
Petra Herz bis Harry Roels: Gemeinnutz will gelernt sein
Stiftungen Geld ist nicht alles
Stifter sind leise Zeitgenossen. Nicht Eitelkeit treibt sie in die Öffentlichkeit, sondern ihr Projekt. So geht es Harry Roels, dem früheren RWE-Chef. Oder dem Stuttgarter Managerehepaar Volker Göbel und Brigitte Ott-Göbel. Auch Petra Herz denkt so. Galas und Empfänge, in denen andere Mitglieder der Upperclass schwelgen mögen, das Bussi-Bussi der besseren Kreise - ihr liegt es nicht.
Doch ein wenig Öffentlichkeit muss sein, denn Petra Herz (55) führt eine Stiftung: die am Vermögen gemessen achtgrößte gemeinnützige Stiftung Deutschlands. Rund 1,3 Milliarden Euro Grundkapital hat die Joachim Herz Stiftung in ihren Büchern, sechs Millionen Euro wurden 2012 an Projekte in den Bereichen Naturwissenschaft, Persönlichkeitsbildung und Wirtschaft vergeben.
Wer steuerbegünstigt mit solchen Summen hantiert, der muss seine Arbeit nach außen repräsentieren. So sammelt Petra Herz, die Milliardärswitwe, neben Erfahrungen im Stiftungsgeschäft nun auch Praxis im Umgang mit der Außenwelt.
Zum Gespräch in ihrem schlicht möblierten Büro in Hamburg-Langenhorn bringt sie den Leiter ihres Family Office mit. Er sekundiert mit Details, wenn es ums Zahlenwerk geht. Petra Herz spricht zurückhaltend. "Menschen zu befähigen, Verantwortung zu übernehmen" sei ihr ein Anliegen, sagt die studierte Apothekerin, die sich ganz unerwartet in der Rolle der Stiftungslenkerin wiederfand. Jahrzehntelang hatte sie mit ihrem Gatten, dem zweitältesten Sohn des Tchibo-Gründers Max Herz, ein zurückgezogenes Leben zwischen Hamburg und Atlanta geführt. 2008 kam Joachim Herz ums Leben.
Es ist leichter, Geld zu verdienen, als es effektiv einzusetzen
Ein Testament trat in Kraft, in dem das kinderlose Paar die Gründung einer Stiftung fixiert hatte; gedacht freilich als Projekt einer nicht allzu nahen Zukunft. Acht Wochen nach dem Unfalltod des Tchibo-Erben war dessen letzter Wille vollstreckt, und Petra Herz übernahm den Vorsitz des Stiftungsvorstands.
Seither ist viel geschehen. Ein Steuerberater und ein Rechtsanwalt aus dem Umfeld von Joachim Herz übernahmen Vorstandsämter und gingen wieder. Die ehemalige Generalbundesanwältin Monika Harms gab ein Intermezzo im Stiftungsvorstand, der Pressesprecher wurde ausgetauscht. Mehr als ein Jahr verfloss, bevor erste Mittel vergeben wurden, an die damalige Landesexzellenzinitiative zugunsten der Hamburger Hochschulen und das Stipendienprogramm der Bucerius Law School.
Wer die Geschichte der Joachim Herz Stiftung verfolgt, lernt, was schon Warren Buffett wusste: Es ist leichter, viel Geld zu verdienen (oder zu erben), als es effektiv einzusetzen.
Intensiv diskutiert die Republik derzeit über privates gemeinnütziges Stiftungshandeln. Die einen, Vermögende wie der Sozialforscher, Erbe und Stifter Jan Philipp Reemtsma, verteidigen ihre Freiheit. Reiche sollen im Prinzip fördern dürfen, was und wie sie es wollen, ließ Reemtsma via "Süddeutsche Zeitung" die Öffentlichkeit wissen - Experimente und Misserfolge explizit eingeschlossen. Warum? "Weil sie es eben können."
Reemtsma hofft auf mehr Kreativität und Ideenvielfalt auf dem Boden bürgerlicher Selbstentfaltung und möchte diese nicht eingeschränkt sehen. Doch Kritiker der Stiftungsszene mögen sich nicht auf hehre Motive verlassen. Sie monieren gravierende Managementdefizite in der Stiftungswelt: So bescheinigte eine Studie von KPMG für den Bundesverband Deutscher Stiftungen vor allem den kleineren Institutionen mangelnde Transparenz und ein völlig unzureichendes Risikomanagement.
