Möglicher Kanzlerkandidat der Union Armin Laschet oder Markus Söder - wer kann Wirtschaft?

Kontrahenten um die CDU-Kanzlerkandidatur: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und CDU-Parteichef Armin Laschet
Foto: Sven Hoppe / dpa; Christoph Reichwein / imago imagesSchlaglicht Wirtschaftspolitik
Armin Laschet – der CDU-Mann, der sich für Arbeitnehmer einsetzt
In der Wirtschaft hat Armin Laschet (60, CDU) jüngst vor allem mit seiner Kritik an dem Automobilzulieferer Continental für Aufsehen gesorgt. Der Konzern hatte im September vergangenen Jahres angekündigt, sein eigentlich profitables Reifenwerk in Aachen mit rund 1800 Mitarbeitern zu schließen. "Ein Werk zu schließen, ohne mit Gewerkschaft und Land zu reden, ist kalter Kapitalismus", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet bei einer Demonstration der Mitarbeiter. Wegen ihres rigiden Vorgehens sprach er den Conti-Verantwortlichen sogar Anstand und Ehre ab.
Dass ein CDU-Politiker, der sich im Normalfall eher für die Belange der Unternehmen einsetzt, so scharfe Kritik am Management eines Unternehmens äußert, ist ungewöhnlich. Laschets Äußerungen zeigen aber, wie sensibel das Thema Arbeitslosigkeit in NRW ist. Mit 7,7 Prozent liegt die Arbeitslosenquote noch immer weit über dem Bundesdurchschnitt von 6,2 Prozent. Noch mehr Arbeitslose - wie im Fall einer Werksschließung - kann und will sich Laschet vor der Bundestagswahl nicht leisten.
Etwas anders ging Laschet dagegen mit dem kriselnden Industriekonzern Thyssenkrupp um. So lehnte er den von Gewerkschaften, Sozialdemokraten und selbst der Vorstandsvorsitzenden Martina Merz (58) geforderten Staatseinstieg in das angeschlagene Stahlgeschäft des Konzerns ab. Er glaube nicht, dass der Staat der bessere Unternehmer sei, sagte er damals. Aber er wolle alles tun, um den Stahl und die Arbeitsplätze im Land zu halten. Schließlich gehöre "Stahl zur DNA von Nordrhein-Westfalen".
Allerdings ist Laschet bei Thyssenkrupp auch in einer Doppelfunktion tätig: Einerseits ist er als Landesvater des bevölkerungsreichsten Bundeslandes dem Erhalt der Jobs verpflichtet, andererseits ist er aber auch Mitglied der Krupp-Stiftung, des größten Einzelaktionärs von Thyssenkrupp also.
Auf Bundesebene will er vor allem sein in NRW erprobtes "Entfesselungspaket" zum Erfolg führen. Dabei sollen Gesetzesinitiativen für den Ausbau erneuerbarer Energien, der Abbau von Bürokratie, die elektronische Gewerbeanmeldung und der Ausbau digitaler Netze die Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder ankurbeln. In Nordrhein-Westfalen zumindest wird das Verhältnis zwischen Laschet, den Konzernchefs und den Gewerkschaften als gut beschrieben.
Markus Söder - der Wohnungsbauer, der zuvor die Wohnungsnot verschärfte
Bezahlbarer Wohnraum ist ein Megathema in der Bundespolitik, und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (54) sollte da über besondere Kompetenz verfügen. Wenn bezahlbarer Wohnraum irgendwo schwer zu finden ist, dann wohl schließlich in den hochpreisigen Städten Bayerns wie München, Ingolstadt oder Dachau.
Tatsächlich startete Söder erst vor wenigen Jahren ein Prestigeprojekt, mit dem er zur Lösung der Wohnungsfrage beitragen will: Die 2018 gegründete staatliche Baugesellschaft Bayernheim soll bis 2025 insgesamt 10.000 günstige Wohnungen bauen.
Söders Vorzeigevorhaben hat allerdings nicht nur einen, sondern gleich zwei Makel. Erstens: Wie erst nach Gründung der Firma bekannt wurde, soll sich Bayernheim nicht etwa aus zusätzlichen Haushaltsmitteln finanzieren, sondern aus bestehenden Wohnungsförderungstöpfen. Damit steht die Gesellschaft in Konkurrenz zu bereits bestehenden kommunalen und genossenschaftlichen Bauunternehmen, woraus Kritikern zufolge folgt, dass aufgrund des neuen Akteurs in Bayern nicht eine bezahlbare Wohnung zusätzlich entstehen wird. So wie die Bayernheim aufgestellt sei, so Jürgen Mistol (55) von den Grünen im Landtag, sei sie daher "überflüssig wie ein Kropf".
