Der Weg für eine umfassende Reform des Finanzmarkts in Amerika ist frei. Nachdem bereits beide Kammern des Parlaments eigene Gesetze verabschiedeten, einigten sie sich nun auf einen Kompromiss. Präsident Obama will das Paket aus strengeren Regeln für Banken auf dem G20-Gipfel präsentieren.
Nachtsitzung: 20 Stunden brauchten die Unterhändler von Senat und Repräsentantenhaus für den letzten Schliff
Foto: Allison Shelley/ dpa
Washington - Der Vermittlungsausschuss des US-Kongresses hat sich auf eine umfangreiche Finanzmarktreform geeinigt. Vertreter des Senats und des Repräsentantenhauses vereinbarten am Freitag einen Gesetzentwurf, der am Dienstag in beiden Kammern noch einmal zur Abstimmung gestellt wird. Danach kann ihn US-Präsident Barack Obama unterzeichnen.
Der Kongress hielt sich damit an seinen selbst gesetzten Zeitplan. Die Reform sollte demnach noch vor dem G20-Gipfel in Kanada am Wochenende stehen. Dann könnte Obama die Reform, eines seiner innenpolitischen Prestige-Projekte, als Vorbild für andere Länder präsentieren.
Mit einer strengeren Regulierung will Obama die Wall Street an die Kandare nehmen, um eine neue Finanzkrise zu verhindern. Die Bankenbranche befürchtet Einschränkungen, die ihre Gewinne auf Jahre schmälern könnten. Unter dem Eindruck weitreichender Empörung über riskante Finanzgeschäfte und gigantische Rettungsaktionen aus dem Steuersäckel ist es Lobbyisten der Bankenbranche aber nicht gelungen, die Reform zu verhindern. Eine Verabschiedung des fast 2000 Seiten umfassenden Gesetzeswerks wäre neben der Gesundheitsreform ein wichtiger Erfolg für die Demokraten vor den Kongresswahlen im November.
Um Punkt Mitternacht in Washington einigten sich die Unterhändler in einem der umstrittensten Punkte: Für den Eigenhandel der Banken sollen strenge Auflagen gelten, um das Geschäftsrisiko zu verringern und den staatlichen Rettungsschirm auf nicht-spekulative Geschäfte zu beschränken. Nach 15-stündigen Verhandlungen verständigten sich die Abgeordneten damit auf eine abgeschwächte Version der sogenannten "Volcker-Regel". Zudem einigten sie sich auf schärfere Eigenkapitalanforderungen.
Gelockert wurden die Vorschriften zum Derivatehandel. US-Banken dürfen auch in Zukunft große Teile des lukrativen Swap-Handels betreiben und müssen nur einen kleineren Bereich auslagern.
Demnach dürfen die Geldinstitute mit zahlreichen Derivaten handeln, darunter Swap-Geschäfte auf die Entwicklung von Devisen und Leitzinsen, Gold und Silber sowie zur Absicherung ihrer eigenen Risiken. Auslagern müssen sie dem Kompromiss zufolge Derivate auf landwirtschaftliche Produkte, Energie und Metalle, Aktien-Swaps und eine Reihe von CDS-Geschäften zur Versicherung gegen Zahlungsausfälle. Die Branche war gegen eine umfangreiche Abtrennung der Geschäfte Sturm gelaufen. Der bislang unkontrollierte Derivatehandel gilt als ein Brandbeschleuniger der Finanzkrise.