Silicon-Valley-Pate hält Jubelrede auf Donald Trump Sieben Gründe für die schräge Allianz von Donald Trump und Peter Thiel

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Parteitag der Republikaner: Wer an der bizarren Donald-Trump-Show mitwirkt

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Peter Thiel wird der wohl interessanteste Gast auf dem laufenden Parteitag der US-Republikaner. Bevor die Konferenz in Cleveland am Donnerstag mit der Nominierung Donald Trumps für das Präsidentenamt endet, darf der Internet-Milliardär die Hauptrede zum Tagesmotto "Make America One Again" halten.

Amerika wieder einen - ein kühner Anspruch, nicht nur für den heiß umstrittenen Immobilienmogul Trump, sondern fast noch mehr für Peter Thiel. Der in Frankfurt geborene Unternehmer sucht die Kontroverse geradezu. Seinen Auftritt auf Trumps Krönungsmesse begründet er gegenüber "Wired" mit dem Aufbegehren gegen Denkverbote: "Ich glaube nicht, dass wir unsere Probleme lösen können, wenn wir nicht offen über sie sprechen."

Für Trumps Republikaner, denen die eigenen Parteigranden und viele traditionelle Verbündete von der Fahne gehen, ist Thiel ein Glücksfall. Schon, weil sich überhaupt noch ein namhafter Wirtschaftsvertreter unter ihrer Marke zeigt. Besser noch: eine der Identifikationsfiguren des Silicon Valley, wo nur 3 Prozent  der Startup-Gründer sich zur "Grand Old Party" bekennen.

Auf den ersten Blick passt wenig zusammen. Mit Thiel spricht ein (unfreiwillig) offen lebender Schwuler auf einem Parteitag, dessen Programmentwurf die "Konversionstherapie" für Homosexuelle fordert.

Der Mitgründer von Paypal  und Palantir bezeichnet sich selbst als Libertären, der den Staat auf ein Minimum begrenzen will - und gibt nun Trumps autoritärer Wende den Segen statt der Libertären Partei, die mit Gary Johnson auf ihre erste relevante Kandidatur hofft? Doch tatsächlich liefert der sendungsbewusste Thiel einige Einblicke in sein Weltbild, die seine merkwürdige Allianz mit Trump erklären.

Thiel über Frauen und Political Correctness

Hillary-Clinton-Fans: Seit dem Frauenwahlrecht ist es laut Thiel für sein Wunschmodell "kapitalistische Demokratie" vorbei

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Die Freude an der Provokation eint Peter Thiel und Donald Trump. Thiels politisches Bekenntnis wird oft auf einen Essay  reduziert, den er 2009 für das rechte Cato Institute schrieb. "Ich glaube nicht länger, dass Freiheit und Demokratie miteinander vereinbar sind", heißt es darin. Seit den 20er Jahren sei der Kapitalismus wegen "der enormen Zunahme von Sozialhilfeempfängern und der Ausweitung des Wahlrechts auf Frauen" nicht mehr mehrheitsfähig.

Zurücknehmen mochte er diese entmündigende Aussage nicht. Er stellte lediglich klar, dass er niemandes Rechte einschränken wolle - nur hoffe er eben nicht darauf, durch Wahlen etwas zum Besseren zu verändern.

Inzwischen klingt Peter Thiel, der schon als Philosophiestudent in Standford gegen "Sprachregelungen" wetterte (ein Freund rief einem Professor "Schwuchtel! Ich hoffe, du stirbst an Aids" nach) moderater. Doch noch 2012 sagte er in einem Interview  mit dem Politikwissenschaftler Francis Fukuyama, "die Political Correctness ist unser größtes politisches Problem". Dem Berufsprovokateur Donald Trump wird das gefallen.

Thiel über freien Handel

Grenzzaun zu Mexiko: Wenn es nach Donald Trump geht, machen die USA erst richtig dicht

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Grundsätzlich ist Peter Thiel bei jeder Gelegenheit für freie Märkte und gegen staatliche Eingriffe. Aber seine Neigung zum Querdenkertum hat ihn auch in Widerspruch zur eigenen Doktrin gebracht. In seinem Buch "Zero to One" schreibt Peter Thiel, "es ist nicht zweifelsfrei klar, wie gut der freie Handel funktioniert hat". Mittelschicht und Arbeiter seien die Verlierer der offenen Konkurrenz mit Chinesen und Mexikanern - ein wiederkehrendes Thema der Trump-Kampagne.

