Mindestwechselkurs ade: Noch bis Anfang Januar gab es garantiert 1,20 Franken pro Euro. Dann hob Schweizer Nationalbank den garantierten Mindestwechselkurs auf
Foto: Oliver Berg/ dpaDie starke Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro und der sinkende Goldpreis haben der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erneut heftige Milliardenverluste eingebrockt. Für das erste Halbjahr wies die SNB nun ein ein Minus von 50,1 Milliarden Franken aus (47,18 Milliarden rund Euro). Allein durch den Anstieg der Eidgenossen-Währung nach der Aufhebung des Mindestkurses zum Euro im Januar sei in der Bilanz ein Verlust von 47,2 Milliarden Franken entstanden.
Bei den Goldreserven der Notenbank summierte sich das Minus auf 3,2 Milliarden Franken. Für das erste Quartal musste die SNB bereits einen Wertverlust von 30 Milliarden Franken verbuchen. Hingegen hatte sie nach dem ersten Halbjahr 2014 noch einen Rekordgewinn von 38,3 Milliarden Franken melden können.
Die SNB hatte am 15. Januar die sofortige Beendigung des Aufkaufs von Milliarden von Euro zur Gewährleistung eines garantierten Mindestwechselkurses von 1,20 Franken pro Euro beschlossen. Nach dieser Entscheidung war der Kurs des als krisensicher angesehenen Franken aufgrund der weltweiten Nachfrage stark gestiegen.
Dies führte zu entsprechenden wechselkursbedingten Verlusten auf sämtliche Anlagewährungen der SNB. Zeitweise hatte der Franken sogar Parität mit dem Euro erreicht. Am Freitagmorgen lag der Kurs des Euro zum Franken bei 1,06.
Verteidigung des Franken war für SNB nicht mehr zu finanzieren
Um den 2011 verkündeten Mindestkurs von 1,20 halten zu können, hatte die SNB immer wieder für hohe Milliardensummen Euro gekauft. Vor allem sollten damit die exportorientierte Schweizer Wirtschaft sowie der Tourismus davor geschützt werden, dass eine zu starke Währung Schweizer Waren und Dienstleistungen für Euro-Besitzer verteuert und damit weniger konkurrenzfähig macht. Doch als vergleichsweise kleine Notenbank sah sich die SNB nach eigenem Bekunden im Januar gezwungen, die teure Verteidigung des Franken-Mindestkurses aufzugeben.
Zu den direkten Folgen der Frankenstärke gehört inzwischen ein Rückgang der Exporte sowie des Wachstums des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP). Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in Bern hat die Prognose beim BIP für 2015 von 2,1 Prozent auf 0,8 Prozent gesenkt. Beim Schweizerischen Arbeitgeberverband geht man sogar von nur 0,4 Prozent aus. Verbandspräsident Valentin Vogt prophezeite, "dass wir mit einem Eurokurs von 1,05 Gefahr laufen, 30.000 Stellen zu verlieren".
Schweizer Exporte rückläufig, Gewerkschaft fürchtet um Jobs
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) fürchtet nach eigenen Angaben, dass bis Anfang 2016 jeder zehnte Job in der Industrie wegfallen wird. Bereits vor Bekanntgabe der Halbjahresbilanz forderte der SGB die Nationalbank zu erneutem Gegensteuern auf: "Es darf nicht sein, dass die Arbeitnehmenden in der Schweiz die Opfer der Währungsspekulationen und des schlechten Krisenmanagements in der Eurozone werden", erklärte SGB-Chefökonom Daniel Lampart. Die Nationalbank müsse den Frankenkurs wieder aktiv steuern, um Löhne und Jobs zu schützen.
Ein Euro kostet nur noch rund einen Franken: Die Gemeinschaftswährung hat schlagartig gegenüber dem Franken um fast 20 Prozent an Wert verloren, seit die Schweizer Nationalbank SNB ihre Unterstützung für den Euro beendet hat. Für die Schweizer Wirtschaft ist das ein schwerer Schlag ...
... denn Schweizer Konzerne wie Nestlé, Novartis oder Roche verkaufen einen großen Teil ihrer Waren im Euro-Raum. Diese werden durch die Abwertung des Euro nun deutlich teurer, die Schweizer Unternehmen gehören also zu den Verlierern der Euro-Abwertung. Entsprechend brach auch der Leitindex SMI an der Börse in Zürich ein. Die Kursverluste an der Schweizer Börse bescheren Schweizer Anlegern Verluste, Anleger in Deutschland dagegen können da entspannter sein ...
... denn ein deutscher Anleger, der etwa vor einem Jahr Aktien eines Schweizer Unternehmens zum Preis von 120 Franken gekauft hat, musste dafür 100 Euro zahlen. Angenommen, der Kurs hat sich nicht verändert und die gekaufte Aktie brach gestern um 10 Prozent ein, so fiel der Wert in Franken auf 108 Schweizer Franken. Da seit gestern jedoch ein Franken für rund einen Euro gehandelt wird, steigt der Euro-Wert des Depots des deutschen Anlegers von 100 Euro auf 108 Euro - die Währungsgewinne übersteigen also die Kursverluste deutlich. Mehr Geld in der Kasse können die Anleger aus Deutschland auch gut gebrauchen ...
