Plastik-Einweg-Geschirr: Das Verbot soll erst in zwei Jahren in Kraft treten. Offenbar will die EU der Industrie ausreichend Zeit zur Umstellung einräumen
Foto: imago/Jochen TackMilliarden Tonnen an Plastik wurden bereits produziert, für Verpackungen, als Baumaterial, als Grundstoff für besonders langlebige Produkte und vieles mehr. Doch Plastik vermüllt zunehmend den Planeten und wird zur Gefahr für die Menschheit. Lesen Sie alles über Produzenten, Verbraucher, Lösungsansätze.Weiterleitung zum Thema Plastik
Das EU-Verbot von Plastiktellern, Trinkhalmen und anderen Wegwerfprodukten aus Kunststoff ist unter Dach und Fach. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich am Mittwochmorgen in Brüssel auf die Einzelheiten. Das Verbot soll dazu beitragen, die Massen von Plastikmüll in der Umwelt und in den Weltmeeren einzudämmen.
Die EU-Kommission hatte im Mai vorgeschlagen, Einmalgeschirr, Strohhalme, Wattestäbchen und andere Wegwerfartikel aus Plastik zu verbieten. Die Menge an Lebensmittel-Verpackungen und Trinkbechern soll mit Reduktionszielen zurückgedrängt werden. EU-Parlament und EU-Länder hatten die Pläne im Gesetzgebungsverfahren leicht verändert. Sie müssen die Einigung der Unterhändler noch offiziell bestätigen. In Kraft treten werden die Änderungen voraussichtlich in gut zwei Jahren.
Verbote nur dort, wo es Alternativen gibt
Die Strategie gegen Plastikmüll dürfte für fast Jeden im Alltag spürbare Veränderungen bringen. Verboten werden sollen aber nur Gegenstände, für die es bessere Alternativen gibt. Bedeutsam ist das Paket vor allem für die Kunststoffbranche, die nach Behördenangaben 2015 einen Umsatz von 340 Milliarden Euro machte und 1,5 Millionen Menschen beschäftigte.
Die EU-Kommission verspricht sich von dem Plan große Umweltvorteile. Die Maßnahmen sollen den Ausstoß von Kohlendioxid um 3,4 Millionen Tonnen verringern. Bis 2030 könnten Umweltschäden im Wert von 22 Milliarden Euro vermieden werden, hieß es. Verbraucher könnten bis zu 6,5 Milliarden Euro sparen. Die Kommission begründet den Vorstoß vor allem mit dem Schutz der Ozeane. Mehr als 80 Prozent des Mülls in den Meeren seien Plastik.
Industrie könnte künftig an Müllkosten beteiligt werden
Teil der neuen Strategie ist die Beteiligung von Herstellern an den Kosten für das Aufräumen. So könnte die Tabakindustrie künftig für das Einsammeln von Zigarettenstummeln zur Kasse gebeten werden.
Sehen Sie im Video: So gefährlich ist Plastik für unsere Ozeane
"Wer Wegwerfartikel wie Zigaretten herstellt, wird künftig mehr Verantwortung für den Müll übernehmen müssen", sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "So könnte die Zigarettenindustrie zum Beispiel an den Kosten für die Reinigung von Stränden oder Parks beteiligt werden." Bisher zahlen dafür vor allem der Steuerzahler oder die Tourismusbranche. Die Hersteller von Fischernetzen mit Plastikkomponenten sollen ebenfalls für die Entsorgung zur Kasse gebeten werden.
Greenpeace sieht zu viele Schlupflöcher für die Industrie
Greenpeace hatte schon im Vorfeld die Vorschläge als unzureichend kritisiert. Die Definition von Einwegplastik sei viel zu eng, kritisierte Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack. Damit öffne sich ein Schlupfloch für die Plastikindustrie: Was zum Beispiel passiert, wenn die Konzerne ihre Wegwerfartikel wie Plastikbecher oder Strohhalme künfitg als wiederverwendbar kennzeichnen? Reduktionsziele ließen sich so leicht umgehen.
Die Plastikindustrie wiederum warnte vor drohenden Einbußen im Lebensmittelsektor oder Probleme bei der Lebensmittelhygiene, wenn der Plastikverbrauch drastisch gesenkt werde. Bislang nutzten Millionen von Europäern täglich Verpackungen für Essen oder Getränke zum Mitnehmen.
Verpackungen sind mit Abstand die Hauptverwendung für Plastik, sowohl weltweit als auch in Deutschland. Hierzulande entfällt rund 35 Prozent des gesamten verarbeiteten Plastiks auf diesen Bereich, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2015. Mit Plastikverpackungen wurden hierzulande 2017 Umsätze von 14,75 Milliarden Euro generiert, so der Branchenverband GKV.
Auf Platz zwei der Plastikeinsatzgebiete befindet sich die Baubranche. In Deutschland kam der Bau 2015 auf einen Anteil am Plastikverbrauch von rund 23 Prozent. Die Umsätze waren 2017 mit 20,1 Milliarden Euro allerdings höher als im Bereich Verpackungen. Plastik steckt beim Bau in Kabelummantelungen, Rohren, Isolierungen für Dächer und Wände, Kunststoffprofilen und anderem.
Auch beim Autobau wird viel Plastik eingesetzt. Etwa 15 Prozent eines Auto bestehen heute aus Plastik. Insgesamt entfiel auf die Branche 2015 10,5 Prozent des gesamten Plastikverbrauchs in Deutschland.
Telefone und andere elektronische Geräte verschlingen rund 6 Prozent des in der deutschen Wirtschaft verarbeiteten Plastiks.
3 Prozent es Plastiks, das in Deutschland 2015 verarbeitet wurde, landete in Haushaltswaren, Spielzeugen, Sportgeräten und ähnlichem.
Auch Möbel werden mitunter aus Plastik gefertigt. In Deutschland kam die Möbelbranche 2015 auf einen Anteil von knapp 4 Prozent am Plastikverbrauch.
Selbst die Landwirtschaft findet sich in der Branchenstudie aus dem Jahr 2015 wieder, mit einem Anteil von 3,1 Prozent am hiesigen Plastikverbrauch.
Die Medizin kam in Deutschland 2015 auf einen Anteil am gesamten Plastikverbrauch von rund 2 Prozent.
Auf Platz zwei der Plastikeinsatzgebiete befindet sich die Baubranche. In Deutschland kam der Bau 2015 auf einen Anteil am Plastikverbrauch von rund 23 Prozent. Die Umsätze waren 2017 mit 20,1 Milliarden Euro allerdings höher als im Bereich Verpackungen. Plastik steckt beim Bau in Kabelummantelungen, Rohren, Isolierungen für Dächer und Wände, Kunststoffprofilen und anderem.
Foto: Christian Charisius/ dpa