Finanzminister Schäuble, Kollege Varoufakis: Aus Griechenland-Krise lernen
Foto: Carsten Koall/ Getty ImagesAngesichts der Dauerkrise um Griechenland lässt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seine Fachleute über eine Insolvenzordnung für Staaten innerhalb der Eurozone nachdenken. Die Beamten sollen nach SPIEGEL-Informationen einen Mechanismus ausarbeiten, der im Falle einer Staatspleite eine geordnete Umschuldung des betroffenen Landes gewährleistet. Damit soll der Fortbestand der Währungsunion gesichert werden, auch wenn ein Land zahlungsunfähig wird.
Gleichzeitig will Schäuble Hilfszahlungen der übrigen Mitgliedstaaten in der Währungsunion begrenzen. Die Kosten der Umschuldung sollen vor allem die Anleger tragen, die Staatsanleihen des betroffenen Landes gekauft haben. Eine solche Pleiteverordnung soll außerdem verhindern, dass Länder mit gesunden Staatsfinanzen erpressbar werden durch ein Land, das Geld braucht. An den Beratungen im Finanzministerium nehmen auch Wissenschaftler teil.
Schon vor fünf Jahren, zu Beginn der Griechenlandkrise, hatte das Bundesfinanzministerium eine Insolvenzordnung entwickelt, die jedoch in der Schublade verschwand.
In Brüssel werden die Griechenland-Verhandlungen am Samstag fortgesetzt. Eine griechische Regierungsdelegation will sich um Bewegung im festgefahrenen Schuldenstreit bemühen. "Die griechische Seite ist bereit, Gegenvorschläge vorzulegen, damit die übriggebliebenen Unterschiede (zu den Gläubigern) überbrückt werden", hieß es aus Regierungskreisen in Athen.
Wie die Zeitung "Die Welt" berichtete, wird bei den Unterredungen in Brüssel auch der Internationale Währungsfonds (IWF) vertreten sein. Das IWF-Team hatte die Verhandlungen mit Griechenland am Donnerstag wegen "bedeutender Differenzen" verlassen.
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Szenario 1: Der "Grexit" lässt die Börsen beben: Sollte es wirklich zu einer Staatspleite mit anschließendem Ausscheiden aus der Euro-Zone ("Grexit") kommen, dürfte das die Börsen ordentlich durchschütteln. "Keiner weiß, wie es danach weitergeht", sagt Folker Hellmeyer, Chef-Analyst der Bremer Landesbank. Eine Staatspleite bedeute faktisch auch ...
... eine Pleite des griechischen Bankensystems, warnt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Damit seien griechische Bonds faktisch wertlos, und die Geldhäuser, die große Mengen dieser Papiere halten, stünden ohne Eigenkapital da. Die Folge: Banken ...
... rutschen in die Überschuldung und werden von der Geldversorgung abgeschnitten, weil die Europäische Zentralbank (EZB) sie nicht mehr mit Notfallkrediten über Wasser halten darf.
Auch der derzeit über 1,13 Dollar stehende Euro werde erst einmal ...
... in die Knie gehen. "Es wird Zweifel an der künftigen Stärke und Solidität der Währung geben", betont Chefstratege Lukas Daalder vom Investmenthaus Robeco. Börsianer sehen zusätzlichen Druck durch verstärkte Staatsanleihekäufe der EZB, um die Kurse der Anleihen ...
... südeuropäischer Staaten zu stützen und dadurch ein Überschwappen der Krise auf Italien (im Bild das römische Kolosseum) oder Spanien zu verhindern. Der erste Schreck werde jedoch schnell verfliegen, sagen die Strategen des Kreditversicherers Atradius voraus. "Vor ein paar Jahren noch war die Befürchtung, dass ein Grexit einen Ausstieg anderer Mitgliedsstaaten ...
... wie Portugal und Spanien (im Bild Madrid) nach sich ziehen würde. Aber heute sind diese Länder dank Reformen in besserer wirtschaftlicher Verfassung - die Architektur der Eurozone ist viel robuster."
Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research sieht den Euro nach dem "kurzen, heilsamen Schock" einer Griechenlandpleite bei 1,16 Dollar. Auch bei den Aktien könne es schnell wieder bergauf gehen, wenn Investoren die Kursrückschläge zum Einstieg nutzen, sagen die Experten der Deutschen Asset & Wealth Management, der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank, voraus.
Szenario 2: Das Durchwursteln geht weiter Eine Einigung, die der Athener Regierung etwas Luft verschafft, wird den Börsen nur geringen Auftrieb geben, prognostiziert Marktanalyst Giuseppe Amato vom Brokerhaus Lang & Schwarz. "Ich kann mir zwar vorstellen, dass der Dax ...
... vor dem Sommerloch noch mal ein Hoch von vielleicht 12.000 Punkten macht. Ein Auslöser für eine langfristige Fortsetzung der Aktienhausse wäre dies aber nicht." Denn viele Anleger scheuten den Einstieg und horteten lieber Bargeld. Dadurch steige die Gefahr, dass der große Knall ...
... in einigen Monaten folge, die den deutschen Leitindex unter die 10.000er Marke drücke, warnt Amato. Otmar Lang, Chef-Anlagestratege der Targobank, erwartet keine größeren Kursreaktionen. "Das Szenario der vergangenen fünf Jahre wird fortgesetzt."
Szenario 3: Die große Lösung Sollte sich Griechenland mit seinen Geldgebern auf umfassende Reformen und einen langfristig tragbaren Finanzplan einigen, könne an den Börsen mit einer Erleichterungsrally gerechnet werden, sagt Targobank-Experte Lang. "Der Dax wird auf neue Höchststände klettern und der Euro die Marke von 1,15 oder sogar 1,16 Dollar antesten." Gefragt wären auch südeuropäische Staatanleihen. Bei den Bundesanleihen sieht Lang keine größeren Veränderungen. Auch ...
... von den parallel laufenden Bond-Käufen der EZB seien keine zusätzlichen Verwerfungen zu erwarten. Die Notenbank sei flexibel genug, um auf alle Eventualitäten angemessen zu reagieren. Den Analysten von MM Warburg zufolge ist sogar ein Zusatzschub für den Aktienmarkt drin, wenn die Einigung einen Plan beinhalte, den griechischen Banken mit Hilfe von Finanzspritzen wieder auf die Beine zu helfen.
Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research sieht den Euro nach dem "kurzen, heilsamen Schock" einer Griechenlandpleite bei 1,16 Dollar. Auch bei den Aktien könne es schnell wieder bergauf gehen, wenn Investoren die Kursrückschläge zum Einstieg nutzen, sagen die Experten der Deutschen Asset & Wealth Management, der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank, voraus.
Foto: Federico Gambarini/ dpa... vor dem Sommerloch noch mal ein Hoch von vielleicht 12.000 Punkten macht. Ein Auslöser für eine langfristige Fortsetzung der Aktienhausse wäre dies aber nicht." Denn viele Anleger scheuten den Einstieg und horteten lieber Bargeld. Dadurch steige die Gefahr, dass der große Knall ...
Foto: RTV, MAR 16/ Reuters