Vor NRW-Wahl FDP rutscht bundesweit unter fünf Prozent

FDP-Spitzenkandidat Lindner: "Glaube nicht an die Umfrage"
Foto: WOLFGANG RATTAY/ REUTERSBerlin/Düsseldorf - Im aktuellen Sonntagstrend, den das Meinungsforschungsinstitut Emnid wöchentlich im Auftrag der "Bild am Sonntag" erhebt, verliert die FPD im Vergleich zur Vorwoche 1 Prozentpunkt und kommt damit nur noch auf 4 Prozent. Damit wäre die FDP im nächsten Bundestag nicht mehr vertreten.
Unverändert sind die Werte für Union (34 Prozent), SPD (27 Prozent), Grüne (13 Prozent), Piraten (11 Prozent) und Linkspartei (7 Prozent). Die sonstigen Parteien landen bei 4 Prozent (plus 1 Prozentpunkt). Bei der Landtagswahl am vergangenen Sonntag in Schleswig-Holstein kam die FDP nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf 8,2 Prozent.
FDP-Generalsekretär Patrick Döring wies Mutmaßungen zurück, wonach der angeschlagene FDP-Vorsitzende Philipp Rösler nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am Sonntag von seinem Amt zurücktreten könnte. "Ich halte das für völlig abwegig, es gibt dafür keinen Grund", sagte Döring. Mit seiner "breit angelegten Wachstumsoffensive" gebe Rösler der deutschen Wirtschaft wie auch der Partei "eine Erfolgsgrundlage, die langfristig wirkt".
Hintergrund ist die anhaltende Führungsdebatte in der FDP. Dem Vernehmen nach fordern führende Liberale weiterhin einen Wechsel an der Parteispitze. Als Rösler-Nachfolger ist Fraktionschef Rainer Brüderle im Gespräch.
Lindner: "Liberales Leuchtfeuer"
Auch bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am Sonntag müssen die Liberalen um den Einzug bangen. FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner zeigte sich dennoch optimistisch: "Für die FDP werden am Sonntag keine Grablichter aufgestellt, am Sonntag gibt es ein liberales Leuchtfeuer", sagte er. "Ich glaube nicht an die Umfrage, ich glaube an die Wähler".
Einer Ampelkoalition erteilte Lindner eine Absage. "Parteien, die nicht Schluss machen wollen mit der Verschuldung, die kommen für uns als Partner nicht infrage", sagte er. Lindner kritisierte aber auch die CDU. "Wir sind die bürgerliche Alternative", sagte er. Es sei eine "Panikreaktion", wenn CDU-Politiker den Liberalen unterstellten, eine Ampelkoalition eingehen zu wollen.
Zur Unterstützung von FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner kamen am Samstag auch Parteichef Rösler und Außenminister Guido Westerwelle nach Düsseldorf. Lindner sprach sich erneut für Sparsamkeit des Staates aus: "Nicht die Einnahmen des Staates sind zu niedrig, sondern die Erwartungen an den Staat sind zu hoch", sagte er bei der Abschlusskundgebung.
Bei der Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland tritt die SPD nach knapp zwei Jahren rot-grüner Minderheitsregierung als Favorit an. SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kämpft um eine stabile rot-grüne Mehrheit. Nach den Umfragen scheint diese möglich. Am Samstag schlossen die Parteien den Wahlkampf ab.
Signalwirkung für Bundestagswahl
Wegen der gut 13,2 Millionen Wahlberechtigten gilt der Urnengang in NRW auch als kleine Bundestagswahl. Entsprechend aufmerksam wird der Ausgang in Berlin mit Blick auf das Bundestagswahljahr 2013 verfolgt. Die Wahl könnte Auswirkungen auf die schwarz-gelbe Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) haben. Vor allem die Zukunft der seit langem kriselnden FDP steht im Mittelpunkt.
Nach den Umfragen scheint ein Fünf-Parteien-Parlament aus SPD, CDU, Grünen, FDP und Piratenpartei wahrscheinlich. Die Aussichten der Linken, den Wiedereinzug zu schaffen, sehen dagegen schlecht aus. Keine Partei hat in dem knapp zweimonatigen NRW-Wahlkampf bestimmte Bündnisse kategorisch ausgeschlossen. Im Endspurt warben die Parteien bis zuletzt mit geballter Politprominenz um die Gunst der Wähler.
Der CDU-Spitzenkandidat, Bundesumweltminister Norbert Röttgen, hatte am Freitagabend die NRW-Wahl erneut mit der Politik von Kanzlerin Merkel verknüpft. Im Beisein der Regierungschefin sagte er in Düsseldorf: "Der Wahlsonntag dient auch dazu, dass unsere Bundeskanzlerin für ihre nationale Politik, für ihre europäische Politik (...) volle Unterstützung aus Düsseldorf bekommt anstatt immer nur Gegenwind und Knüppel zwischen die Beine."
Röttgen war in den vergangenen Tagen aus der eigenen Partei gemahnt worden, eine mögliche Wahlniederlage nicht mit Merkel zu verknüpfen. Merkel rief die Zuhörer in Düsseldorf auf, am Sonntag zur Wahl zu gehen. "Nordrhein-Westfalen muss stärker werden", sagte sie. Röttgen hat bis zuletzt offen gelassen, ob er bei einer Niederlage als Oppositionsführer nach Düsseldorf kommt.
Piraten offenbar sicher im Landtag
SPD-Chef Sigmar Gabriel hob beim Finale in Bochum die Verdienste von Ministerpräsidentin Kraft hervor. Mit ihrer Wahl zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden 2009 habe der Aufstieg der Sozialdemokratie begonnen. Seitdem habe die SPD in vielen Bundesländern Erfolge gefeiert. "Das wollen wir fortsetzen."
Für die Piraten mit ihrem Spitzenkandidaten Joachim Paul scheint der Einzug in das vierte Landesparlament nach Berlin, Saarland und Schleswig-Holstein nahezu sicher. Die Grünen hoffen auf ein ähnliches Ergebnis wie 2010 (12,1 Prozent) - und dass sie mit Schulministerin Sylvia Löhrmann wieder die Vize-Regierungschefin stellen können.
Die Umfagen sehen die SPD bei 37 bis 38 Prozent und die CDU klar abgeschlagen bei 30 bis 31 Prozent. Die Grünen liegen bei 11, die Piraten bei 8 und die FDP bei 6 Prozent. Die Linke würde mit 3 Prozent die Rückkehr in den Landtag verpassen. Damit hätte Rot-Grün eine klare Mehrheit.
Um die mindestens 181 Sitze im NRW-Landtag bewerben sich 1085 Kandidaten. 17 Parteien treten mit Landeslisten an.