Rekord-Zinstief
EZB senkt Leitzins auf 0,25 Prozent
Die Europäische Zentralbank senkt den Leitzins im Euro-Raum auf 0,25 Prozent. Die niedrige Inflation in Euro-Land hat den Notenbankern den entsprechenden Spielraum verschafft, die Zinssenkung kam dennoch früher als erwartet. Anleger sind begeistert.
Hauptquartier der EZB in Frankfurt: Die Leitzinssenkung sorgt für ein Kursfeuerwerk
Foto: DANIEL ROLAND/ AFP
Frankfurt am Main - Die Europäische Zentralbank hat im Kampf gegen die Folgen der Schuldenkrise den Leitzins für die Eurozone überraschend auf ein neues historisches Tief gesenkt. Der EZB-Rat beschloss am Donnerstag, den Leitzins für die 17 Staaten der Währungsgemeinschaft auf 0,25 Prozent herabzusetzen, wie die EZB in Frankfurt am Main mitteilte. Die Währungshüter begründeten ihre Entscheidung mit der extrem niedrigen Inflation.
Die Preise in der Eurozone waren im Oktober nach vorläufigen Schätzungen nur um 0,7 Prozent gestiegen, wie EZB-Präsident Draghi sagte. Im September hatte der Preisanstieg noch bei 1,1 Prozent gelegen. Die EZB sieht Preisstabilität bei der Marke von nahe, aber unterhalb von zwei Prozent gewahrt. Preisstabilität ist ein Hauptziel der Geldpolitik der Zentralbank.
Experten vermuten, dass die EZB mit ihrer historischen Zinsentscheidung der Gefahr einer sogenannten Deflation vorbeugen will. Bei einer Deflation sinken die Preise. Folge kann sein, dass Unternehmen und Verbraucher zunehmend mit Investitionen zögern, da sie immer niedrige Preise erwarten. Dies kann die Konjunktur weiter schwächen. "Deflationsrisiken und der erstarkte Euro scheinen den Schritte der EZB motiviert zu haben", erklärte Chefvolkswirt Carsten Brzeski von der ING-Diba.
Erst Anfang Mai hatte die EZB den Leitzins für die Eurozone auf sein bisheriges Allzeittief von 0,5 Prozent gesenkt. Ein niedriger Leitzins bedeutet, dass auch die Zinsen für Anleger weiter sinken, etwa bei Tages- und Festgeld. Die Anlegerzinsen orientieren sich am Leitzins der EZB.
Draghi schließt weitere Zinssenkungen nicht aus
Viele Finanzmarktexperten überraschte der Schritt der Europäischen Zentralbank. EZB-Chef Draghi betonte jedoch, dass die Währungshüter mit einer "anhaltenden Phase niedriger Inflation" rechne. Der Zentralbankchef schloss weitere Zinssenkungen deswegen nicht aus. Die EZB gehe weiter davon aus, dass Zinsen für einen längeren Zeitraum auf derzeitigem oder niedrigerem Niveau blieben, sagte Draghi.
Im EZB-Rat - dem obersten Beschlussgremium - habe Einigkeit bestanden, dass angesichts der vorliegenden Wirtschaftsdaten gehandelt werden müsse.
Die Europäische Zentralbank will mit niedrigen Zinsen der kriselnden Wirtschaft in der Eurozone neuen Schub geben. Der Leitzins ist der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Zentralbank mit Geld versorgen können, um es etwa in Form von Krediten an Verbraucher und die Wirtschaft weiterzureichen.
Draghi bekräftigte die Linie der Zentralbank, auch weiter mit allen Mitteln gegen die Krise in der Eurozone ankämpfen zu wollen. "Wir haben eine ganze Reihe von Instrumenten, die wir mobilisieren können, falls nötig", sagte Draghi.
Die Aktienmärkte reagierten mit steigenden Kursen auf die Entscheidung der EZB. Der
Dax erreichte am Donnerstagnachmittag im Handelsverlauf ein neues Allzeithoch. Das Leitbarometer der Deutschen Börse in Frankfurt am Main notierte zeitweise bei 9193,98 Punkten und damit so hoch wie nie. Auch an den Börsen in London und Paris stiegen die Kurse. Der Euro sank von 1,3505 Dollar auf 1,3342.