Konjunktur Deutscher Aufschwung, zweite Stufe

Von Carsten-Patrick Meier
Deutschland boomt. Die schon seit  Sommer euphorischen deutschen Manager haben in den jüngsten Umfragen noch eins draufgelegt. Kurzfristig könnte die deutsche Wirtschaft von der europäischen Schuldenkrise sogar profitieren - doch Unternehmer sollten dennoch auf der Hut sein. 
Aufwärts: Deutschland könnte auch 2011 mit rund 3 Prozent wachsen

Aufwärts: Deutschland könnte auch 2011 mit rund 3 Prozent wachsen

Foto: dapd

Noch im September hatte es so ausgesehen, als hätte der ifo-Indikator für die Geschäftserwartungen seinen höchsten zyklischen Stand im Vormonat hinter sich gelassen und sei auf dem Weg nach Süden. Doch dann drehten die Erwartungen im Oktober und im November wieder nach oben.

Dies ist auch deshalb bemerkenswert, weil die Geschäftslage von den Managern bereits heute fast so gut eingeschätzt wird wie zuletzt im Dezember 2006, als die nach dem Jahreswechsel drohende Erhöhung der Mehrwertsteuer die deutschen Verbraucher die Geschäfte stürmen ließ.

Vor dem Hintergrund einer derart bombastischen Geschäftslage müssten die Manager eigentlich langsam kalte Füße bekommen und bei der Frage nach der Veränderung der Geschäftslage über die kommenden sechs Monate etwas kleinlauter werden. Doch derzeit legen sie immer noch drauf.

4 Prozent gesamtwirtschaftlicher Produktionsanstieg sind für das Gesamtjahr 2010 drin, zeigt der mm-Indikator an. Und 2011 könnte es immerhin eine 3 vor dem Komma geben - und damit deutlich mehr, als die Mehrheit der Prognostiker derzeit für möglich hält.

Erstaunlich ist dies natürlich auch deshalb, weil der deutschen Wirtschaft die neuerlich aufgeflammte Schuldenkrise im Euroraum offenkundig nichts ausmacht. Aber möglicherweise profitiert sie ja - zumindest kurzfristig - sogar davon.

Deutschland - kurzfristig ein Profiteur der Schuldenkrise?

In den vergangenen Wochen hat sich an den Devisenmärkten das Schauspiel vom Frühjahr wiederholt: internationale Investoren sehen sich durch die Schuldenturbulenzen veranlasst, den Euroraum in Richtung Schweiz oder Japan zu verlassen. Dies schwächt den Euro - und verbessert die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft. Außerdem gilt: Je angeschlagener Bankensysteme und Staatshaushalte im übrigen Euroraum, umso länger wird die Europäische Zentralbank die Zinsen im Euroraum auf dem rekordniedrigen gegenwärtigen Niveau belassen.

Das bedeutet günstigere Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und private Häuslebauer in Deutschland. Langfristig sieht das Bild freilich nicht ganz so rosig für Deutschland aus, denn die Schuldenkrise der Europartner kann höhere Steuern bedeuten, weil Deutschland zumindest teilweise für die Schulden der Partner einstehen muss. Aber das muss die Konjunkturperspektiven heute ja noch nicht belasten.

Was kommt nach dem außerordentlichen Aufschwung?

Es steht also erst einmal gut um die deutsche Wirtschaft, außerordentlich gut sogar. So gut, dass man sich schon einmal Gedanken darüber machen kann, was in so einem außerordentlichen Aufschwung so alles schief gehen kann.

Dazu kann man entweder etwas überlegen - oder einfach den Blick über die Grenzen werfen, z. B. nach Spanien, nach Irland, nach Griechenland, nach Großbritannien, in die USA. All diese Länder, in denen es der Wirtschaft bis zur letzten Krise "außerordentlich gut" ging, sind jetzt gezeichnet von hoher, sich verfestigender Arbeitslosigkeit, hoher Verschuldung von privaten und öffentlichen Haushalten, kranken Banken und einer siechen Industrie, mit geringer internationaler Wettbewerbsfähigkeit infolge eines zu hohen Lohnniveaus, das sich durchsetzen ließ, als der Boom noch den Arbeitsmarkt leerfegte.

Kurz, die Länder arbeiten sich an den Nachwirkungen der vorausgegangenen wirtschaftlichen Übertreibungen ab.

So sollte es in Deutschland nach Möglichkeit nicht kommen. Deshalb muss man sich eben schon einmal Gedanken darüber machen, wie man derartige Übertreibungen verhindern kann. Auch auf die Gefahr, damit zum Spaßverderber zu werden.

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