Sedrun - Um 14.17 Uhr ist es geschafft. Die riesige Bohrscheibe schiebt sich durch den Fels, zerbröckelt das Gestein - dann hat die Maschine mit dem Namen "Sissi" die letzten von insgesamt 13 Millionen Kubikmetern Gestein im Gotthard-Basistunnel aus dem Weg geräumt. Die letzten anderthalb Meter Fels in der 57 Kilometer langen Oströhre sind weggefräst. Nord und Süd sind verbunden.
Den Durchstoß in etwa 800 Metern Tiefe verfolgten rund 200 Ehrengäste. Mit dem Projekt werde deutlich, was die Schweiz für Europa tue, hieß es am Freitag von Politikern und Repräsentanten des Landes. Denn durch den längsten Verkehrstunnel der Welt rücken der Norden und der Süden des europäischen Kontinents näher zusammen. Bis allerdings tatsächlich Hochgeschwindigkeitszüge durch die zwei Röhren unter den Schweizer Alpen rasen, dauert es wohl noch bis zum Jahr 2017.
Um eine Stunde wird sich den Planern zufolge die Fahrtzeit von Zürich ins norditalienische Mailand verkürzen, auf zwei Stunden und 40 Minuten. Bis zu 300 Züge sollen dann täglich mit bis zu Tempo 250 durch die beiden Röhren rasen. Durch den bereits 1882 eingeweihten und 15 Kilometer langen Gotthard-Scheiteltunnel bewegt sich nur ein Bruchteil davon - mit einer wesentlich geringeren Geschwindigkeit.
Die Durchschlagsstelle befindet sich 27 Kilometer vom Nordportal im Kanton Uri und 30 Kilometer vom Südportal im Tessin entfernt. Der Gotthard-Basistunnel wird nach seiner Fertigstellung den mit 53,8 Kilometer bisher weltweit längsten Eisenbahntunnel zwischen den japanischen Hauptinseln Honshu und Hokkaido ablösen. Seit mehr als zehn Jahren werden für die "Jahrhundert-Baustelle", wie Schweizer Medien das Projekt getauft haben, Bohrköpfe mit einem Durchmesser von 9,5 Metern durch das Gebirge getrieben. Acht von insgesamt rund 2500 Arbeitern kamen dabei ums Leben.
"Der Gotthard-Basistunnel ist ein Meilenstein"
Das Projekt hat bislang rund zehn Milliarden Schweizer Franken (umgerechnet rund 7,5 Milliarden Euro) gekostet, insgesamt sollen es fast 19 Milliarden Franken werden.
Vor allem die wichtige transalpine Transportroute zwischen Deutschland und Italien soll durch den Gotthard-Basistunnel entlastet werden - ein Vorhaben, von dem sich die Schweizer auch positive Auswirkungen auf die Umwelt erhoffen: "Der Gotthard-Basistunnel ist ein Meilenstein auf dem Weg, mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene bringen", sagt der Direktor des eidgenössischen Bundesamtes für Verkehr, Peter Füglistaler.
Die EU-Verkehrsminister verfolgten den Durchstich via Fernsehen in Luxemburg. Dass sie nicht nach Sedrun, dem Einfahrtsort in den Tunnel, gekommen sind, wurde in der Schweiz mit Enttäuschung aufgenommen. Immerhin sei der Tunnel ein europäisches Projekt, hieß es von vielen Schweizern.
Gotthard-Basistunnel: Im Jahr 2017 sollen die ersten Züge durch den dann längsten Eisenbahntunnel der Welt rollen. 57 Kilometer lang ist jede der beiden Röhren, die den Schweizer Ort Erstfeld im Kanton Uri mit Bodio im Kanton Tessin verbinden. Dadurch verkürzt sich die Fahrzeit auf der Strecke Zürich-Mailand künftig um eine Stunde auf dann 160 Minuten. Der Gotthard-Basistunnel ist damit ein Herzstück des Projekts NEAT (Neue Eisenbahn-Alpentransversale). Um die beiden Röhren sowie die Quer- und Verbindungsstollen zu bauen, wurden rund 24 Millionen Tonnen Gesteinsmasse bewegt.
Viadukt von Millau: Mit 270 Metern Höhe ist der Bau in Südfrankreich, der das Tal des Flusses Tarn überspannt, die höchste Autobahnbrücke der Welt. Das von Sir Norman Foster gestaltete Bauwerk ist insgesamt sogar 343 Meter hoch - und damit 19 Meter höher als der Eiffelturm in Paris. Der Eröffnung im Jahr 2004 gingen rund 20 Jahre des Protests gegen das Bauwerk voraus; heute jedoch gilt die knapp zweieinhalb Kilometer lange Brücke, die die Straßen im Tal spürbar entlastet hat, als Attraktion.
Öresund-Brücke: Offiziell heißt die Brücke resundbron - ein halb dänischer, halb schwedischer Mischbegriff, der schon phonetisch die Verbindung zwischen Dänemark und Schweden deutlich macht. Genau dies ist auch Zweck der Brücke, die Kopenhagen mit Malmö verbindet. Der Bau für Auto- und Eisenbahnverkehr besteht aus einem Tunnel, einer künstlich aufgeschütteten Insel sowie insgesamt drei Brückenabschnitten, die insgesamt rund 7,8 Kilometer lang sind. Zwischen dem Beginn der Arbeiten 1995 und der Eröffnung der fertigen Verkehrsverbindung im Jahr 2000 wurden 550.000 Tonnen Stahl und 655.000 Kubikmeter Beton verbaut.
