Plan für Grundgesetzänderung Bundesregierung will Autobahnen privatisieren

Die Pläne der Bundesregierung, das Autobahnnetz zu privatisieren, werden konkreter. An einer Betreibergesellschaft könnten Versicherungskonzerne beteiligt werden. Bezahlen wird es am Ende voraussichtlich der Autofahrer - statt über Steuern dann per Maut.
Autobahndreieck Nuthetal nahe Michendorf in (Brandenburg)

Autobahndreieck Nuthetal nahe Michendorf in (Brandenburg)

Foto: Ralf Hirschberger/ picture alliance / dpa

Wer in Deutschland mit seinem Auto auf Fernstraßen unterwegs ist, kann sich in der Regel auf zwei Dinge verlassen: Er muss keine Maut bezahlen. Und der Staat kümmert sich um den Zustand der Autobahnen. Beides könnte sich schon bald ändern. Denn die Bundesregierung will das gesamte Autobahnnetz privatisieren. Die Pläne dafür nehmen nach SPIEGEL-Informationen konkrete Formen an. (Diese Meldung stammt aus unserem Schwester-Magazin SPIEGEL. Den neuen SPIEGEL finden Sie hier.)

Im Haushaltsausschuss des Bundestags warb Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in dieser Woche für die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft, die Finanzierung, Bau und Betrieb der deutschen Autobahnen übernehmen soll. Schäuble will an dem Unternehmen private Investoren beteiligen. Die Privatisierungen der Telekom und der Post in den Neunzigerjahren hätten gezeigt, dass dieser Weg vorteilhaft wäre. Die Mehrheit der neuen Gesellschaft müsse aber beim Bund verbleiben.

Schäubles Pläne können nur per Grundgesetzänderung realisiert werden. Einen entsprechenden Entwurf ("streng vertraulich, Stand: 19.10.2016") hat die Bundesregierung erarbeitet. Er soll Artikel 90 des Grundgesetzes so ändern, dass der Bund künftig allein die Autobahnen verwaltet, nicht wie bisher gemeinsam mit den Ländern.

Die Reform sieht die Option vor, bis zu 49,9 Prozent der Gesellschaft an private Investoren zu veräußern. Das käme der Banken- und Versicherungsbranche entgegen, die einen besseren Zugang zu Infrastrukturprojekten fordert und neue Investitionsobjekte für ihre Kundengelder sucht. Wegen der niedrigen Zinsen auf Staatsanleihen suchen die Finanzinstitute wie Allianz, Axa und andere händeringend alternative, langfristige Anlageformen. Sie versprechen Milliardeninvestitionen in das Autobahnnetz und erwarten im Gegenzug stabile Renditen.

Bezahlen sollen das am Ende auch die Nutzer der Infrastruktur. Die Autobahngesellschaft soll sich aus Einnahmen der Lkw-Maut finanzieren. Dann könnte auch die lange tot geglaubte Pkw-Maut eine wichtige Rolle spielen. Fernstraßen müsse man irgendwann "stärker nutzerorientiert finanzieren", sagte Schäuble im Frühjahr auf einer Tagung der Bauindustrie. In internen Runden wird jetzt konkret über die Einbeziehung der Straßengebühr diskutiert.

Der Frankfurter Verfassungsrechtler Georg Hermes hält die Pläne des Bundes für eine "schleichende Privatisierung" des Fernstraßennetzes. "Schäuble will Banken und Versicherungen ein Milliardengeschenk machen", sagt der haushaltspolitische

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Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler. Am 8. Dezember soll die Reform ins Kabinett eingebracht werden. Derzeit verhandelt das Bundeskanzleramt über Details mit den Chefs der Staatskanzleien, da die Bundesländer ebenfalls zustimmen müssen.

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