Altersarmut Parteien ringen um Rentenkompromiss

Peer Steinbrück: Der SPD-Kanzlerkandidat hadert mit Antworten auf die drohende Altersarmut ebenso wie die Bundesregierung
Foto: dapdBerlin - Im Streit um den richtigen Weg zur Bekämpfung drohender Altersarmut ist die Regierungskoalition zerstritten. Das Konzept der Zuschussrente von Arbeitsministerin von der Leyen hat sich nicht durchsetzen können. Jetzt hat eine Gruppe von Koalitionsabgeordneten ein Gegenkonzept vorgelegt.
Ziel der Initiative sei es, die betriebliche und private Altersvorsorge auch für Geringverdiener deutlich attraktiver zu machen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf ein ihr vorliegendes Positionspapier der 14 Abgeordneten von Union und FDP.
Bisher ist es bei Rentnern auf Sozialhilfeniveau so, dass jeder noch so kleine Zusatzanspruch etwa aus einer privaten Riester-Rente mit der Grundsicherung von durchschnittlich 688 Euro verrechnet wird. Nach Vorstellung der Abgeordneten sollen sie aus ihrer privaten und betrieblichen Altersvorsorge künftig mindestens 100 Euro anrechnungsfrei erhalten können. Damit würde es für Geringverdiener attraktiver, sich um eine zusätzliche Altersvorsorge zu bemühen.
Dagegen sieht das Zuschussrenten-Modell von Ministerin von der Leyen vor, für langjährige Beitragszahler die Grundsicherung auf maximal 850 Euro aufzustocken, wenn sie privat vorgesorgt haben. Finanziert werden soll dies aus Beitragsgeldern und Steuern.
Das Konzept war auch deshalb so stark unter Beschuss geraten, weil damit in der gesetzlichen Rentenversicherung das Äquivalenzprinzip von Beitrag und Leistung weiter ausgehöhlt worden wäre.
Der Mitautor des neuen Papiers, der Freidemokrat Johannes Vogel, sieht nun die Möglichkeit, den Koalitionsstreit beizulegen. "Wer auch nur einen Euro privat vorgesorgt hat, muss mehr bekommen als die Grundsicherung. Darauf sollte sich die Koalition schnell einigen können." Nach Worten des Christdemokraten Jens Spahn fügt sich der Vorschlag sehr gut in die geltende Systematik ein.
Ein Kernproblem bleibt - Auch Steinbrück tut sich schwer
Ob damit drohende Altersarmut effektiv bekämpft wird, wird strittig bleiben. Denn viele Geringverdiener oder auch alleinerziehende Elternteile sind heute nicht in der Lage, ausreichend Geld zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge zur Seite zu legen.
Weite Teile der SPD und auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück votieren daher im Kampf gegen die Altersarmut für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, der diesen Namen auch verdient habe. Entscheidend sei, Erwerbsarmut zu bekämpfen, damit es erst gar nicht zu Altersarmut komme.
Der frühere Bundesfinanzminister verteidigte die schrittweise Einführung der Rente mit 67 gegen die Kritik von Parteilinken und Gewerkschaftern: "Wir werden dem demografischen Druck nicht entgehen können. Und zur Sicherung der finanziellen Grundlagen der Sozialversicherungssysteme brauchen wir solche Anpassungen", sagte er am Montagabend in der ARD.
Rente mit 67, aber ...
Zugleich stellte Steinbrück Übergangsregeln in Aussicht: So gelte es etwa bei einer Neugestaltung der Erwerbsminderungsrente "Brücken" für jene zu bauen, "die kaputte Knochen haben oder auch sonst ausgebrannt sind und diese 67 nicht erreichen können."
Bei einem zentralen Streitpunkt, der gesetzlich festgeschriebenen Senkung des Rentenniveaus von jetzt knapp 51 Prozent auf 43 Prozent signalisiert der Kanzlerkandidat Entgegenkommen. Die 43 Prozent seien "nie eine Zielmarke" gewesen. Sie seien "aus sich der SPD so gemeint, dass es dahin nicht kommen soll". An einer Lösung werde nun gearbeitet. Eine Änderung des Rentenniveaus müsse bezahlbar sein für Beitrags- und Steuerzahler - auch mit der SPD in einer möglichen Regierungsverantwortung.
Die SPD-Spitze trifft sich heute mit dem DGB-Bundesvorstand, um die politischen Schwerpunkte vor der Bundestagswahl 2013 zu erörtern. Die Rente dürfte dabei ein Konfliktthema sein. Parteilinke und Gewerkschafter machen sich dafür stark die beschlossene Senkung des Rentenniveaus zurückzudrehen - die zuständige SPD-Arbeitsgruppe um Parteichef Sigmar Gabriel will das jedoch nicht.