Messina-Brücke (Computergrafik): Die erste Idee zu diesem gewaltigen Brückenprojekt, das Sizilien mit dem italienischen Festland verbinden soll, entstand bereits 1971. Immer wieder wurden die Pläne verschoben, auf Eis gelegt, wieder neu hervorgekramt. Seit der Wiederwahl Silvio Berlusconis im Jahr 2008 wird das Projekt wieder vorangetrieben, Ende 2009 fand ein symbolischer erster Spatenstich statt. 2017 soll das Bauwerk mit einer Gesamtlänge von gut 3,6 Kilometern fertig sein. Eine sechsspurige Autobahn sowie zwei Eisenbahngleise sollen über die Brücke führen. Die Kosten werden gegenwärtig mit 6,3 Milliarden Euro angegeben.
Marmaray-Projekt: Die erste Idee zu einem Tunnel unter dem Bosporus gab es bereits 1860. Im Jahr 2004 schließlich wurde mit dem Bau der Verbindung durch die Meerenge zwischen Europa und Asien begonnen. Kernstück ist der Eisenbahntunnel, der in 56 Metern Tiefe über den Meeresgrund des Bosporus verlaufen soll. Für die 1,4 Kilometer lange Strecke werden elf vorgefertigte Tunnelröhren versenkt und unter Wasser zusammengebaut. Zum Projekt gehört ein insgesamt 76 Kilometer langes, neues Schienensystem. Ursprünglich sollten die Arbeiten bereits 2009 abgeschlossen werden, doch beim Bau der Station Yenikapi stießen die Arbeiter auf Überreste des antiken Hafens von Byzanz. Nun haben erst einmal die Archäologen das Wort.
Brenner-Basistunnel: Der Brennerpass ist die wichtigste und meistbefahrene Nord-Süd-Verbindung der Alpen. Pro Jahr bewegen sich zwei Millionen Lkw und rund zwölf Millionen Pkw durch dieses Nadelöhr. Der geplante Brenner-Basistunnel, ein reiner Eisenbahntunnel, soll erhebliche Entlastung bringen und auf etwa 55 Kilometern Länge zwischen Innsbruck und Franzensfeste unterirdisch verlaufen. Erkundungsstollen sind bereits seit 2007 in Bau, der Haupttunnel soll ab 2013 gegraben werden. Eine Fertigstellung des rund acht Milliarden Euro teuren Projekts ist für das Jahr 2022 geplant.
Elbquerung bei Glückstadt (Modell): Die Autobahn A20, auch als Ostsee-Autobahn bekannt, soll eine wesentliche Ost-West-Verbindung zwischen Polen, Deutschland und den Benelux-Staaten werden. Ein wichtiges Teilstück der A20 soll die neue Elbquerung zwischen Glückstadt und Drochtersen werden - geplant ist ein Tunnel mit zwei Röhren mit jeweils zwei Fahrstreifen. Die Unterführung unter der Elbe hindurch soll etwa 6,5 Kilometer lang werden - es wäre der zweitlängste Straßentunnel Deutschland nach dem Rennsteigtunnel (7,9 km). Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren, voraussichtlich 2011 soll mit dem Bau begonnen werden und bis zum Jahr 2018 soll die neue Elbunterquerung fertig sein. Die Kosten werden derzeit auf rund 970 Millionen Euro beziffert.
St.Gotthard-Straßentunnel: Mit 16,9 Kilometern Länge ist der Gotthard-Straßentunnel der längste Tunnel dieser Art in den Alpen. Gebaut wurde er zwischen 1970 und 1980, er verbindet die Orte Göschenen und Airolo und ist damit die kürzeste Nord-Süd-Verbindung der Zentralalpen. Pro Jahr passieren rund eine Million Fahrzeuge die Röhre, in der pro Fahrtrichtung lediglich eine Spur zur Verfügung steht. Nach einem schweren Unfall mit elf Toten im Jahr 2001 dürfen pro Stunde und Fahrtrichtung nur noch tausend Fahrzeuge den Tunnel passieren.
Peking-Shanghai-Hochgeschwindigkeitsstrecke: Auf der insgesamt 1318 Kilometer langen Verbindung - künftig die längste Hochgeschwindigkeitsstrecke der Welt -zwischen den chinesischen Mega-Citys Peking und Shanghai sollen Eisenbahnzüge mit bis zu 329 km/h dahinrasen und damit die Reisezeit zwischen beiden Städten von derzeit elf auf fünf Stunden verkürzen. Knapp 1100 Kilometer der Gesamtstrecke verlaufen über Brücken; die Züge stammen vom Siemens-Konzern und sind eine Weiterentwicklung des ICE 3. Die Bauarbeiten an der Strecke haben 2008 begonnen und sollen nach aktueller Planung 2012 abgeschlossen werden.
Stuttgart 21: Der Plan ist, statt des bisherigen Kopfbahnhofs in Stuttgart einen unterirdischen Durchgangsbahnhof zu bauen. Mit dem Projekt, das etliche weitere Neubauten an Bahntrassen, Bahnhöfen und Tunneln mit sich bringt - unter anderem eine neue Schnellbahntrasse nach Ulm-, soll Baden-Württemberg an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen werden. Derzeit ist aufgrund der massiven Proteste gegen das Projekt unklar, ob die Inbetriebnahme wie geplant im Jahr 2019 stattfinden kann. Als Kosten für den Bahnhof werden derzeit 4,1 Milliarden Euro veranschlagt, für das Gesamtprojekt insgesamt cirka 6,9 Milliarden Euro.