Ebenso Thiels gegenüber Fukuyama gemachter Vorschlag, "mal etwas ganz anderes auszuprobieren, zum Beispiel eine protektionistischere Handelspolitik", um den Armen zu helfen. Sicher, das verzerre den Markt. Aber das tun schließlich alle Steuern, und Zölle könnten im Vergleich das geringere Übel sein.

Den US-Markt gegen Wettbewerber von außen abzuschotten, passt sogar ziemlich gut in Thiels Wirtschaftsbild. "Monopole sind gut", lautet die Kernbotschaft seines Buchs. Im freien Wettbewerb gedeihe nur Mittelmaß. Innovation und Wachstum bekomme man nur dank Monopolprofiten.

Thiel über Immigration

Google-Manager Sundar Pichai: Laut Thiel braucht das Silicon Valley nur die besten Fachkräfte, nicht irgendwelche Immigranten

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Foto: AP/dpa

Besonders merkwürdig mutet an, dass ein Mann, der ebenso wie viele seiner Gründerkollegen als Einwanderer in die USA kam, Trump unterstützt, dessen größter Wahlkampfhit eine Mauer gegen Mexikaner ist. Doch "Gawker" (das Gerüchte-Blog, das Thiel offenbar aus Rache für sein Outing in die Pleite trieb) meldete schon 2008 , der Internet-Unternehmer habe eine Million Dollar für die Anti-Immigranten-Gruppe "NumbersUSA" gespendet.

In einem Interview von 2014 nannte Peter Thiel es "misslich", dass die Tech-Branche sich für eine Lockerung des Einwanderungsrechts einsetze. "Wir sollten uns darauf konzentrieren, mehr gut ausgebildete Fachkräfte ins Silicon Valley zu bekommen, und nicht unbedingt die ganzen Gesetze reformieren."

Thiel über den starken Staat

NSA-Datenzentrum in Utah: Für Thiel ein Beleg für den aufgeblähten Staat - mit weniger Mitteln ließe sich viel mehr erreichen

NSA-Datenzentrum in Utah: Für Thiel ein Beleg für den aufgeblähten Staat - mit weniger Mitteln ließe sich viel mehr erreichen

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"Trumps Agenda ist Faschismus", urteilt der libertäre Kandidat Gary Johnson. Die Haltung zum starken Staat ist die wohl härteste Probe für den Libertären Peter Thiel. Er selbst gab Geld für den Versuch, auf dem Meer schwimmende Gemeinwesen zu bauen, fern des Zugriffs aller Steuerbehörden. Das scheiterte jedoch ebenso wie der ursprüngliche Anspruch von Paypal, "die neue Weltwährung" ohne staatliche Kontrolle zu werden (so der Slogan aus dem Jahr 2000).

Aber gefragt, welches Land der Welt seinen Vorstellungen von einer guten Regierung am nächsten käme, nennt Thiel ohne Zögern  Singapur - okay, "ein paar mehr Bürgerrechte würde ich schon gern sehen". Jedenfalls hätte er nichts gegen eine Herrschaft kompetenter Technokraten, die das Volk nur dann mitentscheiden lassen, wenn es dabei keinen Schaden anrichten kann.

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Das erfolgreichste Netzwerk im Valley: Gestatten: Paypal-Mafia

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Was ihn am Staat stört wie bei der NSA-Überwachung, ist eher dessen Ineffizienz. Als Gegenmodell sieht er die Technologiebranche: mit weniger Input mehr erreichen. So erklärt er auch, wieso seine Datenanalysefirma Palantir sich der CIA zur Terrorabwehr andient: "Eine technologische Lösung gibt uns mehr Sicherheit, ohne die Freiheit zu opfern."

Die USA von heute beschreibt Thiel als "extrem großen, quasi-sozialistischen Staat, nur ohne Fünf-Jahres-Plan oder überhaupt einen Plan". Und wenn die Regierung schon so großen Einfluss auf das Marktgeschehen nehme, dann solle sie die Wirtschaft doch wenigstens klug lenken - beispielsweise einige wenige Zukunftstechniken gezielt fördern anstatt alle ein bisschen.

