Deutschland im Aufschwung
Kaufrausch wie zur Wiedervereinigung
Sparen war gestern. Weil Deutschlands Wirtschaft in Schwung kommt, geben die Bundesbürger plötzlich Geld aus, wie lange nicht mehr: gelassen und optimistisch wie zur Zeit der Wiedervereinigung. Und Deutschlands Einzelhandel verdient und verdient und verdient.
Volle Kaufhäuser: Dem Einzelhandel geht es wieder besser
Foto: Waltraud Grubitzsch/ dpa
Hamburg - Der kräftige Aufschwung hat sich im Oktober in den Kassen der deutschen Einzelhändler bemerkbar gemacht. Sie nahmen Prozent 2,3 Prozent mehr ein als im Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Das ist der bislang stärkste Zuwachs in diesem Jahr.
Preisbereinigt (real) gab es ebenfalls ein Plus von 2,3 Prozent. Experten hatten hier lediglich ein Umsatzplus von 1,3 Prozent erwartet, nachdem es im September noch ein Minus von 1,8 Prozent gegeben hatte. In den ersten zehn Monaten nahm der Einzelhandel damit 2,0 Prozent mehr ein als im Vorjahreszeitraum.
"Die Umsatzzahlen liefern einen deutlichen Beweis dafür, dass die Erholung auf einem festeren Fundament steht. Das dürfte das Vorspiel für ein tolles Weihnachtsgeschäft sein. Schließlich befindet sich die Beschäftigung auf dem höchsten Niveau seit der Wiedervereinigung", sagt ING-Experte Carsten Brzeski. Der Einzelhandelsverband HDE erwartet fürs Gesamtjahr dann auch ein Plus von 1,5 Prozent.
Die Chancen für ein gutes Weihnachtsgeschäft - in dem manche Geschäfte ein Drittel ihres Jahresumsatzes erzielen - stehen in der Tat nicht schlecht: Die Arbeitslosigkeit sinkt weiter unter die Drei-Millionen-Marke, während Unternehmen wie Bosch und Audi Lohnerhöhungen vorziehen, andere wie BASF den Kündigungsschutz verstärken.
Der deutsche Konsument erwacht dann auch aus Sicht der DekaBank. Der sich weiter verbessernde Arbeitsmarkt, höhere Effektivlohnzuwächse und geringere Realzinsen dürften das deutsche Konsumwachstum erhöhen, glauben die Banker. Mit rund 1,25 Prozent könne es zwar noch nicht an die Zeit vor 2002 anknüpfen, als der private Konsum im Schnitt mit knapp 2 Prozent wuchs. Doch die Reise in Richtung Konsumwachstum der Neunzigerjahre gehe 2012 mit einer Zunahme um 1,5 Prozent weiter.
Die GfK-Forscher ermittelten deshalb für Dezember den höchsten Wert ihres Konsumklima-Barometers seit mehr als drei Jahren. Besonders gut lief von Januar bis Oktober der Handel mit kosmetischen, pharmazeutischen und medizinischen Produkten mit einem Umsatzzuwachs von 4,4 Prozent. Auch Textilien, Lederwaren und Schuhe waren gefragt: Hier kletterten die Erlöse um 3,3 Prozent.
Damit stehen die GfK-Forscher nicht allein: Wir sind positiv gestimmt für das kommende Jahr. Wir rechnen mit einem Anstieg des privaten Konsums von mehr als 2 Prozent. Das wäre der stärkste Anstieg seit zehn Jahren", sagte Citigroup-Experte Jürgen Michels.