Affäre um Bundespräsidenten Wulff verschwieg weitere Geerkens-Verbindung

Gegen Bundespräsident Christian Wulff gibt es N neue Vorwürfe wegen einer angeblich verschwiegenen Geschäftsverbindung
Foto: Wolfgang Kumm/ dpaBerlin - Nach Recherchen von tagesschau.de hatte Wulff offenbar weitergehende geschäftliche Beziehungen zu dem Unternehmer Egon Geerkens als bislang eingeräumt. Danach war Geerkens Mandant und Vermieter der Räume einer Rechtsanwaltskanzlei, für die der frühere niedersächsische Ministerpräsident über Jahre tätig war. Der Bundespräsident bestreitet die Vorwürfe. Wulffs Anwalt Gernot Lehr war am Montag telefonisch nicht für eine dapd-Nachfrage zu erreichen.
Dem Bericht zufolge war Wulff über mehr als 15 Jahre in der Kanzlei tätig. Dies belegten zahlreiche Anwaltsschreiben, auf denen Wulff im Briefkopf geführt wurde. Noch im Oktober 2004 vertrat die Kanzlei Geerkens. Zudem war der Unternehmer bis 2007 Vermieter der Kanzleiräume. Im niedersächsischen Landtag hatte Wulff 2010 eine Frage nach geschäftlichen Beziehungen zu Geerkens verneint.
Nahles vergleicht Wulff mit Pinocchio
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat Bundespräsident Christian Wulff indirekt der Lüge bezichtigt. Mit Blick auf neue Berichte über Wulffs Beziehungen zu dem niedersächsischen Unternehmer Egon Geerkens sagte Nahles am Dienstag im Sender N24: "Wir haben jetzt doch einen Pinocchio offensichtlich im Bundespräsidialamt." Sie halte Wulffs Verhalten für "peinlich". Sie habe den Eindruck, dass der Bundespräsident angesichts der scharfen Kritik an ihm "wohl offensichtlich Wachs in den Ohren hat". Zu befürchten sei, "dass das kein Ende nimmt, dass es immer weiter geht".
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, hat mit scharfer Kritik an Wulff auf die neuen Berichte über dessen Beziehungen zu Geerkens reagiert. "Es wird immer offensichtlicher, dass Wulff nicht nur die halbe Wahrheit gesagt hat, sondern den Landtag nach strich und Faden hinters Licht geführt hat", sagte Wenzel der "Frankfurter Rundschau".
Wulffs Verbindung mit Geerkens über die Rechtsanwaltskanzlei zeige "eine weitere geschäftliche Beziehung, die dem Landtag verschwiegen wurde", kritisierte Wenzel. Er hoffe, dass nun auch CDU-Abgeordnete erkennen, dass es mit Wulff so nicht weitergehe.
Kritik an Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft Stuttgart
Als "vordemokratische Ehrfurcht vor dem Staatsoberhaupt" kritisiert der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim die Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft im Fall Wulff. "Während sie gegen den früheren Sprecher Olaf Glaeseker ermittelt, wird der Verdacht gegen den Bundespräsidenten in Abrede gestellt. Das ist sehr merkwürdig", sagte der Professor an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer der "Passauer Neuen Presse".
"Beim Bundespräsidenten liegt nach allem, was man weiß, mindestens der Anfangsverdacht einer strafbaren Vorteilsannahme vor. Da wundert es schon, dass die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen aufnimmt", sagte Arnim. Nach seiner Ansicht müssten die Ermittler die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten durch den Bundestag beantragen.
Allerdings könne niemand Wulff zwingen, sein Amt aufzugeben. Ein Problem dabei sei, dass er ohne materielle Absicherung dastünde, wenn er jetzt zurücktreten wurde, sagte Arnim. "Nach dem Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten stünde ihm der Ehrensold in Höhe seiner Amtsbezüge nicht zu." Für einen Rücktritt aus persönlichen Gründen sei kein Anspruch auf Ehrensold vorgesehen. Auf die Pensionsansprüche aus seiner Tätigkeit als Ministerpräsident müsste Wulff noch bis zu seinem 60. Lebensjahr warten.
Beschwerde gegen Staatsanwaltschaft Stuttgart wird geprüft
Der BW-Bank-Kredit an den Bundespräsidenten für den Kauf eines Wohnhauses beschäftigt nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" nun auch die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart. Es seien zwei Beschwerden gegen den Beschluss der Staatsanwaltschaft Stuttgart eingegangen, kein Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Bank und den Bundespräsidenten wegen des Verdachts der Untreue oder der Vorteilsannahme einzuleiten, sagte Staatsanwältin Claudia Krauth der Zeitung. Die Generalstaatsanwaltschaft müsse nun innerhalb von vier Wochen prüfen, ob die Beschwerden begründet seien.