Thiel über Volk und Eliten

Stanford University: Seine Alma mater ist für Thiel Teil einer verachtungswürdigen "Bildungsblase"

Stanford University: Seine Alma mater ist für Thiel Teil einer verachtungswürdigen "Bildungsblase"

Foto: KIMBERLY WHITE/ Reuters

Trump, der Populist, und Thiel, der Eigenbrötler und Verächter des "gedankenlosen Volks" - hier wird es noch kruder. Andererseits hat Peter Thiel auch für die Eliten Verachtung übrig, spricht von der "Bildungsblase" und hat sogar ein Stipendienprogramm aufgelegt, das junge Talente für den Studienabbruch belohnt .

Ebenso wie Trump wittert Thiel Gefahr wegen sozialer Unruhen. Die wachsende Ungleichheit sei ein "blinder Fleck" der Rechten, sagte er Francis Fukuyama  - und befand sogar, man müsse die Geschichte von Steuersenker Ronald Reagan, dem Held seiner Jugend, überdenken.

Die Kluft zwischen Arm und Reich sei heute "so groß wie 1913 oder 1928" - und "in der modernen Geschichte wurde das nur durch kommunistische Revolution, Krieg oder deflationären Kollaps der Wirtschaft beendet". Er sei besorgt, ob sich ein harmloser vierter Weg finden lasse. Von seinesgleichen umzuverteilen, sei jedoch keine Lösung: Das Vermögen aller Milliardäre würde nur reichen, um "die Defizite eines halben Jahres abzudecken".

Thiel über Amerikas Abstieg

Mondlandung 1969: Auch Thiel trauert der Größe vergangener Zeiten hinterher

Mondlandung 1969: Auch Thiel trauert der Größe vergangener Zeiten hinterher

Foto: AFP/NASA

Der Trump-Claim "Make America great again" hinterlässt manche Amerikaner verwirrt: Ist Amerika nicht schon großartig, oder sollte man das als treuer Patriot nicht wenigstens finden? Aber, da ist sich Thiel mit Trump einig: Das war vielleicht einmal so. Der Silicon-Valley-Pate beklagt lahmenden technologischen Fortschritt - und zwar eingedenk all dessen, was das Silicon Valley hervorgebracht hat. Das sei nur ein schwacher Trost für das Fehlen fliegender Autos.

"Wir verlieren allmählich unseren Vorsprung, es gibt zu wenig Innovation", klagte Thiel dem "Daily Caller" . Sicher sei Amerika immer noch das Land an der Grenze des Möglichen - "aber weniger als noch vor 30, 40 Jahren". Das ist Thiels wichtigstes Anliegen: Es brauche wieder einen Kick wie einst die Raumfahrtprogramme, um Wachstum von 4 Prozent zu bringen. In der sonst drohenden Stagnation würden sich auch die sozialen Probleme nicht lösen lassen.

Thiel über Religion - und über Trump

Protest gegen das "Toilettengesetz" in North Carolina: Paypal zog sich aus dem Staat zurück, Gründer Thiel hat kein Problem mit dem diskriminierenden Parteiprogramm

Protest gegen das "Toilettengesetz" in North Carolina: Paypal zog sich aus dem Staat zurück, Gründer Thiel hat kein Problem mit dem diskriminierenden Parteiprogramm

Foto: Gerry Broome/ AP

Mit den traditionellen sozial konservativen Ansichten der Republikanischen Partei hat Peter Thiel sogar weniger Berührungsängste als deren Spitzenkandidat. Der Investor ist bekennender Christ, wenn auch nicht so strenggläubig wie seine deutschen Eltern - und mitunter so intellektuell kokett, dass er Jesus zum Atheisten erklärt. Abtreibung hält er seit jeher für ein Übel.

Aber was ist mit den schwulenfeindlichen Äußerungen der Politiker, die Thiel seit Jahren mit Millionenbeträgen fördert (vor Trump waren das unter anderem Ron Paul, Ted Cruz und Carly Fiorina)? Die nimmt er schlicht nicht ernst. "Wenn ich sie für schwulenfeindlich hielte, würde ich sie nicht unterstützen."

Grundsätzlich stehe er aber hinter gar keinem Politiker voll, denn umgekehrt teile ja auch keiner von ihnen seine eigenen Ansichten voll. Diese Klarstellung hilft auch, ein jetzt ungünstig erscheinendes Zitat einzuordnen, das noch keine zwei Jahre alt ist.

Thiel über Trump : "irgendwie symptomatisch für alles, was in New York schiefläuft".


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