Kanzler mit Erinnerungslücken Hamburger Cum-ex-Ausschuss will Olaf Scholz ein drittes Mal befragen

Zweimal berief sich Bundeskanzler Olaf Scholz im Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft zur Cum-ex-Affäre bereits auf Erinnerungslücken. Jetzt soll er dort noch ein drittes Mal erscheinen. Es geht um Äußerungen des Hamburger Ex-Bürgermeisters im Finanzausschuss des Bundestages.
Gedämpfte Freude: Olaf Scholz im August 2022 im Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft – demnächst soll er wieder dort erscheinen

Gedämpfte Freude: Olaf Scholz im August 2022 im Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft – demnächst soll er wieder dort erscheinen

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Christian Charisius / dpa

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zur "Cum-ex"-Affäre lädt 38 aktive und ehemalige Bundestagsabgeordnete als Zeugen – und erneut auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Entsprechende Beweisanträge wurden am Freitag vom Ausschuss einstimmig beschlossen.

Bei den Zeugen handelt es sich um Mitglieder des Finanzausschusses des Bundestages, die 2020 bei zwei Aussagen des damaligen Bundesfinanzministers und heutigen Bundeskanzlers in dem Gremium zugegen waren. Scholz soll bereits zum dritten Mal vor dem Ausschuss in Hamburg vernommen werden.

Treffen mit Warburg-Bankern 2016 und 2017

Bei der Zeugenvernehmung geht es um die Frage, ob er sich bei den Befragungen im Finanzausschuss des Bundestages 2020 noch an die Treffen mit den Gesellschaftern der in den "Cum-ex"-Skandal verwickelten Warburg Bank in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister 2016 und 2017 erinnern konnte. Im Hamburger Untersuchungsausschuss hatte er dies später verneint und sich auf Erinnerungslücken berufen.

Im Finanzausschuss des Bundestages dagegen gab Scholz offenbar mehr preis. Ein kurz zuvor enthülltes Treffen mit Warburg-Bankier Christian Olearius etwa stellte er als Bürgermeisteralltag dar, die Berichte darüber seien "heiße Luft", sagte er. Die Abgeordneten ließ er mit ihren Fragen zwar auflaufen, verwies bei Nachfragen auf das Steuergeheimnis.

"Keine eigene Erinnerung"?

Aber laut Protokoll hatte Scholz offenbar keineswegs überhaupt keine Erinnerung an das Treffen mit Olearius . "Alle, die ihn kennen würden, wüssten, dass er durchaus in der Lage sei, in einem Gespräch nicht erkennen zu lassen, welche Haltung er habe", wird Scholz darin in indirekter Rede zitiert. "So sei es auch bei diesem Gespräch gewesen. Er habe sich angehört, was Herr Olearius zu diesem und anderen Themen zu sagen gehabt hätte. Mehr sei darüber nicht zu berichten. (…)

Er könne für sich sagen, dass er sich immer korrekt verhalte. Das habe er auch in diesem Gespräch getan." Schließlich heißt es: "Bundesminister Scholz weist darauf hin, dass ihn das Steuergeheimnis daran hindere, über Einzelheiten Auskunft zu geben. Deswegen könne er über das bereits Gesagte nicht hinausgehen."

Im Hamburger Untersuchungsausschuss dagegen sagte Scholz wenige Monate später, er habe zu dem Treffen "keine eigene Erinnerung". Laut Beweisantrag soll die Befragung der Zeugen nun insbesondere zur Aufklärung beitragen, was Scholz im Finanzausschuss im Wortlaut gesagt hat. Zwar liegen dem Ausschuss Kurzprotokolle der Sitzungen vor, dabei handelt es sich aber nicht um Wortprotokolle.

Auf der Liste der Zeugen findet sich auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus, die 2020 noch als Finanzexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion bei den Ausführungen Scholz' im Finanzausschuss zugegen war. Später hatte sie ihm vorgeworfen, die Wahrheit nur scheibchenweise zuzugeben, und von "vermeintlichen Erinnerungslücken" gesprochen.

Wann und wie genau die Befragungen der Zeugen vonstattengehen wird, müssen jetzt die Obleute der Fraktionen im PUA klären. Angesichts der Vielzahl der Ladungen seien mehrere Sitzungen nötig, hieß es von CDU-Seite. Im Anschluss an die Finanzausschussteilnehmer solle dann Scholz in gesonderter Sitzung erneut aussagen.

cr/dpa

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