Heiner Thorborg

Streik Die unerträgliche Attitüde der Lufthansa-Piloten

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Von Heiner Thorborg
Piloten der Lufthansa gehören zu den Topverdienern - und wollen dennoch mit ihrem Streik hart arbeitende Menschen ausbremsen. Den "Herren der Lüfte" sind ihre alten Privilegien zu Kopf gestiegen.
Streik: Die Ahs und Ohs der Verehrung sind den meist männlichen Piloten der Lufthansa wohl zu Kopf gestiegen

Streik: Die Ahs und Ohs der Verehrung sind den meist männlichen Piloten der Lufthansa wohl zu Kopf gestiegen

Foto: Boris Roessler/ dpa
Heiner Thorborg
Foto: Manuel Fischer

Heiner Thorborg gehört zu den profiliertesten Personalberatern in Deutschland. Nach zehn Jahren als Partner bei Egon Zehnder Int. gründete er die Heiner Thorborg GmbH & Co. KG, die Heiner Thorborg & Co. (Zürich) sowie die Initiative "Generation CEO".

Viele Professionen, in denen gut ausgebildete, verantwortliche und intelligente Leute arbeiten, haben einen schlechten Ruf. Doch während sich Banker als "Bangster", Anwälte als "Rechtsverdreher" und Ärzte als "Götter in Weiß" bezeichnen lassen müssen, galten Flugkapitäne bislang als Inbegriff der Tugend.

Tatsächlich lässt sich immer wieder beobachten, wie sich die Masse wartender Fluggäste ehrerbietig teilt, sobald Piloten am Gate erscheinen. Wenn die Kapitänsmützen der Lufthansa  auftauchen, geht manchmal gar ein leises "Ahhh" der Bewunderung durch die Menge.

Nicht nur diese Ahs und Ohs der Verehrung sind den zumeist männlichen Piloten der Lufthansa ganz offensichtlich zu Kopf gestiegen, sondern auch ihre Privilegien.

Kranichpiloten gehören mit Spitzengehältern von teilweise mehr als 250.000 Euro im Jahr zu den Top-Verdienern im Konzern. Obwohl sie nur zwölf Prozent der Kernbelegschaft ausmachen, stehen sie für rund ein Drittel der Personalkosten und für 40 Prozent der Versorgungsansprüche, können sie doch bereits mit 55 Jahren in Pension gehen.

Am Sparprogramm haben die Herren der Lüfte nicht teilgenommen

Am Sparprogramm Score, mit dem das Unternehmen gerade versucht, sich der wachsenden Konkurrenz durch Billigflieger und Golf-Airlines wie Emirates oder Etihad zu erwehren, haben die Herren der Lüfte bislang nicht teilgenommen. Trotzdem wollen sie nun deutlich mehr Gehalt und drohen immer wieder mit Streik, weil der Arbeitgeber erst 2016 ein Plus von drei Prozent bezahlen will. Vor diesem Hintergrund entfuhr sogar den sonst eher kühlen Redakteuren vom SPIEGEL im Interview mit Jörg Handwerg - Kapitän bei der Lufthansa und Sprecher der Pilotengewerkschaft Cockpit - ein emotionales: "Das ist doch unsolidarisch!".

Auf Vorwürfe wie diese reagiert Handwerg mit drei Argumenten: Kritiker wären einfach neidisch; Piloten seien teilweise verantwortlich für mehr als 500 Menschenleben und Flugzeuge, die zwischen 40 und 250 Millionen Euro wert sind; und außerdem würden andere Führungskräfte noch deutlich mehr verdienen. Auch Manager könnten nicht zehn- oder zwanzigmal so viel arbeiten wie ein normaler Arbeitnehmer.

Auch Busfahrer und Ärzte sind für Menschenleben verantwortlich

Diese Attitüde ist unerträglich. Im politisch korrekten Deutschland kann man nahezu jede Debatte mit dem Verweis auf die nationale Krankheit Neid abtun, inhaltlich trägt diese Aussage dennoch nichts bei zur Antwort auf die Frage, warum ausgerechnet die Piloten sich nicht beteiligen wollen, wenn die anderen im Betrieb ihre Gürtel enger schnallen müssen.

Im Übrigen sind auch Busfahrer und Krankenhausärzte für Menschenleben und teures Material verantwortlich, verdienen aber nur einen Bruchteil eines Pilotengehalts. Und last but not least: Topmanager mögen in der Tat mehr verdienen als Piloten, kommen jedoch niemals auf die Idee zu streiken.

Es mag daher durchaus sein, dass die Töne der Bewunderung am Gate in Wut umschlagen. Vor allem dann, wenn hart arbeitende Leute eigentlich beruflich hätten unterwegs sein wollen, stattdessen aber Termine und Chancen verpassen, weil Menschen mit deutlich besseren Arbeitskonditionen die Zeichen der Zeit nicht erkennen.

Hart arbeitende Menschen werden ausgebremst

Die Piloten der Lufthansa  sollten sich daher nicht wundern, wenn die Verantwortlichen im Konzern mit immer begehrlicheren Blicken auf Drohnen sowie auf die Entwicklungen beim automatisierten Fliegen schauen und sich fragen, wie lange sie noch auf die Herrschaften am Steuerknüppel angewiesen sein werden.

Der technische Fortschritt hat jedenfalls keine Ehrfurcht vor dem Cockpit. Drohnen fliegen jetzt schon unbemannt und auch die Pläne, Autos unabhängiger vom Fahrer zu machen, schreiten täglich voran.

Vielleicht sind große Carriers wie die Lufthansa in zehn Jahren soweit, dass sie die ersten Passagiermaschinen von Computern fliegen lassen können - dann können 'die Herren der Lüfte' in den frühen Ruhestand verschwinden, auf den sie offenbar so scharf sind.

Heiner Thorborg ist Mitglied der Meinungsmacher von manager magazin. Dennoch spiegeln die Meinungsmacher nicht zwangsläufig auch die Meinung der Redaktion von manager magazin wider.

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