel, Großbritannien, die EU und die Schweiz das Vakzin ein.
Foto: Bill Sikes / AP PhotoAm 4. Januar kam - im Beisein von Premierminister Boris Johnson (56) - auch ein von der Universität Oxford und dem britischen Konzern Astrazeneca entwickelter Impfstoff in britischen Krankenhäusern zum Einsatz. Laut EU-Behörde EMA ist dieses Vakzin zu rund 60 Prozent wirksam, mit anderer Dosierung wurden aber auch mehr als 90 Prozent erreicht. Es handelt sich um einen Vektorimpfstoff - nicht ganz so revolutionär wie mRNA, diese Technik ist aber auch erst seit 2016 im kommerziellen Einsatz.
Die Uni Oxford hat Astrazeneca zu einem Non-Profit-Betrieb verpflichtet. Der Impfstoff ist mit rund zwei Euro pro Dosis deutlich günstiger als die mRNA-Mittel von Biontech und Moderna, mit Lagerung zu Kühlschranktemperaturen leichter zu handhaben - und vor allem steht eine Produktionskapazität von drei Milliarden Dosen bereit, ein Großteil davon in Indien für arme Länder. Doch der Hoffnungsträger sorgt immer wieder für Enttäuschungen, zuletzt vor allem mit einem Stolperstart der Produktion, der Europas Impfstrategie durchkreuzt. Deutschland will die knappen Dosen erst mal nur den unter 65-Jährigen geben und verweist auf schwache Daten für die Älteren.
Foto: WPA Pool / Getty ImagesDem Astrazeneca-Produkt sehr ähnlich ist der Impfstoff "Sputnik-V" des staatlichen russischen Gamaleya-Instituts. Der ebenfalls auf Adenoviren, die herkömmliche Erkältungen auslösen, basierende Stoff wurde von Russland bereits im August zugelassen, ohne die Prüfung von Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Großstudien abzuwarten. Erst zwei Wochen später kam das Vakzin in Phase 3. Für dieses Vorgehen hagelte es Kritik, doch inzwischen trägt der Impfstoff mit einer Wirksamkeit von 92 Prozent das Siegel der Wissenschaft. 15 weitere Länder setzen ihn ein, Ende Januar wurde auch die EU-Zulassung beantragt, nachdem Gamaleya und Astrazeneca eine Kooperation für einen Superimpfstoff ankündigten und sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel für das russische Mittel einsetzte.
Foto: RDIF HANDOUT/EPA-EFE/ShutterstockIn China, wo das Coronavirus im Januar 2020 entdeckt wurde, sind mehrere Impfstoffe bereits seit Sommer im millionenfachen Einsatz an medizinischem Personal und Risikogruppen oder auch dem Militär. Die staatliche Firma Sinopharm hat zwei verschiedene Impfstoffe auf den Markt gebracht. Ein vom Pekinger Institut für Biologische Produkte entwickelter Totimpfstoff erhielt am 30. Dezember die erste Zulassung für die Allgemeinheit in China - nachdem in Studien eine Wirksamkeit von 79 Prozent gezeigt wurde. Nach Angaben aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die das Mittel ebenso wie Bahrain und Ägypten ebenfalls freigaben, sind es gar 86 Prozent. In China selbst gibt es längst nicht mehr genügend Infizierte für die Kontrollgruppe.
Foto: Zhang Yuwei / dpaAus Indien kommt neben der massenhaften Auftragsproduktion für westliche Pharmariesen auch eine Eigenentwicklung: Die mit staatlichen Instituten kooperierende Biotechfirma Bharat aus dem "Genome Valley" von Hyderabad startete Ende Oktober in Phase 3, am 3. Januar erteilte die indische Regierung die Freigabe für den Noteinsatz. Ergebnisse der klinischen Studie wurden bis dato nicht veröffentlicht.
