NEUSEELAND Das Kiwi-Modell steckt in der Krise
Jahrelang galt Neuseeland als Modellstaat in Sachen Marktwirtschaft. Kein anderes Industrieland schien jemals so konsequent und erfolgreich dereguliert worden zu sein. Politiker aus aller Welt pilgerten auf die Pazifik-Insel, um das Wunder zu bestaunen.
Doch der Glanz beginnt zu verblassen. Der Musterstaat kränkelt. Anfang Juni ließ die Ratingagentur Moody's durchblicken, sie werde Neuseelands Kreditwürdigkeit herabstufen. Der Konjunkturexperte der Deutschen Bank in Auckland sieht ein "nicht unerhebliches Risiko", daß die Wirtschaft in die Rezession abrutscht. Bestenfalls erwartet er für 1998 ein Wachstum von 1,7 Prozent. Der langfristige Trend liegt bei über 3 Prozent.
Der Grund für das Formtief: Die Investitionen sind rückläufig, die Arbeitslosigkeit, 1996 bei 6 Prozent, steigt in diesem Jahr auf 8 Prozent, die Kauflaune hat sich dramatisch verschlechtert. Von der Exportnachfrage gehen keine Impulse aus. Zwar hat Neuseelands Währung gegenüber dem US-Dollar seit Anfang 1997 rund 30 Prozent an Wert verloren. Doch die Absatzflaute in Fernost - 37 Prozent der Ausfuhren gehen dorthin - macht diesen Wettbewerbsvorteil zunichte. Der Leistungsbilanzsaldo ist tief ins Minus gerutscht. Aus Angst, eine erneute Abwertung könne die Inflation anheizen, hält die Notenbank die Zinsen hoch. Damit hemmt sie die flaue Investitions- und Konsumnachfrage allerdings zusätzlich.