EU-Kommissionspräsident
Barroso fordert höhere Kapitalquote für Banken
Sind Europas Banken in der Euro-Schuldenkrise für den Ernstfall gewappnet? Um diese Frage dreht sich seit Tagen die Debatte. Jetzt meldete sich EU-Kommissionspräsident Barroso zu Wort. Seine Forderung: Die Institute brauchen mehr Eigenkapital.
Bankenzentrum Frankfurt: Auch die deutschen Institute wären von einer Pleite Griechenlands betroffen
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Frankfurt am Main - Die Bankenaufsicht sollte nach den Worten von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso angesichts der Euro-Schuldenkrise vorübergehend eine deutlich höhere Eigenkapitalausstattung von den Geldhäusern verlangen. Die Lage der Banken müsse von den Aufsehern neu bewertet werden, erklärte Barroso am Mittwoch in Brüssel. Auf Basis dessen müssten sich die EU-Staaten dabei abstimmen, die Banken zu stärken.
Der Kommissionspräsident stellte sich bei der anstehenden Rekapitalisierung außerdem hinter die Linie, die Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bereits vorgegeben hatten. Danach sollen die Banken zunächst versuchen, Kapital von privaten Investoren am Markt einzusammeln. Sollte dies nicht möglich sein, sollen zunächst die nationalen Regierungen mit Beihilfen einspringen. Nur wenn sie dazu nicht in der Lage wären, würde auch der Euro-Rettungsfonds EFSF angezapft, forderte Barroso.
Eine staatlich gestützte Bank dürfe weder Dividenden auszahlen noch Boni an das Management. Mit Blick auf Griechenland forderte Barroso, die nächste Kredittranche auszuzahlen. Es müsse außerdem ein zweites Rettungspaket für Griechenland mit "angemessener" Beteiligung des öffentlichen und privaten Sektors geben.
Finanzaufsicht arbeitet bereits an konkreten Schritten
Zuvor
hatte bereits die "Financial Times" berichtet, die europäische Bankenaufsicht EBA arbeite an konkreten Schritten für eine europäische Bankenrettung. Demnach sollen die Institute angesichts der Schuldenkrise künftig eine harte Kernkapitalquote von 9 Prozent vorweisen. Sie sollen sechs bis neun Monate Zeit bekommen, um dies zu erreichen - ansonsten drohen ihnen staatlich verordnete Finanzspritzen, so das Blatt.
Zum Hintergrund: Die europäischen Regierungen suchen mit Hochdruck nach Wegen, um ihre Banken gegen die Folgen einer möglichen Griechenland-Pleite abzuschirmen. Die Bundesregierung nannte am Mittwoch als Ziel, die wichtigen Geldhäuser mit mehr Kapital gegen "alle Eventualitäten" zu rüsten. Das Bundesfinanzministerium betonte, dabei gehe es um gemeinsame europäische Lösungen. In diesem Sinne äußerte sich auch die französische Regierung. Sie machte zudem deutlich, dass sie bei Kapitalstärkungen ihrer Banken keine Mittel aus dem Euro-Schutzschirm EFSF nutzen wolle.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hält einen Schuldenschnitt bei Griechenland nicht mehr für ausgeschlossen. Auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker sprach von "anderen Schritten", die für Griechenland nötig werden könnten. Wie hoch und auf welchem Wege die Banken gegebenenfalls frisches Kapital erhalten sollen, blieb weiter unklar. Hier warte man auf konkrete Zahlen zum notwendigen Kapitalbedarf der Institute, insbesondere durch die europäische Aufsichtsbehörde EBA, sagte der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Martin Kotthaus.
Reuters-Berechungen auf der Basis von Stimmen aus der Branche ergeben einen Bedarf von etwa 100 Milliarden Euro an frischen Mitteln bei den Banken. Der IWF hatte zuletzt von bis zu 200 Milliarden Euro gesprochen.