Foto: Stringer . / REUTERSSolange nur die Vakzine von Biontech, Moderna und Astrazeneca zur Verfügung stehen, reichen die bestellten und lieferbaren Mengen nicht einmal für Europa aus - geschweige denn für einen globalen Schutz. Am meisten Hoffnung auf schnellen Ersatz verspricht das Projekt des US-Pharmakonzerns Johnson & Johnson. Ende Januar wurden die Ergebnisse präsentiert: Die Wirksamkeit schwankt zwischen 72 Prozent in den USA und nur 57 Prozent in Südafrika, wohl wegen der dort verbreiteten Mutation. Der Vektorimpfstoff basiert auf einer bereits im Juli 2020 zugelassenen Ebola-Impfung der belgischen Tochterfirma Janssen. Größter Vorteil: Es wird nur eine Dosis pro Person benötigt. Für die Vergabe von zwei Dosen wie bei den anderen Impfstoffen läuft eine weitere Studie.
Foto: © Sebastien Pirlet / Reuters/ REUTERSZeitgleich mit Johnson & Johnson meldete auch die US-Firma Novavax Fortschritte, wiederum mit dem Nachteil, dass die südafrikanische Mutation offenbar die Impfung schwächt. In Großbritannien erreichte der Proteinimpfstoff aber 89 Prozent Wirksamkeit, die US-Studie startete wegen Produktionsproblemen trotz Milliardenförderung vom Staat erst Ende Dezember. Novavax hat mit derselben Technik bereits einen Impfstoff gegen Grippe entwickelt. Für die Covid-Impfung haben die Amerikaner früh mit dem Serum Institute of India einen Auftrag zur Massenproduktion von zwei Milliarden Dosen vereinbart.
Foto: ANDREW CABALLERO-REYNOLDS / AFPDer von Emma Walmsley (51) geführte weltgrößte Impfstoffhersteller Glaxosmithkline scheint etwas an der Seitenlinie zu stehen - zumal die spektakuläre Kooperation mit dem Branchenzweiten Sanofi im Dezember enttäuschende Ergebnisse brachte und mit einer neuen Phase 1/2-Studie von vorn beginnen muss. Beide Partner haben jedoch neue Aufgaben gefunden: Sanofi hilft bei der Produktion des Biontech-Mittels, Glaxosmithkline verbündet sich mit dem deutschen Hersteller Curevac. Zudem liefern die Briten ihren Wirkstoffverstärker für weitere Impfstoffprojekte, die bereits in Phase 3 sind: eines der chinesischen Firma Clover Biopharmaceuticals und eines der kanadischen Firma Medicago, die den neuen Impfstoff züchtet, indem sie Tabakpflanzen das Erbgut der Viren injiziert. In dieses Projekt hat passenderweise auch der Tabakkonzern Philip Morris investiert.
Foto: HANDOUT / AFPCurevac hat sich mit dem Bayer-Konzern für die Impfstoffproduktion zusammengeschlossen - ein Signal, dass die Biotechhoffnung aus Tübingen als Nachzügler doch noch Wucht entfalten könnte. Im Frühjahr 2020 galt Curevac als Vorreiter im Impfstoffrennen, zeitweise ging gar die Angst um, die USA würden die deutsche Biotechfirma kapern.
Es folgten ein Einstieg des Bundes und ein furioser Börsengang an der Nasdaq. Im Oktober 2020, für den Hauptaktionär Dietmar Hopp (80) anfangs schon ein fertiges Produkt verheißen hatte, wurden erst positive Zwischenergebnisse aus Tierversuchen verkündet. Erst im Dezember begannen die klinischen Großversuche der Phase 3 - Curevac glaubt aber, mit dem besseren Impfstoff gut im Rennen zu sein, wenn auch nicht mehr rechtzeitig für den nordamerikanischen Markt. Erst Mitte 2021 wird die Zulassung erwartet. Dafür wird mithilfe von Glaxosmithkline gleich die nächste Generation vorbereitet - mutantensicher.
Foto: Nasdaq MarketSite / dpa