Sorge um Kapazität von Laboren
Gesundheitsminister wollen Testpflicht wieder abschaffen
Nach zwei Wochen steht die Corona-Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten schon wieder vor dem Aus. Die Gesundheitsminister finden die Tests zwar nützlich, wollen aber die knappen Laborkapazitäten schonen.
Teststation an der Autobahn A93 hinter der österreichisch-deutschen Grenze
Foto: Sven Hoppe / dpa
Pflichttests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten und kostenlose Corona-Tests für Urlauber aus anderen Regionen soll es nach dem Willen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern nach dem Ende der Sommerreisesaison nicht mehr geben. Entsprechende Vorschläge legten die Minister am Montag nach einer Schaltkonferenz vor.
Es habe eine hohe Übereinstimmung gegeben, dass richtigerweise im Sommer die Tests für Reisende ausgeweitet worden seien, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (40, CDU) nach dem Gespräch. Man sei sich aber gleichzeitig einig, dass mit Ende der Rückreisewelle die Kapazitäten wieder stärker im Bereich Pflege und Krankenhäuser genutzt werden sollten. Faktisch bedeutet das eine Umkehr.
Spahn hatte vorgeschlagen, dass statt Tests direkt nach der Einreise künftig wieder eine Quarantänepflicht greifen soll. Die Quarantäne könne "nur durch ein negatives Testergebnis bei einer Testung nach frühestens fünf Tagen nach Einreise beendet werden", heißt es in einem Konzept, das er den Gesundheitsministern der Länder für ihre Beratungen vorgelegt hatte. Nach deren Abstimmung müssen sich die Betroffenen wie bisher beim Gesundheitsamt melden und sich in Quarantäne begeben. Diese soll im Unterschied zur jetzigen Regelung aber erst dann verlassen werden dürfen, wenn mit einem frühestens fünf Tage nach der Einreise gemachten Test ein negatives Ergebnis vorgewiesen wird. Faktisch dürfte das die Dauer der Quarantäne für die betreffenden Reisenden also verlängern.
Hintergrund für den Schwenk in der Teststrategie ist die Sorge um die knappen Kapazitäten. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte am Montag, die Labore seien aktuell stark belastet, und es sei absehbar, dass das System dauerhaft an seine Grenzen stoße. "Klar ist auch, wenn wir wochenlang Volllast fahren in dem Bereich, werden wir Material- und Personalprobleme bekommen." Deshalb müsse man die Teststrategie entsprechend anpassen. Pro Woche werden dem Sprecher zufolge momentan rund 875 000 Corona-Tests gemacht. Die Labore hätten eine theoretische Kapazität von rund 1,2 Millionen.
Laborsystem droht an Material- und Personalgrenzen zu stoßen
Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (53) räumte beispielsweise ein, dass die Kapazitäten für Tests auf Covid-19 in Berlin an Grenzen stoßen. Sie seien durch die massiven Testungen der Reiserückkehrenden ausgeschöpft. "Wir sind jetzt bei 93 Prozent", sagte die SPD-Politikerin am Montagvormittag im Gesundheitsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Hinzu komme die Information durch die Labore, dass die Knappheit von Verbrauchsmaterialien die Testkapazitäten weiter einschränken werde.
Kalayci, derzeit Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, berichtete, Reiserückkehrer spielten bei den Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Berlin eine abnehmende Rolle. In den vergangenen Wochen habe der Anteil um 50 Prozent gelegen. "Auffällig ist, dass er auf 34 Prozent heruntergegangen ist." Als möglichen Grund nannte die Senatorin, dass die Schule wieder begonnen habe und die Familien inzwischen in die Stadt zurückgekommen seien. Trotzdem bleibe es wichtig, die Entwicklung zu beobachten: "Reisegeschehen gibt es immer noch."
Kalayci sagte, der Beschluss, die Testungen für Reiserückkehrer einzuführen, sei richtig gewesen. "Auf der einen Seite zeigen die Testungen an den beiden Flughäfen, am ZOB und Hauptbahnhof, dass ein Prozent ungefähr positiv sind. Man kann sagen, das ist eine sehr geringe Quote", so die Senatorin. "Auf der anderen Seite, wenn man einige zehntausend Testungen macht, dann geht es um einige hundert Positive, die so identifiziert werden. Ich glaube, das ist es tatsächlich wert."
Kritik an Gratistests für Urlauber
Seit Ende Juli können Urlauber sich kostenlos auf Corona testen lassen. Reisende, die aus einer zum Risikogebiet erklärten Region kommen, müssen das seit 8. August sogar tun, wenn sie keinen negativen Test vorweisen können. Auch das ist bisher kostenlos.
Allerdings könnte sich auch das ändern, wie etwa Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (55, SPD) erklärt. "Wenn das dauerhaft organisiert werden muss, dass Reiserückkehrer vor allen Dingen aus Risikogebieten getestet werden, muss man auch darüber reden, dass sie zumindest einen Beitrag leisten", sagte er.
Die Beratungen der Gesundheitsminister gehen der geplanten Videokonferenz von Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag voraus. Beschlüsse werden erst dann erwartet.