Auch bei der Anlage des Stiftungsvermögens passierten Fehler.
High impact philanthropy: Gelder sollen nicht wirkungslos versickern
Die Undurchsichtigkeit des Stiftungswesens gefährdet das Image, erschwert die Zusammenarbeit mit Projektpartnern und behindert die Werbung um Spendengelder, auf die fast alle Stiftungen angewiesen sind. Letztlich, sagt Wolf Schmidt, einst Vorstand der Hamburger Körber-Stiftung und heute als Berater (Phipolis Consult) selbstständig, geht es den Kritikern um die Sinnhaftigkeit der Stiftungsidee: "Gelder sollen nicht wirkungslos versickern und Projekte einen nachweisbaren Nutzen entfalten."
Gestandene Stiftungsmanager und die Geber selbst nehmen ihr Tun kritischer unter die Lupe. Ob als Spender oder Errichter einer eigenen Stiftung - zunehmend begnügen sich Vermögende nicht mehr mit der Rolle des Finanziers, der großzügig das Scheckbuch zückt und die Empfänger vor sich hin werkeln lässt, beobachtet Burkhard Schwenker, Chef der Unternehmensberatung Roland Berger. Ein Return on Investment soll her: "Stifter denken strategischer und wollen nachhaltige Veränderungen anstoßen."
"High Impact Philanthropy" nennt sich das, und die Diskussion darüber ist nicht nur akademisch: Das Gesamtvermögen der deutschen Stiftungen liegt bei über 100 Milliarden Euro, rund 17 Milliarden werden pro Jahr in Projekte investiert. Der Sektor wächst, allein im vergangenen Jahr wurden 645 neue Institutionen ins Leben gerufen (siehe Grafik "Aufwärtstrend" links) . Stiften trifft den Zeitgeist, gerade auch bei Wirtschaftsführern.
Etliche Nachkommen bekannter Unternehmerfamilien nehmen sich die Freiheit, die Welt ein wenig nach ihren Vorstellungen zu formen. "Anstiftung" und "Ertomis", so heißen die Vehikel von Vorwerk-Erbe Jens Mittelsten Scheid, sie finanzieren bürgerlichen Kleinstwiderstand gegen empfundenen Konsumterror: In "offenen Werkstätten" können Interessierte eigene Möbel herstellen und in "interkulturellen Gärten" Gemüse ziehen. Ise Bosch, Erbin der Stuttgarter Industriellendynastie, finanziert Frauen-projekte; die Erben von Ordner-Erfinder Louis Leitz investieren in Jugendbildung.
Ex-Porsche-Chef hilft Straßenkinder, SAP-Gründer fördern Forscher
Auch Manager betätigen sich als Philanthropen. Der einstige Porsche-Lenker Wendelin Wiedeking unterstützt unter anderem Straßenkinder und Obdachlose. Die Helga und Edzard Reuter-Stiftung belohnt Anstrengungen auf dem Gebiet der Völkerverständigung.
Klaus Tschira und Dietmar Hopp, als Mitgründer von SAP zu Reichtum gekommen, gaben per Stiftungen allein 2012 rund 58 Millionen Euro an die Gesellschaft zurück.
In aller Stille ist der frühere RWE-Chef Harry Roels unter die Stifter gegangen. Schon in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender des Essener Energieversorgers hat Roels Teile seines privaten Vermögens in die Prana-Stiftung gesteckt. Mit einem jährlichen Budget von 500.000 Euro konzentriert sie sich auf Entwicklungsländer. Das Geld fließt zum Beispiel zu engagierten jungen Frauen in Südostasien, die Verantwortung in ihrem Land übernehmen wollen, oder in ein ghanaisches Waisenhaus. Dort üben Kinder Selbstversorgung: Sie bauen Gemüse an und verkaufen es auf lokalen Märkten.
Roels will nicht nur ein paar gute Taten abliefern. Er geht die Sache an wie früher seinen Vorstandsjob: arbeitet sich ein, fährt hin, hakt nach. Er kümmert sich. Das Deutsche Stiftungszentrum in Essen unterstützt ihn bei Administration und Vermögensverwaltung.
