Streit um Sicherheitsgesetz in Hongkong eskaliert
Trump verhängt Sanktionen gegen China - Peking schlägt zurück
Im Streit um die Autonomie Hongkongs hat Donald Trump ein Sanktionsgesetz gegen China unterzeichnet. Der Finanz- und Handelsplatz soll auch seine Vorzugsbehandlung verlieren - die Retourkutsche folgt prompt.
"Ich habe im Moment kein Interesse daran, mit China zu reden": US-Präsident Donald Trump lehnt aktuell weitere Gespräche über ein Handelsabkommen ab.
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Im Streit um die Einschränkung der Autonomie Hongkongs hat US-Präsident Donald Trump (74) ein Sanktionsgesetz gegen China unterzeichnet. Damit solle China für "repressive Aktionen" gegen die Menschen in Hongkong zur Rechenschaft gezogen werden, sagte Trump am Dienstag im Rosengarten des Weißen Hauses. Das Gesetz gebe der Regierung wirksame neue Werkzeuge, um gegen Personen und Institutionen vorzugehen, "die Hongkongs Freiheit auslöschen".
Chinas Regierung kündigte als Vergeltung ihrerseits Strafmaßnahmen gegen "betreffende Bürger und Einrichtungen der USA" an. Ein Außenamtssprecher verurteilte am Mittwoch in Peking scharf das Sanktionsgesetz der USA. China müsse die "notwendige Antwort" geben, um seine legitimen Interessen zu schützen. Die Strafmaßnahmen sollen sich nach früheren Erläuterungen gegen Personen und Institutionen in den USA richten, die sich in Hongkong-Fragen "schlecht benehmen".
Auslöser des Streits ist das umstrittene Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong, das Peking Ende Juni erlassen hatte. Es richtet sich gegen Aktivitäten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion, die von Peking als subversiv, separatistisch oder terroristisch angesehen werden. Auch soll es "heimliche Absprachen" von Aktivisten mit Kräften im Ausland bestrafen. Das Gesetz gibt Chinas Staatssicherheit weitreichende Vollmachten, eigenmächtig in Hongkong zu operieren und zu ermitteln.
Hongkong verliert Vorzugsbehandlung, Sanktionen auch gegen Banken möglich
Als Reaktion hatten das Repräsentantenhaus und der Senat das Sanktionsgesetz ohne Gegenstimmen verabschiedet. Es sieht Sanktionen vor, nach denen der Besitz von chinesischen Funktionären in den USA eingefroren und ihnen die Einreise in die USA verwehrt werden kann. Auch gegen ausländische Banken, die aus US-Sicht zu Chinas Bestrebungen beitragen, die Autonomie Hongkongs zu untergraben, können Strafmaßnahmen verhängt werden. So kann US-Finanzinstitutionen untersagt werden, ihnen Kredite zu geben.
Trump erklärte ferner, er habe eine Verfügung unterzeichnet, die wegen der Einmischung Chinas alle Vorzugsbehandlungen für Hongkong beende. Die Millionenmetropole werde künftig wie ein Teil Chinas behandelt, sagte der Präsident. Die Regierung hatte diesen Schritt bereits im Mai angekündigt. Neben den Exportkontrollen soll dies auch Zölle und die Vergabe von Visa betreffen, hatte es damals geheißen. In Hongkong wird jetzt befürchtet, dass der Schritt dazu führen könnte, dass die Strafzölle der USA im Handelsstreit mit China auch auf Exporte aus der Sonderverwaltungsregion ausgeweitet werden.
Hongkong von China stark abhängig, doch braucht Peking Hongkong auch
Hongkongs Autonomie dürfte durch das neue Gesetz weiter stark beschnitten werden. Doch stand das Handels- und Finanzzentrum auch schon zuvor in großer Abhängigkeit von Peking. Der Einfluss Chinas auf Unternehmen in Hongkong ist enorm. So steht China laut amtlichen Statistiken etwa für die Hälfte des gesamten Handels mit Hongkong. Zugleich stammen gut ein Viertel aller Auslandsinvestitionen in Hongkong aus China und vermutlich noch mehr, wenn man das aus den Steueroasen wie die Britischen Jungferninseln stammende Kapital mit einrechnet. Zugleich bezieht Hongkong laut "New York Times" mehr als ein Viertel seiner Elektrizität vom chinesischen Festland und den größten Teil seines Trinkwassers. Auch gut drei Viertel der Touristen kämen vom chinesischen Festland, so die Zeitung.
Peking wiederum benötigt Hongkong als Finanzzentrum, als Drehscheibe für die eigenen Auslandsinvestitionen. Die meisten dieser Auslandsinvestitionen würden über die ehemalige britische Kronkolonie abgewickelt. Umgekehrt sammeln chinesische Unternehmen hier viel ausländisches Kapital ein.
Die neuen US-Maßnahmen indes verschärfen die Spannungen zwischen den USA und China weiter. Trump machte China am Dienstag auch erneut für die weltweite Verbreitung des Coronavirus verantwortlich. Der US-Präsident sagte auf eine Frage, er habe nicht vor, mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping (67) zu sprechen. "Ich habe im Moment kein Interesse daran, mit China zu reden", sagte Trump auf die Frage, ob die Verhandlungen über ein weitergehendes Handelsabkommen gescheitert seien. Chinas Außenhandel indes hatte sich trotz der globalen Corona-Krise zuletzt überraschend gut erholt. Exporte und Importe der größten Handelsnation lagen im Juni erstmals wieder im Plus, hatte Chinas Zoll am Dienstag berichtet.
Die frühere britische Kronkolonie Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom verwaltet. Die USA sehen in dem Sicherheitsgesetz Chinas aber eine klare Verletzung von Hongkongs Autonomie und Freiheitsrechten. Auch verstoße China gegen seine Zusagen beim Souveränitätswechsel. Anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik genießen die sieben Millionen Hongkonger Versammlungs- und Meinungsfreiheit, die durch das Sicherheitsgesetz jetzt aber deutlich beschränkt wird.
Chinas Außenamtssprecher sagte in Peking, Hongkong sei eine "rein interne" Angelegenheit Chinas. "Kein anderes Land hat das Recht, sich einzumischen." Die USA sollten ihre "Fehler" korrigieren und das Hongkong-Autonomie-Gesetz nicht umsetzen. "Wenn die USA tun, was sie vorhaben, wird China auf jeden Fall energisch reagieren".