Aufsichtsräte
Deutschland gegen EU-Plan für Frauenquote
Die Bundesregierung will den Vorstoß der EU-Kommission für eine europäische Frauenquote in Aufsichtsräten stoppen - und das mit harten Bandagen. Jetzt hat die Koalition ihre Diplomaten in Brüssel angewiesen, eine Sperrminoritöt gegen die Initiative zu organisieren.
Ohne deutsche Unterstützung wohl auf verlorenem Posten: EU-Kommissarin Viviane Reding will dennoch weiter für die Frauenquote kämpfen
Foto: Yves Logghe/ ASSOCIATED PRESS
Berlin- Die Bundesregierung will die von der EU geplante Frauenquote in Aufsichtsräten von Unternehmen stoppen. Außenminister Guido Westerwelle und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen kündigten am Mittwoch in Berlin an, dass sich die Regierung in Brüssel massiv gegen die Richtlinie wehren werde. Und das mit harten Bandagen.
Die deutsche Regierung hat ihre Vertretung in Brüssel angewiesen, unter den EU-Ländern eine Sperrminorität gegen die Initiative zu organisieren, wie EU-Diplomaten am Mittwoch bestätigen.
"Es ist nicht Aufgabe von Brüssel, den Mitgliedstaaten hier etwa vorzuschreiben, wie private Unternehmen im Mittelstand ihre Führungsgremien zu besetzten hätten", sagte Westerwelle. Kritik an der Haltung des Bundes kam von EU-Kommissarin Viviane Reding, der Opposition sowie der FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin.
Westerwelle sagte, die deutschen Diplomaten seien angewiesen worden, gegen die Initiative vorzugehen. Diese verstoße gegen den Gedanken der Subsidiarität, wonach die Staaten in dieser Frage zunächst selbst zuständig seien. Einwirkungen Brüssels in nationale Fragen, die hierzulande maßgeschneiderter geregelt werden könnten, schadeten dem europäischen Gedanken, warnte der FDP-Politiker.
Klares Nein zur Quote
Von der Leyen hatte gegen das Nein der Regierung zur EU-Frauenquote in den internen Beratungen einen Vorbehalt eingereicht, zog diesen nach Angaben aus Regierungskreisen auf Intervention des Kanzleramts aber zurück. Die CDU-Politikerin betonte aber, sie vertrete weiter eine andere Auffassung. "Da ich die Minderheitenposition vertrete, ist klar, dass sich die Mehrheitsposition durchsetzt." Aus ihrer Sicht seien Frauenquoten in Konzernen aber notwendig. Ein Sprecher von Familienministerin Kristina Schröder zeigte sich dagegen zuversichtlich, dass die Zuständigkeit für das "Thema mehr Frauen in Führungspositionen" nun bei den EU-Mitgliedstaaten verbleiben werde.
EU-Justizkommissarin Reding wies die Kritik an ihren Plänen zurück. Es gehe darum, "ein transparentes Verfahren für die Auswahl von Talenten für Aufsichtsräte festzuschreiben, und nicht eine starre Quote", sagte sie der "Berliner Zeitung" laut Vorabbericht. Keine Frau werde Mitglied eines Aufsichtsrats, nur weil sie eine Frau sei. "Aber es wird ihr auch nicht der Aufstieg in die Spitze verwehrt, nur weil sie eine Frau ist."
Während von der FDP das Veto der Regierung unterstützt wurde, ging die liberale Europaparlamentarierin Koch-Mehrin auf Distanz. Das Nein zur Quote sei "wirtschaftspolitisch falsch", sagte sie. Die Frauenquote werde benötigt, um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. "Die Ablehnung der EU-Initiative vor Beginn der Verhandlungen zu Quoten für Aufsichtsräte ist unsinnig, das Ergebnis ist noch gar nicht bekannt." Ein solches Signal kurz vor dem Internationalen Frauentag zeuge von einer "gewissen Ignoranz im Hinblick auf Gleichberechtigung".
Ähnlich äußerte sich die Grünen-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt. Die EU sende Modernisierungssignale und von der Leyen stecke "den Kopf in den Sand", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" von Donnerstag. Redings Plänen zufolge sollen die von Männern dominierten Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen binnen sieben Jahren Platz machen für Kolleginnen. Ab 2020 sollen 40 Prozent der Sitze mit Frauen besetzt sein. Das wäre mehr als eine Verdoppelung: Bislang liegt ihr Anteil unter 15 Prozent.
Ohne deutsche Unterstützung kann der Plan aber nicht zur europäischen Vorgabe werden. Mitgliedstaaten und Parlament müssen zustimmen, bevor er Gesetz werden kann.