Kramp-Karrenbauer soll CDU-Generalsekretärin werden "Kleine Merkel" oder ein Signal für den Neuanfang?

Angela Merkel und die designierte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Saarländerin gilt als enge Vertraute Merkels und wird schon als ihre mögliche Nachfolgerin gehandelt
Foto: TOBIAS SCHWARZ/ AFPCDU-Chefin Angela Merkel erwartet von Annegret Kramp-Karrenbauer als künftiger Generalsekretärin neue inhaltliche Impulse für die Arbeit der Partei. Sie empfinde es als "ein großes Glück", dass die saarländische Ministerpräsidentin sich künftig dafür einsetzen wolle, die CDU zusammenzuhalten und den Mitgliedern auch "wieder mehr Heimat zu geben", sagte die Kanzlerin am Montag nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin.
Merkel verwies darauf, dass die CDU nach vielen Herausforderungen auch wieder "Eigenbesinnung" und Diskussionen brauche. Es gehe darum, die Partei in all ihren Wurzeln zu kräftigen, sagte Merkel. Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte eine umfassende Programmdebatte in der CDU an.
Die saarländische Ministerpräsidentin (55) tritt zwar nicht laut und dominant auf, gilt dafür aber als hartnäckig. Wenn Kramp-Karrenbauer etwas sage, habe dies meist Hand und Fuß, heißt es. Dieser Respekt in der Parteiführung dürfte nach Einschätzung aus Parteikreisen ein wichtiger Grund für die Nominierung der Saarländerin als CDU-Generalsekretärin sein.
Merkel will Sonntag mögliche Kabinettsmitglieder der CDU benennen
Merkel dankte dem scheidenden Generalsekretär Peter Tauber für seine Arbeit. Sie kündigte an, in einer Vorstandssitzung am kommenden Sonntag die künftigen Kabinettsmitglieder der CDU benennen zu wollen. Am Montag soll ein Sonderparteitag über den Koalitionsvertrag von Union und SPD abstimmen. Die Delegierten sollen auch Kramp-Karrenbauer zur Generalsekretärin wählen.
Merkel sagte, sie kenne Kramp-Karrenbauer seit langem. Man könne sich sehr aufeinander verlassen, auch wenn jeder seinen eigenen Kopf habe. Die Idee des Ämterwechsels stamme von Kramp-Karrenbauer selbst. "Mich hat diese Idee sehr berührt", sagte die CDU-Chefin. Es sei alles andere als selbstverständlich, dass eine erfolgreiche Ministerpräsidentin von einem Staats- in ein Parteiamt wechsle.
Kramp-Karrenbauer: 40 Prozent sind das Ziel
Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte eine umfassende Programmdebatte in der CDU an. "Die Programmdiskussion ist ein Angebot an alle Gruppierungen in der Partei", sagte die 55 Jahre alte Saarländerin. Die christlich-sozialen Wurzeln sollen dabei ebenso berücksichtigt werden wie die konservativen Wurzeln der Partei. Der Prozess soll "von der Basis an die Spitze" erfolgen. Das soll Grundlage sein für die Aufstellung der Partei für das nächste Jahrzehnt.
Die Demokratie brauche starke Volksparteien, sagte Kramp-Karrenbauer. Die CDU habe den Anspruch, eine "starke selbstbewusste Volkspartei der Mitte" zu sein. Die Partei müsse sich wieder mehr an 40 als an 30 Prozent bei Wahlen orientieren. Da könne man keinen in der Partei zurücklassen. Bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr schnitt die Union so schlecht ab wie seit 1949 nicht mehr.
Kramp-Karrenbauer kündigte ihren Rücktritt als Ministerpräsidentin des Saarlandes an. Ihren Wechsel nach Berlin begründete sie mit der instabilen politischen Lage. Deutschland befinde sich politisch in einer sehr schwierigen Phase. "Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht." Sie sei erst vor einem Jahr von den saarländischen Wählern wieder zur Ministerpräsidentin gewählt worden. Aber wenn man gefragt werde, müsse man bereit sein, Verantwortung zu tragen. Das Saarland sei gut aufgestellt.
Kramp-Karrenbauer soll gute Chancen auf Merkel-Nachfolge haben
Die Entscheidung Merkels für die Saarländerin gilt auch als wichtige Weichenstellung der Vorsitzenden für die Zukunft der CDU - Kramp-Karrenbauer werden in der Partei beste Chancen für eine Nachfolge der Kanzlerin im Parteivorsitz und womöglich auch im Regierungsamt gegeben.
Die Saarländerin, Spitzname "AKK", ist eine enge Vertraute Merkels und für einen sachlich-analytischen Politikstil und ihre unaufgeregte Art bekannt. Seit 2010 sitzt Kramp-Karrenbauer im CDU-Bundespräsidium. Die Entscheidung Merkels für Kramp-Karrenbauer wurde in der CDU auch als Zeichen an ihre parteiinternen Kritiker gewertet. Sie verlangen seit dem schlechten Abschneiden der Partei bei der Bundestagswahl im September 2017 eine personelle Erneuerung in Partei und Regierung.
FDP-Chef Lindner spricht von "Klein Merkel" und dem "doppelten Lottchen"
Einer der profiliertesten CDU-Politiker, der Gesundheitsexperte Jens Spahn, hofft, dass mit der künftigen Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer die Debatte über die künftige Ausrichtung der Partei in Gang kommt. "Wir als CDU stehen vor einem wichtigen Diskussionsprozess, auch über ein neues Grundsatzprogramm", sagte das CDU-Präsidiumsmitglied der "Welt". Es gehe um die Frage, wie die CDU als Volkspartei erfolgreich bleiben und wie sie in einer neuen "GroKo" Profil behalten könne. "Da ist es gut, dass mit Annegret Kramp-Karrenbauer eine erfahrene Ministerpräsidentin die Aufgabe des Generalsekretärs übernimmt", sagte er.
Die FDP dürfte die Nominierung mit gemischten Gefühlen sehen. Zwar bedauerte Kramp-Karrenbauer die gescheiterten Jamaika-Sondierungen auf Bundesebene mit Grünen und FDP. Aber am 6. Januar 2012 hatte sie die damalige Jamaika-Koalition an der Saar wegen interner Personalquerelen bei den Liberalen beendet. Sie verkündete den Rauswurf ausgerechnet am Tag des Dreikönigstreffen der Liberalen - und formte danach eine große Koalition mit der SPD.
Womöglich nimmt FDP-Parteichef Christian Lindner ihr das immer noch krumm. Schon fast giftig kommentierte er am Montag: "Neben der großen Merkel gibt es jetzt im Konrad-Adenauer-Haus noch die kleine Merkel, die exakt dasselbe vertritt." Und: Mit dem "doppelten Lottchen" sei ein "Weiter so" verbunden.