"Kein glaubwürdiger Plan" IWF-Chefökonom zweifelt an US-Schuldenstrategie

Erst der Warnschuss der Ratingagentur Standard & Poor's, nun auch noch deutliche Worte des Internationalen Währungsfonds: Finanzexperten verlieren die Geduld mit der US-Regierung. Es gebe keinen "glaubwürdigen Plan" zum Schuldenabbau, sagte der IWF-Chefökonom Blanchard.
Olivier Blanchard, Chefökonom des IWF: "Riesige ideologische Kluft"

Olivier Blanchard, Chefökonom des IWF: "Riesige ideologische Kluft"

Foto: epa Michael Reynolds/ picture-alliance/ dpa

Paris - Der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), Olivier Blanchard, hat die US-Haushaltspolitik kritisiert. Es gebe auf mittlere Sicht keinen "glaubwürdigen Plan", wie das Haushaltsdefizit verringert werden solle, sagte Blanchard der französischen Zeitung "Le Monde". "Es gibt Gründe, beunruhigt zu sein."

Die Haushaltseinigung, die Republikaner und Demokraten vor zehn Tagen in letzter Minute erzielten, gehe aus seiner Sicht nicht weit genug. Blanchard sprach von einer "riesigen ideologischen Kluft" zwischen den beiden Parteien über die Sparpläne.

Die Republikaner wollen den riesigen Schuldenberg des Landes nur über massive Einsparungen abbauen. Die Demokraten ziehen neben Einschnitten auch Steuererhöhungen in Betracht und werfen den Republikanern vor, mit ihren Kürzungsplänen bei Sozialprogrammen Armen und Älteren übermäßig große Härten zuzumuten.

Bis spätestens Juli muss der Kongress die gesetzliche Schuldenobergrenze von 14,3 Billionen Dollar anheben, damit die USA zahlungsfähig bleiben. Allerdings ist die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes im Kongress wegen des Parteienstreits noch nicht sicher.

Gold kostet so viel wie noch nie zuvor

Am Montag hatte die Ratingagentur Standard & Poor's den Bonitätsausblick für die USA herabgestuft. Grund sei das im Vergleich zu anderen mit "AAA" bewerteten Ländern "sehr hohe" Haushaltsdefizit, teilte S&P mit. Außerdem sei unklar, wie die steigende Staatsverschuldung abgebaut werden solle. Sollten der US-Regierung bis 2013 keine überzeugenden Schritte zur Haushaltssanierung gelingen, könnte der weltgrößten Volkswirtschaft die Topbewertung "AAA" entzogen werden. Damit würde es für die Regierung schwieriger, sich auf dem Markt frisches Geld zu besorgen. Hohe US-Beamte hatten die Entscheidung der S&P-Analysten brüsk zurückgewiesen.

Allein im laufenden Haushaltsjahr häufen die USA bis zu 1,65 Billionen Dollar neue Schulden an, rund zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Gesamtverschuldung beträgt derzeit mehr als 14,2 Billionen Dollar. Das ist an der Wirtschaftsleistung gemessen das größte Minus in der Staatskasse seit fünf Jahrzehnten.

Der negative Ausblick von S&P hatte die internationalen Finanzmärkte in Aufruhr versetzt und Sorgen vor einer weltweiten Inflation befeuert. Zudem wird in Europa über eine mögliche Umschuldung Griechenlands spekuliert. Die Unsicherheit spiegelt sich im Goldpreis wider: Dieser hat am Mittwoch erstmals die Marke von 1500 Dollar übersprungen. Eine Feinunze des Edelmetalls kostete am Vormittag in London zeitweise 1505,65 Dollar und damit so viel wie noch nie.

Gold gilt als krisenfeste Anlage, da das Edelmetall von einer Geldentwertung nicht betroffen ist. Seit Anfang des Jahres hat Gold einen Wertzuwachs von rund sechs Prozent verzeichnet.

lgr/afp
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren