Wirtschaftsforscher Pandemie kostet deutsche Wirtschaft bisher 350 Milliarden Euro

Die Pandemie hat zu großen wirtschaftlichen Schäden geführt. Denn Verbraucher konsumieren und Unternehmen investieren deutlich weniger. Das Institut der deutschen Wirtschaft schätzt den Ausfall auf 350 Milliarden Euro.
Nacht im Fenster: Viele Verbraucher halten sich mit Konsumausgaben seit Beginn der Pandemie zurück

Nacht im Fenster: Viele Verbraucher halten sich mit Konsumausgaben seit Beginn der Pandemie zurück

Foto: Patrick Lux/ picture-alliance/ dpa

Die bisher zwei Jahre währende Corona-Pandemie hat der deutschen Wirtschaft einer Studie zufolge rund 350 Milliarden Euro gekostet. Diese Summe sei an Wirtschaftsleistung verloren gegangen, teilte das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) am Sonntag mit. Im laufenden ersten Quartal könnten möglicherweise weitere 50 Milliarden Euro hinzukommen. Andere Experten befürchten dadurch sogar eine neue Rezession. "Die Erholung wird Jahre dauern", sagte IW-Ökonom Michael Grömling.

Dem Institut zufolge gaben die Deutschen in den vergangenen zwei Jahren 270 Milliarden Euro weniger für ihren Konsum aus, als dies ohne Pandemie der Fall gewesen wäre. Das entspreche rund 3000 Euro pro Kopf. Außerdem investierten Unternehmen rund 60 Milliarden Euro weniger. "Staatsausgaben und Exporte fingen die Wirtschaft im zweiten Jahr zumindest teilweise auf", erklärte das Institut. Gebremst haben im zweiten Corona-Jahr vor allem Probleme bei Lieferketten. Das Fehlen von Bauteilen mache besonders der Automobilindustrie zu schaffen. Die Produktionslücke in der gesamten Industrie sei dadurch auf siebeneinhalb Prozent gestiegen.

Die Forscher sehen aber mit dem Auftauchen der sich rasch ausbreitenden Omikron-Variante auch Licht am Ende des Tunnels. "Sollten wir in diesem Jahr in die endemische Phase eintreten, dürfte es wieder bergauf gehen", sagte Grömling. "In den nächsten Jahren braucht es ein kräftiges Wachstum, um die bislang aufgelaufenen Einbußen wieder wettzumachen."

Forscher schließen Rezession nicht aus und machen zugleich Hoffnung

Im laufenden ersten Quartal könnten die anhaltenden Corona-Einschränkungen Europas größte Volkswirtschaft aber in eine Rezession stürzen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach rechnet für Mitte Februar mit mindestens 400.000 Corona-Neuinfektionen pro Tag. "Wenn es zu sehr vielen Arbeitsausfällen kommt, ist das ein neuer Belastungsfaktor", sagte der Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Nils Jannsen, zu Reuters. "Eine Rezession wird dadurch wahrscheinlicher." Das sieht der Deutschland-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Stefan Schneider, ebenfalls so: "Wir werden eine technische Rezession sehen".

Bereits im vierten Quartal 2021 war die deutsche Wirtschaft nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes zwischen 0,5 und 1,0 Prozent geschrumpft. Folgt nun ein weiteres Minus-Quartal, würde Deutschland in einer sogenannten technischen Rezession stecken. Einen Absturz wie zu Beginn der Pandemie 2020 erwartet Schneider aber nicht. "Wir haben gelernt, damit zu leben", sagte der Experte, der von einem Minus beim Bruttoinlandsprodukt von etwa einem halben Prozent im laufenden Quartal ausgeht.

Regierung schraubt Wachstumserwartungen herunter

Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem schwächeren Wirtschaftswachstum in Deutschland. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Regierungskreisen erfuhr, erwartet die Regierung nun noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 3,6 Prozent. Die Vorgängerregierung war im Herbst noch von 4,1 Prozent Wachstum in diesem Jahr ausgegangen. Die Prognose ist Teil des Jahreswirtschaftsberichts, der am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden soll.

2021 legte die deutsche Wirtschaft mit 2,7 Prozent Wachstum nach dem Einbruch 2020 zwar wieder zu. Allerdings fiel der vom Statistischen Bundesamt anhand erster Zahlen vermeldete Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts geringer aus als lange erhofft.

rei/Reuters/DPA
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren