1,2 Prozent im Durchschnitt
Geringster Anstieg der Tariflöhne seit neun Jahren
Die Tarifverdienste in Deutschland sind wegen der Corona-Krise im dritten Quartal so gering gestiegen wie zuletzt im Frühjahr 2011. In vielen Branchen gab es keine Tariferhöhungen oder sie wurden verschoben.
Gießerei der Mecklenburger Metallguss GmbH: Für die Metall- und Elektroindustrie ist für das Jahr 2020 keine prozentuale Tariferhöhung vereinbart worden
Foto: DPABernd Wüstneck/dpa
Die Millionen Beschäftigten mit Tarifvertrag mussten sich im dritten Quartal mit dem geringsten Verdienstzuwachs seit rund neun Jahren begnügen. Die Tarifverdienste legten um durchschnittlich 1,2 Prozent zum Vorjahresquartal zu, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Dies war der kleinste Anstieg seit dem zweiten Quartal 2011 mit ebenfalls 1,2 Prozent. Die Beschäftigten kamen trotzdem auf einen realen Lohnzuwachs, da die Verbraucherpreise zugleich um 0,1 Prozent fielen. Berücksichtigt werden tarifliche Grundvergütungen und durch Tarifabschlüsse festgelegte Sonderzahlungen.
Unterdurchschnittlich stiegen die Tarifverdienste im Verarbeitenden Gewerbe mit 0,5 Prozent. "Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass für die Metall- und Elektroindustrie für das Jahr 2020 mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Krise infolge der Corona-Pandemie keine prozentuale Tariferhöhung vereinbart wurde", erklärte das Statistikamt. Im Bereich Grundstücks- und Wohnungswesen (plus 0,8 Prozent) und im Baugewerbe (plus 1,0 Prozent) wurde vereinbart, dass die Tariferhöhungen erst 2021 in Kraft treten. Die zusätzlichen Corona-Prämien werden erst im laufenden vierten Quartal ausgezahlt.
2,5 Prozent für die Öffentliche Verwaltung
Der unterdurchschnittliche Anstieg in den Bereichen Erziehung und Unterricht (plus 0,9 Prozent) und Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung (plus 1,0 Prozent) ist vor allem auf hohe Nachzahlungen infolge der verspätet wirksamen Erhöhung der Landesbesoldungen im Vorjahresquartal zurückzuführen. Ohne Sonderzahlungen lag der Anstieg in diesen Bereichen bei 3,2 Prozent (Erziehung und Unterricht) und 2,5 Prozent (Öffentliche Verwaltung). Unterdurchschnittliche Zuwächse gab es in der Wasserversorgung und Entsorgung (plus 1,0 Prozent) sowie bei freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistern (plus 1,1 Prozent).
Überdurchschnittlich entwickelten sich die Tarifverdienste in der Land- und Forstwirtschaft (plus 3,0 Prozent) sowie bei den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (plus 2,6 Prozent). Zu Letzteren gehört etwa die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften.
Der gestiegene Einsatz von Kurzarbeit aufgrund der Corona-Pandemie hat auf die Tarifverdienste keinen Einfluss, wie die Statistiker erläuterten. Gemessen wird die durchschnittliche Veränderung der durch Tarifabschlüsse vereinbarten Monats- und Stundenverdienste.
Gießerei der Mecklenburger Metallguss GmbH: Für die Metall- und Elektroindustrie ist für das Jahr 2020 keine prozentuale Tariferhöhung vereinbart worden