Merkel beim G7-Treffen "Für Griechenland wird die Zeit knapp"

Angela Merkel: "Jeder Tag zählt jetzt"
Foto: REUTERSDer Showdown im Reformpoker mit Griechenland rückt näher. "Es ist nicht mehr viel Zeit, das ist das Problem", warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag nach dem Gipfel der sieben führenden Industriestaaten auf Schloss Elmau. Mit dem politischen Gewicht der G7 im Rücken forderte sie die Regierung in Athen auf, Reformen umzusetzen oder Alternativen vorzuschlagen. Ähnlich äußerten sich die Präsidenten der USA und Frankreichs, Barack Obama und Francois Hollande. Dagegen wollen die Griechen ihr Blatt bis zuletzt ausreizen: Finanzminister Yanis Varoufakis ließ bei einem Besuch in Berlin jedenfalls keine Bereitschaft zu einem Einlenken in den zentralen Streitfragen erkennen.
"Jeder Tag zählt jetzt, um die notwendige Arbeit noch zu erledigen", sagte Merkel. Nach ihren Worten war Griechenland Gesprächsthema des G7-Gipfels in Bayern, als es um die Risiken für die Weltwirtschaft ging. Vor allem die Nicht-Europäer hätten sich erkundet, wie die Verhandlungen liefen. "Wir möchten, dass Griechenland Teil der Euro-Zone bleibt", sagte die amtierende G7-Präsidentin. Die Solidarität der Euro-Länder und des Internationalen Währungsfonds (IWF) erfordere aber, dass Griechenland Reformen vorschlage und umsetze. Auch Obama sagte, es sei nötig, dass Athen ernsthaft Reformen anpacke. Die USA fürchten, dass eine Staatspleite Griechenland mit schwer kalkulierbaren Folgen für die Weltwirtschaft ihren eigenen Aufschwung gefährden könnte.
Die jüngsten Vorschläge der für die Gläubiger maßgeblichen Institutionen EU-Kommission, IWF und EZB hatte Regierungschef Alexis Tsipras am Freitag als "absurd" zurückgewiesen. Der linke Regierungschef will seinem rezessionsgeplagten Volk keine neuen Reformen abverlangen. Die Geldgeber fordern dagegen Garantien, dass ihre Milliardenhilfen nicht in ein Fass ohne Boden fließen.
Nächster Halt: EU-Lateinamerika-Gipfel
Die nächste Chance, den gordischen Knoten durchzuschlagen, haben beide Seiten beim EU-Lateinamerika-Gipfel am Mittwoch und Donnerstag in Brüssel. Merkel sagte, dort werde Gelegenheit sein, mit Tsipras zu sprechen. Gelingt bis Ende Juni keine Einigung, endet das laufende Hilfsprogramm. Dann würde auch die letzte Hilfstranche von 7,2 Milliarden Euro verfallen, auf die das Land dringen angewiesen ist, um eine Pleite zu vermeiden.
Varoufakis traf am Vormittag seinen Amtskollegen Wolfgang Schäuble, ließ sich aber nicht in die Karten blicken. Er sagte nur, die eineinhalbstündige Unterredung sei produktiv gewesen. Im "Tagesspiegel" warf er den Gläubigern vor, in Wahrheit gar keine Vereinbarung zu wollen. Sie würden das Gleiche fordern wie zu Beginn. Dagegen habe seine Regierung große Zugeständnisse gemacht, darunter eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, die sehr problematisch sei. Als Alternative erneuerte er Forderungen, die schon vor Monaten von den Gläubigern abgelehnt worden waren, Darunter die Verlagerung und Streckung von griechischen Schulden bei der Europäischen Zentralbank auf den Euro-Rettungsfonds ESM.
"Deadline Ende Juni"
Größter Trumpf der Griechen ist die Unsicherheit über die Folgen einer Staatspleite, die in einem Ausscheiden aus dem Euro münden könnte. Die französische Regierung, die sich eng mit der deutschen abstimmt, gab sich gelassen. "Es wäre kein Drama für uns, wenn Griechenland den Euro verließe", sagte Finanzminister Michel Sapin. Auch in der Bundesregierung gibt es Stimmen, die einen Grexit heute für besser beherrschbar halten als vor fünf Jahren. Allerdings müsste Schäuble dann Milliarden abschreiben.
Frankreichs Präsident Francois Hollande pochte wie Merkel auf eine schnelle Lösung: "Es gibt eine Deadline Ende Juni", sagte er nach dem G7-Gipfel. Eine Einigung vorher wäre besser.
Die griechische Regierung vermittelte den Eindruck, sie habe alle Zeit der Welt. Man werde alle Optionen ausreizen, um eine Einigung zu erzielen, sagte ein Regierungssprecher. Dabei seien die eigenen Reformvorschläge "definitiv der Ausgangspunkt".