"Schmaler Pfad" zur Einigung
Von der Leyen und Johnson sehen Chance auf Brexit-Deal
Die Zeit für einen Brexit-Deal läuft ab, doch die Verhandler sind sich bei zwei Streitpunkten näher gekommen. Ursula von der Leyen und Boris Johnson sehen weiter eine Chance auf eine Einigung.
Weiterhin auf Abstand: Zumindest in der Frage der gleichen Wettbewerbsbedingungen sind sich Ursula von der Leyen und Boris Johnson näher gekommen
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (62) sieht entscheidende Fortschritte auf dem Weg zu einem Brexit-Handelspakt mit Großbritannien. "Ich kann ihnen nicht sagen, ob wir eine Einigung erzielen oder nicht", sagte von der Leyen am Mittwoch im Europaparlament. "Aber ich kann Ihnen sagen, dass es jetzt einen Pfad zu einer Einigung gibt" - er sei schmal, aber vorhanden.
Bei zwei der drei Hauptstreitpunkten sei man vorangekommen: beim Ringen um einen fairen Wettbewerb im künftigen Handel und bei der Durchsetzung des erhofften Abkommens. Der Streit über Fischereirechte bleibe jedoch sehr schwierig. "Es fühlt sich manchmal an, als könnten wir diese Frage niemals lösen", sagte von der Leyen. Dennoch müsse man sich weiter darum bemühen. Die nächsten Tage seien entscheidend, bekräftigte von der Leyen.
Auch in britischen Medien hieß es, man sei im Ringen um gleiche Wettbewerbsbedingungen ("level playing field") ein gutes Stück weitergekommen. Es sei in dieser Frage nun eine "Landezone" in Sicht, um doch noch einen Kompromiss zu finden.
EU setzt Mechanismus gegen Rückschritte bei sozialen Standards durch
Die Europäische Union verhandelt seit Monaten mit Großbritannien über ein Anschlussabkommen für die Zeit nach der Brexit-Übergangsphase. Diese endet bereits am 31. Dezember. Doch noch immer fehlt der Durchbruch, und ein Vertrag müsste noch ratifziert werden. Von der Leyen sagte nicht, wie dies noch möglich sein soll. Sie betonte nur allgemein, sie zähle auf die Unterstützung des EU-Parlaments.
Die konkreten Verhandlungsfortschritte beschrieb von der Leyen so: Im Streit über faire Wettbewerbsbedingungen - das sogenannte Level Playing Field - sei man dabei vorangekommen, dass man bei Verstößen gegen Beihilferegeln "der Situation, wenn nötig, autonom abhelfen" könne. Bei den Umwelt- und Sozialstandards habe die EU "einen starken Mechanismus gegen Rückschritte" ausgehandelt.
"Das ist ein großer Schritt nach vorn", sagte die EU-Kommissionschefin. "Schwierigkeiten bleiben noch dabei, wie der faire Wettbewerb zukunftsfest gemacht werden kann." die Streitpunkte bei der Durchsetzung des Abkommens, die sogenannte Governance, seien hingegen weitgehend gelöst.
Euro steigt auf Zweijahreshoch zum Dollar
Der Optimismus bei den Brexit-Verhandlungen hat den Euro erstmals seit mehr als zwei Jahren über die Marke von 1,22 Dollar steigen lassen. "Es gibt ein Wohlfühl-Momentum am Markt", sagte Bart Wakabayashi, Experte der State Street Bank. Der Euro hatte in den vergangenen Wochen schon stark aufgewertet und setzte diesen Kurs jetzt fort.