Sanktionen gegen Russland Obamas vergiftete Saat zum Abschied

Auf den letzten Metern teilt Obama mit den verhängten Sanktionen noch mal kräftig aus gegen Moskau. Nun droht ein Cyberkrieg. Doch damit schießt Obama auch gegen seinen Nachfolger Trump. Legen die Sanktionen doch die Saat für einen großen innerparteilichen Knall der Republikaner.
Unterkühlte Stimmung im Weißen Haus: Schon beim Besuch am 10. November war klar, Trump und Obama haben sich nicht viel zu sagen. Nun hinterlässt der noch amtierende Präsident seinem Nachfolger ein vergiftetes Abschiedsgeschenk

Unterkühlte Stimmung im Weißen Haus: Schon beim Besuch am 10. November war klar, Trump und Obama haben sich nicht viel zu sagen. Nun hinterlässt der noch amtierende Präsident seinem Nachfolger ein vergiftetes Abschiedsgeschenk

Foto: Michael Reynolds/ dpa

Kurz bevor Barack Obama aus dem Amt geht, weht noch einmal ein Hauch vom Kalten Krieg durch Washington. Glaubt seine noch amtierende Regierung doch, dass der Kreml sich mit Hackerangriffen in den Wahlkampf eingemischt hat. So macht Obama Ernst und verhängt Sanktionen gegen Russland:

Die USA geben 35 russischen Staatsbürgern 72 Stunden Zeit, die USA zu verlassen. Ihrem Status nach sind sie Diplomaten. Obama sagt, es seien Spione. Er lässt zwei angeblich zu Geheimdienstzwecken genutzte russische Liegenschaften in New York und Maryland schließen. Letztere liegt nicht weit entfernt von einer Forschungs- und Entwicklungseinrichtung der US-Army. Was die Russen dort genau getan haben sollen, bleibt zunächst offen. Außerdem kündigt Obama Schritte gegen den russischen Inlandsgeheimdienst FSB und den Militärgeheimdienst GRU an.

Die russische Regierung scheint fast ein wenig konsterniert. "Ich kann noch nicht sagen, wie die Antwort ausfallen wird, aber soweit wir wissen, gibt es zum Prinzip gleicher Gegenmaßnahmen keine Alternative", zitiert die Nachrichtenagentur Itar-Tass Dimitri Peskow, den Sprecher von Präsident Wladimir Putin.

In Washington ist es der vorläufige Höhepunkt eines Jahres, in dem so vieles eintrat, was rückblickend zusammengefasst wie der Stoff eines nur schwer fassbaren Politthrillers erscheint. Ein republikanischer Präsidentschaftskandidat, der den russischen Präsidenten Wladimir Putin bewundert. Geheimdienste, die sagen, hochrangige Stellen im Kreml hätten eben jenem Kandidaten zum Wahlsieg verhelfen wollen und deshalb eine Hackeroperation orchestriert. Tausende geleakte E-Mails, die viele hässliche Details aus dem Innenleben der demokratischen Partei preisgeben.

Obamas vergiftetes Abschiedsgeschenk

Obama - daran lässt er inzwischen keinen Zweifel mehr - macht Putin persönlich für die Cyberangriffe verantwortlich. Seine Vorwürfe stützen sich auf Geheimdiensterkenntnisse, überprüfen lassen sie sich kaum. Der Kreml dementiert. Manche Computerexperten äußerten Zweifel.

Hochrangige Republikaner im Kongress beschuldigen Moskau ebenfalls. So etwa der Paul Ryan, der mächtige Sprecher des US-Repräsentantenhauses. Der künftige US-Präsident selbst ist skeptisch. Man könne es nicht wissen, ob Russland hinter den Angriffen stünde, erklärte Donald Trump wiederholt. Beobachter in Washington sehen hier bereits den ersten innerparteilichen Konflikt auf die Republikaner dann in Regierungsverantwortung zukommen.

Insofern hat der scheidende Präsident Obama mit seinen scharfen Strafmaßnahmen Donald Trump auch ein vergiftetes Abschiedsgeschenk hinterlassen. Hatte Trump doch erst am Mittwoch hatte Trump erklärt, man solle die Sache lieber auf sich beruhen lassen. In der ihm sehr eigenen Art fügte er hinzu: "Das ganze Computerzeitalter hat dazu geführt, dass niemand so genau weiß, was eigentlich vor sich geht."

Es passt in das Muster, das der designierte Präsident in den vergangenen Tagen bei so vielen Themen an den Tag legte: Er kritisiert und provoziert die scheidende Regierung, stellt ihre Doktrinen in Frage, legt schon einmal die Grundlage für außenpolitische Kehrtwenden.

Dabei sollen US-Geheimdienste nach Medienberichten zu dem Schluss gekommen sein, dass die Hacker auch bei den Republikanern Dokumente erbeuteten, sie aber dann eben nicht an Wikileaks weitergaben.

Trump könnte mit einer Unterschrift die Anordnung annullieren

Tranche um Tranche gehackter E-Mails der Demokraten veröffentlichte die Enthüllungsplattform dagegen auf den letzten Metern des Präsidentschaftswahlkampfes. Man erfuhr daraus, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen der privaten und der öffentlichen Person Clinton. Dass sie diesen Kontrast sogar einräumt. Man sah auch, welche Machenschaften hinter den Kulissen am Werk waren. Wie Mitarbeiter gegeneinander intrigierten. Wie sie über ihre Kandidatin dachten. Es lag alles offen wie eine riesige klaffende Wunde.

Die Medien schlachteten die Dokumente im Detail aus, während Trumps Skandale um seine Geschäfte deutlich weniger Aufmerksamkeit fanden.

Einige Demokraten äußerten in den vergangenen Tagen öffentlich ihren Unmut darüber, dass Obama mit seiner Vergeltung bis nach der Wahl wartete. Manche glauben, ohnehin stünde seine Maßnahme eher auf einem wackeligen Fundament. Trump könnte die Anordnung nach seinem Amtsantritt am 20. Januar jederzeit mit einer Unterschrift rückgängig machen. Im Kongress dürften sich dagegen viele seiner Parteigefährten aber dagegen auflehnen.

rei mit dpa
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