Krise weitet sich aus
Spanien zaudert mit Hilfsgesuch
Steigende Arbeitslosenzahlen, schwere Rezession, marode Banken - Spanien kommt nicht aus der Krise. Premier Rajoy dementiert Gerüchte, sein Land könnte am Wochenende ein erneutes EU-Hilfsgesuch stellen.
Mariano Rajoy: Der spanische Premier hat alle Bedingungen für ein mögliches neues Hilfsgesuch bei der EU erfüllt
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Madrid - Die Krise hat den spanischen Arbeitsmarkt fest im Griff. Die Zahl der Erwerbslosen erhöhte sich im September im Vergleich zum Vormonat um 79.645 Personen, wie das Arbeitsministerium mitteilte. Volkswirte hatten lediglich mit einem Anstieg um 57.000 gerechnet. Aktuell sind rund 4,7 Millionen Menschen in der viertgrößten Euro-Volkswirtschaft arbeitslos gemeldet. Die spanischen Gewerkschaften regten einen Generalstreik in mehreren Ländern Südeuropas gegen die Sparpolitik der Regierungen an.
Spanien steckt in einer tiefen Rezession, jeder Vierte ist ohne Job. Dramatisch ist die Situation bei Jugendlichen unter 25 Jahren. Hier liegt die Arbeitslosenquote bei über 50 Prozent. Offen ist nach wie vor, ob die Regierung des Euro-Krisenlandes demnächst einen neuen Hilfsantrag in Brüssel stellt.
Experten sehen vorerst kein Ende der Misere auf dem Arbeitsmarkt: "Der Teufelskreis aus Rezession und Sparmaßnahmen ist noch nicht durchbrochen", sagte Chefökonom Holger Schmieding von der Berenberg Bank. Der wirtschaftliche Abschwung reiße Löcher in die Haushaltsbudgets der Krisenländer, auf die diese mit weiteren Sparmaßnahmen reagierten, durch die die Rezession vertieft werde. "Das fünfte Austeritätspaket innerhalb von zehn Monaten ist zuviel für ein Land, das bereits in der Rezession steckt."
Rajoy lässt weiteres Hilfsgesuch offen
Spanien befindet sich in einem Dilemma: Im Spätsommer geriet das Land an den Anleihemärkten so stark unter Druck, dass die Zinsen für neue Kredite eine Höhe erreichten, die viele Experten als langfristig untragbar betrachten. Erst nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) Hilfe in Aussicht gestellt hatte, entspannte sich die Lage wieder. Um Unterstützung zu erhalten, muss Madrid jedoch strikte Sparvorgaben erfüllen und einen offiziellen Hilfsantrag beim EU-Rettungsfonds stellen.
Noch hat die spanische Regierung allerdings nicht entschieden, ob sie ein neues Hilfegesuch einreicht. Dies betonte Ministerpräsident Mariano Rajoy bei einem Treffen mit den regionalen Führern seiner konservativen Volkspartei (PP) in Madrid. Er wies damit Presseberichte zurück, nach denen Madrid am kommenden Wochenende einen Antrag stellen will.
Spanien hat die Bedingungen der Euro-Retter für ein Komplettprogramm weitgehend erfüllt. Erst vergangene Woche beschloss seine Regierung ein weiteres Reform- und Sparprogramm in Höhe von 40 Milliarden Euro. Das Problem für Berlin: Wenn Spanien nun einen neuen Antrag stellt, müsste Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür grünes Licht beim Bundestag einholen. Eine äußerst schlechte Ausgangslage im aufkommenden Wahlkampf.
Madrid hatte bei der EU bereits Hilfen für die Sanierung maroder Banken erbeten und dafür Kredite in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro zugesagt bekommen. Zur Sanierung seiner Banken benötige das Land rund 60 Milliarden Euro, hatte die Regierung erst kürzlich mitgeteilt.