Zollregeln London und Brüssel einig über Nordirland-Protokoll

Im jahrelangen Streit über die Brexit-Regeln für Nordirland haben Großbritannien und die EU eine Einigung erzielt. Ein überarbeitetes Nordirland-Protokoll soll den reibungslosen Handel ohne Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland ermöglichen. Die deutsche Wirtschaft ist erleichtert.
Sind sich einig: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Premier Rishi Sunak

Sind sich einig: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Premier Rishi Sunak

Foto: Dan Kitwood / dpa

Die Europäische Union (EU) und Großbritannien haben sich im jahrelangen Brexit-Streit über den Umgang mit Nordirland geeinigt. Der britische Premierminister Rishi Sunak (42) teilte am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (64) in Windsor mit, dass das ursprüngliche Nordirland-Protokoll modifiziert werde. Das Protokoll regelt den Umgang mit der britischen Provinz vor allem in Zoll- und Grenzfragen nach dem Brexit.

Die Vereinbarung sei der Beginn eines neuen Kapitels in den Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU, ergänzte Sunak. Man habe einen Weg gefunden, die Unsicherheit für Nordirland zu beenden. Die Einigung werde einen reibungslosen, freifließenden Handel ohne Grenze in der Irischen See ermöglichen. Von der Leyen gab sich ebenfalls zuversichtlich, dass die Einigung funktionieren werde, da strenge Sicherheitsmaßnahmen ausgehandelt worden seien. Die deutsche Wirtschaft reagierte erleichtert.

Nordirland weiter im europäischen Binnenmarkt

Im Zentrum des langwierigen Streits stand das sogenannte Nordirland-Protokoll. Dabei handelt es sich um einen Zusatz zum eigentlichen Brexit-Vertrag von 2020. Das Protokoll regelt den Warenverkehr zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. Hintergrund ist, auf der irischen Insel keine harte Grenze entstehen zu lassen mit entsprechenden Kontrollen zwischen den beiden eng miteinander verwobenen Nachbarn, da anderenfalls ein Wiederaufflammen des jahrzehntelangen Nordirland-Konflikt befürchtet wird. Es gab die Sorge, dass zwischen pro-britischen Unionisten, die in der Mehrheit protestantisch sind, und Befürwortern einer Wiedervereinigung Nordirlands mit der Republik Irland, die überwiegend zum katholischen Lager zählen, neue Gewalt ausbrechen könnte.

Die eigentliche Zollgrenze wurde deshalb in die Irische See verlegt. Nordirland blieb so Teil des EU-Binnenmarkts, musste deshalb aber auch einige EU-Regeln einhalten, obwohl es mit Inkrafttreten des Brexits gar nicht mehr zur EU gehörte. Die Kontrollen auf See ließen zudem Schwierigkeiten im innerbritischen Handel entstehen. Das schürte in London und vor allem bei nordirischen Protestanten die Befürchtung, dass die britische Provinz faktisch vom Rest des Vereinigten Königreichs abgetrennt werden könnten. Die Regierung in London wollte den Vertrag deshalb nachverhandeln.

Großbritannien ist nach einer Volksabstimmung seit rund drei Jahren nicht mehr Mitglied der EU. Der Streit hatte die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU deutlich belastet.

Erleichtert Handel für deutsche Exportgüter

Die Einigung zwischen Großbritannien und der EU zum Nordirland-Abkommen sorgte für Erleichterung in der exportorientierten deutschen Wirtschaft. Dies sei dringend nötig, um den Negativtrend im Großbritannien-Geschäft zu stoppen, sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, am Montag. "Der EU-Austritt Großbritanniens hat die engen Handelsbeziehungen in den letzten Jahren deutlich erschwert – und weiterhin herrscht erhebliche Planungs- und Rechtsunsicherheit für deutsche Unternehmen."

Während Großbritannien 2016 noch drittwichtigster Exportmarkt Deutschlands gewesen sei, habe das Land 2022 nur noch auf dem achten Rang gelegen. Gefährlich seien britische Pläne zum Abweichen von EU-Regeln etwa im Datenschutz, bei Lebensmitteln oder in der Chemie.

rei/Reuters/DPA/AFP
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