... denn Touristen in der Schweiz gehören zu den größten Verlierern des Euro-Absturzes. Wer noch Anfang der Woche mit einem Budget von 1000 Euro in die Schweiz reiste, bekommt dafür nicht mehr 1200 Schweizer Franken, sondern nur noch rund 1000 Franken - das Reisebudget sinkt schlagartig um rund 20 Prozent. Ein Urlaub in den Schweizer Bergen, der für deutsche Touristen ohnehin schon teuer war, wird nun fast unbezahlbar - umso mehr muss die Schweizer Tourismusindustrie nun auf wohlhabende Gäste aus dem Nahen Osten oder aus China hoffen.
Dagegen zählen Schweizer Bürger, die in der Nähe der Grenze wohnen, zu den Gewinnern der Euro-Abwertung. Wenn sie nun zum Großeinkauf in einen deutschen Supermarkt in der Nähe der Grenze fahren, bekommen sie beim Umtausch mehr Euro für ihre Franken und können entsprechend mehr einkaufen. Ein Schock war die Entscheidung der Schweizer Nationalbank dafür für diejenigen, die Kredite in Franken aufgenommen haben ...
Franken-Kredite sind vor allem in Österreich und Osteuropa verbreitet. In Polen machen sie knapp die Hälfte aller Wohnhypotheken aus, etwa 30 Milliarden Euro, ebenso viel wie in Österreich. Für viele dieser Hausbesitzer wird der Schuldendienst jetzt teuer und die Banken sorgen sich vor Zahlungsausfällen. In Ungarn hat die Regierung bereits Ende 2014 wegen des gleichen Problems eingegriffen und gesetzlich einen günstigen Umtauschkurs für Franken-Kredite vorgeschrieben.
Die Aufwertung des Franken am Donnerstag ist die größte Tagesbewegung der Währung einer reichen Volkswirtschaft seit mehr als 40 Jahren. Weltweit hat sie Devisenbroker kalt erwischt, selbst Großbanken hatten durchweg Probleme, den Handel aufrechtzuerhalten. Die dänische Saxobank erklärte offiziell, Transaktionen zum Marktkurs nicht ausführen zu können und den Preis willkürlich anzupassen. Selbst im fernen Neuseeland ging die Firma Global Brokers pleite weil Kunden ihre Depotverluste nicht ausgleichen konnten, wurde das Kapital des Brokers ausgelöscht.
Deutsche, Franzosen, Österreicher und Italiener, die in die Schweiz zur Arbeit pendeln haben über Nacht quasi eine üppige Gehaltserhöhung bekommen - sofern sie in Schweizer Franken bezahlt werden. Insgesamt gibt es nach Angaben der Schweizer Statistiker fast 290.000 Grenzgänger, davon knapp 59.000 aus Deutschland.
Wer seine Waren in der Schweiz anbietet, kann auf einmal fast 20 Prozent billiger verkaufen. Das dürfte für viele Firmen ein Thema sein, denn die Schweiz ist mit einem Volumen von 47 Milliarden Euro immerhin der achtwichtigste Absatzmarkt für den deutschen Export. Wichtigste Ausfuhrgüter sind Fahrzeuge und Fahrzeugteile sowie Maschinen und chemische Erzeugnisse.
Ein Euro kostet nur noch rund einen Franken: Die Gemeinschaftswährung hat schlagartig gegenüber dem Franken um fast 20 Prozent an Wert verloren, seit die Schweizer Nationalbank SNB ihre Unterstützung für den Euro beendet hat. Für die Schweizer Wirtschaft ist das ein schwerer Schlag ...
Foto: RUBEN SPRICH/ REUTERS... denn Schweizer Konzerne wie Nestlé, Novartis oder Roche verkaufen einen großen Teil ihrer Waren im Euro-Raum. Diese werden durch die Abwertung des Euro nun deutlich teurer, die Schweizer Unternehmen gehören also zu den Verlierern der Euro-Abwertung. Entsprechend brach auch der Leitindex SMI an der Börse in Zürich ein. Die Kursverluste an der Schweizer Börse bescheren Schweizer Anlegern Verluste, Anleger in Deutschland dagegen können da entspannter sein ...
Foto: Laurent Gillieron/ dpaFranken-Kredite sind vor allem in Österreich und Osteuropa verbreitet. In Polen machen sie knapp die Hälfte aller Wohnhypotheken aus, etwa 30 Milliarden Euro, ebenso viel wie in Österreich. Für viele dieser Hausbesitzer wird der Schuldendienst jetzt teuer und die Banken sorgen sich vor Zahlungsausfällen. In Ungarn hat die Regierung bereits Ende 2014 wegen des gleichen Problems eingegriffen und gesetzlich einen günstigen Umtauschkurs für Franken-Kredite vorgeschrieben.
Foto: Rainer Jensen/ dpaWer seine Waren in der Schweiz anbietet, kann auf einmal fast 20 Prozent billiger verkaufen. Das dürfte für viele Firmen ein Thema sein, denn die Schweiz ist mit einem Volumen von 47 Milliarden Euro immerhin der achtwichtigste Absatzmarkt für den deutschen Export. Wichtigste Ausfuhrgüter sind Fahrzeuge und Fahrzeugteile sowie Maschinen und chemische Erzeugnisse.
Foto: Bernd_Thissen/ picture-alliance / dpa/dpaweb