Virologe Drosten Mutation wohl schon in Deutschland angekommen

Christian Drosten: Der Virologe der Berliner Charité ist wegen der Mutation nicht übermäßig besorgt
Foto: Michael Kappeler/ DPADer Virologe Christian Drosten (48) geht davon aus, dass die in Großbritannien entdeckte Virusmutation bereits in Deutschland angekommen ist. Er sei deshalb aber nicht besorgt, sagt der Forscher von der Berliner Charite im Deutschlandfunk. Er wolle die Lage allerdings auch nicht verharmlosen und sei - wie alle anderen auch - in einer "etwas unklaren Informationslage". Ob die neue Virusvariante tatsächlich deutlich ansteckender sei, könne noch gar nicht bewertet werden. Dafür müssten Informationen aus Großbritannien in dieser Woche abgewartet werden. Drosten sagt, er erwarte nicht, dass die veränderte Virusart Impfungen weniger effektiv mache.
Fluggast aus Großbritannien mit Corona infiziert
Ein aus Großbritannien kommender Passagier, der am Flughafen Hannover gestrandet ist, ist positiv auf Corona getestet worden, wie die Bundespolizei mitteilt. In der Nacht zum Montag blieben 63 Passagiere im Transitbereich hängen. Ein Fluggast sei dann postwendend nach Großbritannien zurückgekehrt. Unklar war zunächst, ob sich der betroffene Passagier mit dem veränderten Virus infiziert hat, das deutlich ansteckender sein soll als andere Varianten. Wegen der Mutation haben Deutschland und viele andere EU-Länder Flüge aus Großbritannien verboten.
Auch am Berliner Flughafen BER hängen 77 Passagiere fest, die vor Mitternacht mit vier Maschinen aus Großbritannien gelandet sind, teilt die Bundespolizei mit. Die mehrheitlich polnischen Fluggäste konnten demnach bei der Einreise keinen negativen Test vorweisen und warten nun im Transitbereich auf einen Corona-Test. Die Personen hätten die Nacht auf Feldbetten verbracht und würden versorgt, sagt eine Sprecherin der Bundespolizei. Andere Passagiere mit deutscher Staatsbürgerschaft, einem Wohnsitz in Deutschland oder einem negativem Testergebnis durften einreisen.
Auch Hongkong und Norwegen erteilen Landeverbote
Hongkong verbietet als erste Stadt in Asien Flüge aus Großbritannien. Von Mitternacht (Ortszeit) an dürften keine Maschinen aus dem Vereinigten Königreich mehr landen, teilen die Behörden der chinesischen Sonderverwaltungszone mit. Nach etlichen anderen Ländern untersagt auch Norwegen Flüge aus Großbritannien wegen der dort aufgetretenen Variante des Coronavirus. Dies gelte ab sofort und für mindestens 48 Stunden, teilt das Gesundheitsministerium in Oslo mit.
16.643 Corona-Neuinfektionen in Deutschland
In Deutschland wurden nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) am Sonntag 16.643 weitere Menschen (Vortag: 22.771) positiv auf das Coronavirus getestet. Damit steigt die Gesamtzahl auf 1.510.652 Positiv-Tests. Weitere 226 (409) Menschen starben an oder mit dem Virus. Insgesamt sind nun 26.275 Todesfälle registriert. Die Zahlen fallen am Sonntag in der Regel niedriger aus, da nicht alle Daten an das RKI übermittelt werden. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 197,1 (192,2 ), Bund und Länder streben 50 an. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen positiv getestet wurden.
Interpol rechnet mit Verbrechenswelle rund um Impfkampagne
Interpol rechnet mit einer weltweiten Verbrechenswelle rund um die Impfkampagne. "Mit dem Ausrollen der Impfstoffe wird die Kriminalität dramatisch steigen", sagt der Generalsekretär der Internationalen Polizei-Organisation, Jürgen Stock (61), der "Wirtschaftswoche". "Wir werden Diebstähle und Lagereinbrüche sehen und Überfälle auf Impfstoff-Transporte." Vielerorts werde die Korruption grassieren. "Ein Virus breitet sich von Asien über alle Kontinente aus - und ihm folgt eine Kriminalitätswelle, sozusagen eine Parallel-Pandemie des Verbrechens."
Auch Polen setzt Flüge aus Großbritannien aus, 144.000 Neuinfektionen in USA
Auch Polen setzt wegen der in Großbritannien aufgetretenen Variante des Coronavirus die Flüge aus dem Vereinigten Königreich aus. Das gelte ab Montag um Mitternacht, teilt ein Sprecher der Regierung in Warschau mit. Unter anderem Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande und Belgien haben die Flüge aus Großbritannien bereits beschränkt. Auch Kanada verhängt wegen der neuen Variante des Coronavirus ein Verbot von Flügen aus Großbritannien. Der Schritt sei "für die Flugsicherheit und den Schutz der Öffentlichkeit notwendig", schreiben die zuständigen Behörden in einer Mitteilung an die Fluggesellschaften. Die Beschränkungen gelten nicht für Frachtflugzeuge.
In den USA ist die Zahl der nachgewiesenen Neuinfektionen unterdessen um mindestens 174.288 auf rund 17,78 Millionen gestiegen. Das ergibt eine Reuters-Erhebung auf Basis offizieller Daten. Die Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus legt demnach um mindestens 1514 auf 317.878 zu.
Mutation auch in Australien aufgetaucht
Der Bundesstaat New South Wales in Australien bestätigt, dass der sich schnell ausbreitende neue Coronavirus-Stamm aus Großbritannien bei einem Cluster im Norden Sydneys entdeckt wurde. Die Zahl der Fälle im Zusammenhang mit dem Ausbruch in der Region "Northern Beaches" steigt nach Angaben der Regierung in Australien auf 83.
Lauterbach: "Benzin ins Feuer"
Ein schnelles Vordringen der britischen Corona-Mutation nach Deutschland würde nach den Worten von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (57) eine Katastrophe auslösen. "Wenn es jetzt käme, wo wir mitten in der zweiten Welle sind, wo wir so hohe Fallzahlen haben, wäre das eine Katastrophe. Das ist so ähnlich, als wenn ich ein Feuer habe und gieße noch einmal Benzin nach", sagt er im Politik-Talk der Zeitung "Bild". Die Wahrscheinlichkeit, dass die neue, angeblich deutlich ansteckendere Corona-Variante über kurz oder lang nach Deutschland kommt, beziffert Lauterbach mit 100 Prozent. Dies sei "ein weiterer Grund, warum wir den harten Lockdown rigoros durchführen müssen", bis die Fallzahlen deutlich unter 50 oder besser unter 25 liegen. Dann könne man "selbst wenn die neue Mutation da ist, jedes neue Cluster sofort entdecken und beenden und kommt wieder vor die Welle".
Zulassung des Biontech-Impfstoffes in der EU naht
Die europäische Arzneimittelbehörde EMA wird am Montag ihre Entscheidung über eine Zulassung des Impfstoffs der Firmen Biontech und Pfizer in der EU fällen. Es wird allgemein mit einem positiven Entscheid gerechnet.