Warnung eines russischen Oligarchen "Nächstes Jahr haben wir kein Geld mehr"

Deutliche Worte: Russischer Milliardär Oleg Deripaska
Foto: Maxim Shemetov / REUTERSOleg Deripaska (55) gehört seit vielen Jahren zu den reichsten Männern Russlands – und reich geblieben sind in dem Land in dieser Zeit nur jene Unternehmer, die weitgehend loyal zum Kreml standen. Die Kritik, wenn überhaupt, dann nur in wohldosierten Mengen äußerten. Am besten auch: nur hinter verschlossenen Türen.
Das ist der Hintergrund, vor dem sich Deripaskas Auftritt beim Krasnojarsker Wirtschaftsforum abhebt: Der Milliardär hat sich dort mit deutlicher Kritik am russischen Staatskapitalismus zu Wort gemeldet. Er sei "entsetzt über die Haushaltsmittel, die im vergangenen Jahr verschwendet wurden", zitieren russische Medien den Magnaten, darunter die Agentur Interfax. Wenn Russland nicht bald neue Einnahmequellen erschließe und wirtschaftliche Reformen einleite, drohe dem Land womöglich bald schon die Pleite.
"Wir werden wählen müssen. Im nächsten Jahr schon werden wir kein Geld mehr haben", warnte Deripaska mit Blick auf die russische Staatskasse. "Wir brauchen ausländische Investoren." Das Land müsse deshalb zügig Fortschritte bei der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit machen. Es könne nicht sein, dass "wir jedes Quartal die Spielregeln ändern". Die "steinzeitliche" Praxis von Verhaftungen von Geschäftsleuten müsse endlich beendet werden.
Deripaska ist eng mit dem Aluminiumkonzern Rusal verbunden. In den USA galt er lange als ein Verdächtiger hinter den Manövern, die 2017 Donald Trump (76) zur US-Präsidentschaft mitverholfen haben sollen. Noch vor wenigen Jahren sagte Deripaska voller Stolz, er können zwischen sich und dem russischen Staat keine Trennlinie ziehen.
Der Milliardär und sein Telegram-Kanal
Seit Kriegsbeginn liest sich der Telegram-Kanal des Milliardärs allerdings mitunter wie der eines Dissidenten. Deripaska hat dort ein "Manifest" verbreitet. Darin fordert er einen drastischen Bürokratieabbau: Die Hälfte aller russischen Beamtenstellen solle gekürzt werden, bei Polizei und Geheimdienst sogar vier von fünf Posten. Das ist ein kaum verhohlener Generalangriff auf den Geheimdienst- und Bürokratenstaat, den Wladimir Putin (70) in den vergangenen 22 Jahren errichtet hat. Diese Forderung nach einer drastischen Reduzierung des Beamtenapparates wiederholte Deripaska nun auch in Krasnojarsk.
Über den Grund für die Schieflage des russischen Staatshalts – den Krieg in der Ukraine – sagte er nichts. Deripaska sagte nur allgemein, es sei "an der Zeit, dass wir aufhören, von einem besonderen Platz in der Welt zu träumen". Besser sei es, sich "auf unsere eigenen Angelegenheiten zu konzentrieren".