Arbeiten nach der Pandemie Grüne fordern Recht auf Homeoffice

Arbeiten in den eigenen vier Wänden: Glaubt man einer aktuellen Umfrage, hat die Mehrheit der Beschäftigten mittlerweile Gefallen am Homeoffice gefunden und würde auch nach der Pandemie mehrere Tage von zu Hause aus arbeiten wollen
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Vizekanzler Olaf Scholz (62, SPD) hat Forderungen aus der Wirtschaft eine Absage erteilt, die Homeoffice-Pflicht angesichts sinkender Corona-Infektionszahlen vorzeitig aufzuheben. "Das Virus ist noch nicht besiegt", sagte der SPD-Kanzlerkandidat der "Bild am Sonntag". "Deshalb halte ich es für absolut richtig, wie vereinbart die Pflicht zum Homeoffice beizubehalten." Nach derzeitigem Stand gilt die Homeoffice-Pflicht bis zum 30. Juni.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte unter Verweis auf die Impffortschritte in dieser Woche eine Aufhebung der Homeoffice-Pflicht sowie der Corona-Testpflicht in Betrieben gefordert. Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) forderte eine "sofortige Rückkehr zum Normalbetrieb". Scholz wies die Forderungen zurück und warnte vor Leichtsinn. Ähnlich sieht es die neue VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo (46). "Ich halte nichts davon, jetzt kurzfristig vor dem Sommerurlaub schon wieder alle ins Unternehmen zurückzuholen."
Grüne machen sich für Recht auf Homeoffice stark
Die Grünen fordern laut einem Bericht der Zeitungen der Funke Mediengruppe unterdessen die Umwandlung der Homeoffice-Pflicht in ein Recht auf Homeoffice. In einem von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt (55) vorgelegten Drei-Punkte-Plan zur Modernisierung der Arbeitswelt nach der Corona-Pandemie heißt es den Zeitungen zufolge: "Eine moderne Arbeitswelt sollte für geeignete Tätigkeiten ein Recht auf selbstbestimmtes, mobiles Arbeiten beinhalten, wobei die Inanspruchnahme jederzeit freiwillig und den Beschäftigten überlassen bleibt." Neben einem Recht auf Homeoffice sieht der Grünen-Vorschlag vor, Unternehmen bei der Digitalisierung zu helfen und die ländliche Infrastruktur zu stärken. Im Rahmen eines Modell-Projekts "Neues Leben auf dem Land" sollten laut dem Plan etwa gut ausgestattete und gut erreichbare Coworking-Spaces in Dörfern oder Regionalbahnhöfen geschaffen werden.
Vier von zehn Arbeitnehmern wollen großteils im Homeoffice arbeiten
Vier von fünf Arbeitnehmern wollen einer Umfrage zufolge künftig zumindest einen Teil ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen. In einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Erhebung des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens EY äußerten 81 Prozent aller Befragten, sie wollten in Zukunft nicht mehr an allen Wochentagen im Büro arbeiten. 38 Prozent bevorzugen demnach wöchentlich drei bis vier, 36 Prozent nur noch ein bis zwei Büroarbeitstage. 7 Prozent gaben an, ausschließlich von zu Hause arbeiten zu wollen. Umgekehrt wollen 19 Prozent der Befragten künftig nicht (mehr) aus dem Homeoffice arbeiten, wenn es nach ihnen geht.
Besonders groß ist der Wunsch nach flexibleren Modellen bei den 20- bis 30-Jährigen: In dieser Altersgruppe gaben 86 Prozent an, einen Teil ihrer Arbeitszeit künftig aus dem Homeoffice erledigen zu wollen. Weniger ausgeprägt ist dieses Bedürfnis bei den 31- bis 40-Jährigen (77 Prozent) sowie bei den 41- bis 50-Jährigen (78 Prozent). Ältere sowie jüngere Arbeitnehmer wurden nicht befragt.
Perspektivisch rechnet eine deutliche Mehrheit damit, dass die Frage, von wo Arbeit erledigt wird, in der Berufswelt schon bald keine entscheidende Rolle mehr spielt. 84 Prozent der Befragten stimmten der These zu, dass sie im Jahr 2030 vermutlich vollkommen ortsunabhängig arbeiten können. 78 Prozent glauben, dass sie in zehn Jahren ihre Arbeitszeit sogar vollkommen flexibel einteilen können. Dass es im Jahr 2030 gar keine Firmengebäude mehr gibt, kann sich rund die Hälfte der Befragten vorstellen.