Verbrenner-Streit EU-Parlamentspräsidentin pocht auf Verlässlichkeit

"Parlament in großer Sorge": EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola
Foto: OLIVIER HOSLET / EPAEU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hat die Bundesregierung indirekt für ihre Blockade im Streit über Autos mit Verbrennungsmotor kritisiert. Ohne Deutschland explizit zu nennen, sagte Metsola am Donnerstag in Brüssel, dass man keine Abmachung rückgängig machen könne.
Es gehe um Vertrauen zwischen den Mitgesetzgebern und um die Glaubwürdigkeit des Verfahrens. "Wenn wir von unseren Bürgern gebeten oder beauftragt werden, in einem bestimmten Bereich Gesetze zu erlassen (...), dann müssen wir bereit sein, dies zu tun. Und wenn wir das tun, dann müssen wir auch liefern", sagte Metsola.
Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments hatten sich schon im Herbst darauf geeinigt, dass in der Europäischen Union ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung des Deals durch die EU-Staaten wurde von Deutschland jedoch zunächst verhindert. Die Bundesregierung verlangt vorher einen Vorschlag der EU-Kommission zur Nutzung von E-Fuels. Darunter versteht man mit Ökostrom erzeugte künstliche Kraftstoffe, die klimaneutral sind.
Anfang der Woche schrieb Metsola daher auf Bitten des Parlaments einen Brief an die derzeitige EU-Ratspräsidentschaft und appellierte an die Verlässlichkeit der Regierungen der Staaten. Das Parlament sei in "großer Sorge»"hieß es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Deutsches Verhalten sorgt für Verärgerung
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Blockade der Bundesregierung im Streit über Autos mit Verbrennungsmotor gegen Kritik europäischer Partner verteidigt. "Es gibt eine klare Verständigung in Europa", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei einem EU-Gipfel in Brüssel. Dazu gehöre, dass die EU-Kommission einen Vorschlag mache, wie auch nach 2035 ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels betriebene Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden können. "Das ist schon Konsens."
Wer anderen Regierungschefs zuhörte, merkte jedoch schnell: Das deutsche Vorgehen sorgt bei einigen Partnern mindestens für Irritation, eher für Verärgerung. Denn zuletzt hatte vor allem die FDP dafür gesorgt, dass ein wichtiges Klimaschutzgesetz in der EU nicht verabschiedet werden konnte, wonach ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen in der EU zugelassen werden dürfen.
Am deutlichsten wurde der lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins. Er sprach mit Blick auf das deutsche Vorgehen von einem "sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft". Es sei verwunderlich, dass eine Regierung sich plötzlich anders entscheide, nachdem eine Vereinbarung bereits getroffen worden sei. Karins warnte: "Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde auseinanderfallen, wenn wir das alle tun würden." Hinter vorgehaltener Hand äußern sich Diplomaten in Brüssel deutlicher. Sie werfen Deutschland etwa einen Vertrauensbruch vor.
Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel reagierte am Donnerstag nur noch genervt auf die Debatte. Natürlich könne man beim Gipfel über alles reden. Aber eigentlich stehe das Thema nicht auf der Tagesordnung. "Es ist ja kein Wunschkonzert, wenn wir nach Brüssel kommen." Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs solle nicht für alles zuständig sein, sondern Impulse geben. Für alles andere, so Bettel, gebe es Ministerräte.