Paukenschlag des obersten deutschen Finanzgerichts: Die steuerliche Verschonung bei der Erbschaft von Betriebsvermögen verstößt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) gegen das Grundgesetz. Jetzt soll das Bundesverfassungsgericht die Sache klären - wieder einmal.
Streitfall Erbschaftssteuer: Neuer Prüfauftrag für das Bundesverfassungsgericht
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München/Karlsruhe/Berlin - Die Erbschaftsteuerreform des ehemaligen SPD-Finanzministers und jetzigen Kanzlerkandidaten, Peer Steinbrück, landet erneut vor dem Bundesverfassungsgericht. Deren Richter sollen prüfen, ob die von Steinbrück eingeführte steuerliche Verschonung bei der Erbschaft von Betriebsvermögen gegen das Grundgesetz verstößt. Genau dieser Meinung ist der Bundesfinanzhof (BFH) - der deshalb jetzt die Verfassungsrichter entscheiden lassen will (Aktenzeichen: BFH II R 9/11).
Der Grund: Die seit Januar 2009 geltende Regelung im Erbschaftssteuergesetz stelle eine "verfassungswidrige Überprivilegierung" dar, heißt es in dem am Mittwoch in München veröffentlichten Beschluss. Damit werde das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes verletzt.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, daraufhin forderte die Bundesregierung auf, die Erbschaftsteuer "wieder verfassungskonform zu machen". Er verlangte von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) "einen umgehenden Vorschlag" für eine Novellierung des Erbschaftsteuerrechts.
NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sagte: "Jetzt muss sich auch die Bundesregierung bewegen und Schlupflöcher schließen - etwa wenn Reiche ihr Privatvermögen in einer Firma verstecken und sich damit ungerechte Steuervorteile verschaffen."
Die Grünen reicht das nicht. "Wir fordern eine gerechte Erbschaftssteuer, die auch millionenhohe Erbschaften und Schenkungen umfasst, unabhängig von der Rechtsform, in der das Vermögen steckt", sagte Paus. Die Schlupflöcher seien "so groß, dass dem jährlich vererbten Vermögen von über 230 Milliarden Euro weniger als fünf Milliarden Euro Steuereinnahmen entgegen stehen". Das müsse sich ändern.
Nach Ansicht von FDP-Fraktionsvize Volker Wissing zeigt das BFH-Urteil, dass auch eine Vermögenssteuer verfassungswidrig wäre. Der Beschluss des Bundesfinanzhofs sei nicht nur "eine Ohrfeige" für den ehemaligen SPD-Finanzminister und derzeitigen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, der das Gesetz mit zu verantworten habe. Es sei auch "eine kalte Dusche für die Anhänger der Vermögenssteuer bei SPD und Grünen". Deren Behauptung, man könne Betriebsvermögen ganz einfach schonen, sei wieder einmal widerlegt worden.