Makel Nummer zwei wiegt zudem kaum leichter: Das Problem, das Söder mit Hilfe der Bayernheim lösen will, hat er zum großen Teil selbst mit geschaffen. Die Rede ist vom umstrittenen Verkauf von 32.000 Wohnungen der ehemals staatlichen Wohnungsgesellschaft und BayernLB-Tochter GBW vor einigen Jahren, bei dem Söder eine zweifelhafte Figur machte.
Die EU-Kommission drängte die Landesbank, ihre Wohnungstochter GBW zu verkaufen, und Markus Söder als seinerzeitiger Finanzminister Bayerns hätte wohl die Möglichkeit gehabt, den Wohnungsbestand in öffentlicher Hand zu behalten. Mieterschützer warnten auch vor einer Veräußerung an einen privaten Investor und den Folgen für die mehr als 80.000 Mieter – doch der CSU-Mann entschied anders.
Söder ermöglichte die Übernahme der GBW-Wohnungen für brutto rund 2,5 Milliarden Euro an ein Konsortium um den Augsburger Immobilienkonzern Patrizia. Zwar behauptete der spätere Ministerpräsident Bayerns, es gebe eine Sozialcharta, der Schutz der Mieter sei damit besser als zuvor. Tatsache ist jedoch: Patrizia erhöhte in den folgenden Jahren massiv die Mieten und brachte damit zahlreiche Bewohner in Not.
Für Söder hatte die Affäre zudem ein Nachspiel: Söder hatte sich immer wieder damit verteidigt, die EU habe seinerzeit eine Übernahme der Wohnungen durch den bayerischen Staat verhindert. Diese Darstellung brachte die "Süddeutsche Zeitung" 2018 mit einer Enthüllungsgeschichte ins Wanken. Ein Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag, der sich die Sache anschaute, hatte letztlich aber keine Konsequenzen für den amtierenden Ministerpräsidenten Söder.
Wirtschaft persönlich
Armin Laschets Hintergrund: Arbeiter- und Bergbaumilieu
Als Sohn eines Steigers (Aufsichtsperson im Bergbau) und späteren Leiters einer Grundschule hat Armin Laschet Führung von seinem Vater gelernt. Sozial geprägt wurde der gebürtige Aachener von seiner katholischen Erziehung und seiner kirchlichen Jugendarbeit in der Gemeinde. Laschet ist seit 1985 mit seiner Frau Susanne verheiratet, mit der er drei Kinder hat.
Bereits als 18-Jähriger trat Laschet in die CDU ein. In seiner politischen Karriere setzte er sich häufig für die Bildung von Migranten ein. Seit 2017 ist Laschet Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, die er in einer schwarz-gelben Koalition führt. Im Januar 2021 setzte er sich bei der Wahl zum Parteivorsitzenden der CDU gegen Friedrich Merz (65) und Norbert Röttgen (55) durch.
Markus Söders Hintergrund: Unternehmertum
Kennt Markus Söder die Wirtschaft? Immerhin, es gibt ein paar persönliche Berührungspunkte. So betrieben die bereits verstorbenen Eltern des CSU-Politikers in Nürnberg ein kleines Bauunternehmen. Söders Ehefrau Karin Baumüller-Söder, mit der er seit 1999 verheiratet ist und drei Kinder hat, ist zudem die Tochter des vor wenigen Jahren verstorbenen Nürnberger Unternehmers Günther Baumüller. Als dessen Erbin ist sie gemeinsam mit ihrem Bruder Andreas Baumüller Miteigentümerin der Baumüller-Gruppe, die auch von Andreas Baumüller als CEO geleitet wird.
Die 1930 gegründete Baumüller-Gruppe, die insgesamt rund 1900 Mitarbeiter beschäftigt, stellt an sechs Standorten in Deutschland, Tschechien, Slowenien und China elektrische Antriebs- und Automatisierungssysteme her. Damit machte das Unternehmen zuletzt einen Umsatz im niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich.
Fazit - kein Wirtschaftsfachmann in Sicht
Weder Armin Laschet noch Markus Söder kann als ausgewiesener Wirtschaftsexperte bezeichnet werden. Beide bemühen sich, im Stile des geübten Politprofis, von Fall zu Fall eine kompetente Figur abzugeben und je nach Bedarf Wege einzuschlagen, die den größtmöglichen Nutzen oder den geringstmöglichen Schaden für eine möglichst große Zahl von Wählern versprechen.
Wirtschaftswunder dürften also von keinem der beiden zu erwarten sein. Selbstverständlich droht der deutschen Wirtschaft aber auch nicht der Untergang, wenn Laschet oder Söder ins Kanzleramt einziehen sollten.