Neuer Spionagefall aufgedeckt Zweiter US-Spion soll im Verteidigungsministerium arbeiten

Das Verteidigungsministerium bestätigt Ermittlungen in der eigenen Behörde wegen eines weitere Spionagefalls
Foto: DPAHamburg - Die deutsch-amerikanische Spionageaffäre weitet sich aus. Ein Verdächtiger soll Informationen aus dem militärischen Bereich an einen US-Geheimdienst weitergereicht haben, wie aus Sicherheitskreisen verlautete.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft wurden am Mittwoch die Wohn- und Büroräume eines Beschuldigten im Raum Berlin durchsucht. Es bestehe der Anfangsverdacht einer geheimdienstlichen Agententätigkeit. Festgenommen wurde demnach niemand. Zur Nationalität äußerte sich der Sprecher der Karlsruher Behörde nicht. Die Aktionen dauerten am Mittag an.
Nach Informationen der "Welt" handelt es sich um einen Bundeswehr-Soldaten, der vor einiger Zeit durch intensive Kontakte mit mutmaßlichen US-Geheimdienstlern ins Visier des Militärischen Abschirmdienstes geriet. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte Ermittlungen in der eigenen Behörde, äußerte sich zum Gegenstand aber nicht.
Das an den Durchsuchungen beteiligte Bundeskriminalamt verwies an die Bundesanwaltschaft. Über den neuen Fall berichteten zuerst "Süddeutsche Zeitung" (SZ), NDR und WDR. Laut SZ werde der Fall von informierten Kreisen noch "ernster" eingeschätzt als der des in der vergangenen Woche verhafteten BND-Mitarbeiters.
Bereits in der vergangenen Woche wurde der mutmaßliche Doppelagent verhaftet. Der Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) hatte zugegeben, sich vor zwei Jahren amerikanischen Geheimdiensten als Informationsbeschaffer angeboten zu haben. Für 218 überlieferte Dokumente soll er bei konspirativen Treffen 25.000 Euro erhalten haben. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen wurden damit auf eine neue Belastungsprobe gestellt.
CDU-Spitzenpolitiker gehen auf Abstand zu den USA
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Berlin, es gebe mit den USA Gespräche über die Spionagevorwürfe. Zum neuesten Fall müsse der Generalbundesanwalt Stellung nehmen. Was die Bundesregierung kenne und wisse, teile sie dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages mit.
Im Bundestag ist man über den neuen mutmaßlichen Spionagefall beunruhigt. Das zeigt sich daran, dass für Donnerstagmittag um 12 Uhr eine Sondersitzung eben des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) einberufen wurde, wie "Spiegel Online" berichtet. Das Gremium ist für die Kontrolle der deutschen Geheimdienste zuständig.
Wegen der Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden ist das Verhältnis zwischen beiden Staaten ohnehin angespannt. Führende CDU-Außenpolitiker gaben sich wenig hoffnungsvoll, dass die USA ihre Ausspähpraxis ändern würden.
"Wenn man die Rede von US-Präsident Obama zu den Snowden-Veröffentlichungen noch mal genau sich anhört oder durchliest, dann hat er ja überhaupt keine substanzielle Veränderung angekündigt", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, im Deutschlandfunk. Er plädierte dafür, den USA nicht mehr uneingeschränkt zu trauen.
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, erklärte auf Twitter, es gebe keinerlei Signal, dass die Amerikaner ihr Verhalten änderten. Er sei daher "sehr, sehr skeptisch" bei konkreten Zusagen.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich verständnislos und verärgert über den BND-Fall. "Es wäre höchst beunruhigend, wenn es munter mit dem Bespitzeln weiterginge, während wir gerade dabei sind, die NSA-Abhöraktivitäten aufzuarbeiten, und dafür im Bundestag einen Untersuchungsausschuss eingerichtet haben", sagte Steinmeier der "Saarbrücker Zeitung". "Der Versuch, mit konspirativen Methoden etwas über die Haltung Deutschlands zu erfahren, gehört sich nicht nur nicht, es ist auch völlig überflüssig."