Im Prana-Projekt verwirklicht sich der Topmanager. Er freut sich auch an der "neuen Dynamik in unserer Familie", denn Ehefrau Jacqueline und die beiden erwachsenen Töchter sind bei der Auswahl und Betreuung von Projekten dabei. Effektives Helfen, hat Roels gelernt, bedeute oft nicht "klassische Wohltätigkeit", sondern durchdachte Anleitung zur Selbsthilfe. Daher fließt Prana-Geld nun verstärkt auch an soziale Entrepreneure.
Was also hilft wirklich? Wie wirken Veränderungen nachhaltig? Was kann der Stifter selbst zum Ziel beitragen? Roels hat sie sich gestellt, die Fragen rund um den "Philanthropy Impact". Wer sie nicht beantworten kann, muss im gefühlsgeladenen Helfer-Business immer öfter damit rechnen, dass großzügige Unterstützung in Misstrauen umschlägt.
Drama um "Menschen für Menschen"
So lieferte sich die Karlheinz-Böhm-Stiftung "Menschen für Menschen" vor einigen Monaten existenzgefährdende Gefechte mit einem enttäuschten Großspender. Ziel der Attacken ist Böhms äthiopische Frau Almaz, die dem hochbetagten Schauspieler als Vorsitzende des Stiftungsvorstands nachgefolgt ist. Böhms Gegner, der Unternehmer Jürgen Wagentrotz, rammt die Arbeit der Stiftung öffentlich in Grund und Boden, wettert gegen Misswirtschaft, verfehlte Projekte und das aus seiner Sicht überzogene Gehalt der Stiftungsmanagerin.
Wagentrotz hat einen Shitstorm entfesselt, der Böhm-Freunde und -Feinde leidenschaftlich streiten lässt. Mindestens einen Fehler habe "Menschen für Menschen" tatsächlich gemacht, meinen kundige Beobachter des Dramas: Der Betrieb ist so vollkommen auf das Stifterpaar zugeschnitten, dass eine Menge Platz für Verschwörungstheorien bleibt.
Querelen wie im Hause Böhm vorbeugen und insgesamt mehr Transparenz in die Stifterei bringen will die Agentur Phineo. Gemeinnützige Institutionen können sich hier seit 2010 auf Herz und Nieren durchleuchten lassen. Wer professionell arbeitet und messbare Erfolge verzeichnet, erhält das "Wirkt!"-Siegel - ein Plus fürs Renommee und hübsches Zusatzargument bei der Spenderakquise.
Erdacht wurde Phineo von der Bertelsmann Stiftung. In deren mit Millionenbudget ausgestatteter Einflussnahme auf die politische Arena sehen manche Fundamentalkritiker das Paradebeispiel für die Kompetenzüberschreitungen von Stiftungen.
Die Sache mit dem "Wirkt!"-Siegel
Kann Phineo dann den Daumen über andere Organisationen der Zivilgesellschaft heben oder senken?
Einwänden wie diesen baut Brigitte Mohn vor. "Die Teilnahme ist freiwillig. Und Phineo hat sich seit seiner Gründung von Bertelsmann emanzipiert", sagt die Phineo-Aufsichtsratsvorsitzende. Nur noch 12 Prozent der Stimmrechte liegen bei der Bertelsmann Stiftung, die Mehrheit teilen sich Unternehmen, darunter die Deutsche Börse, sowie weitere Stiftungen: "Der Kreis ist für neue Gesellschafter offen."
Im kostenlosen Phineo-TÜV können die Gemeinnützigen ihre Visionen darlegen, Abläufe erklären, Zielgruppen und potenzielle Partner benennen und sich beraten lassen. Den Einwand, derlei Messen und Wiegen vertreibe sämtlichen Wagemut aus der Stiftungsarbeit, lässt Phineo-Vorstandschef Andreas Rickert nicht gelten: "Risikokapital geht in Ordnung, wenn es als solches ausgewiesen wird. Was wir uns wünschen, ist eine nachprüfbare Logik in den Ideen und Prozessen."
Rickert, Molekularbiologe und Ex-McKinseyaner, notiert bei Förderern und Praktikern des Dritten Sektors ebenfalls einen "wachsenden Anspruch an sich selbst". Wenn es früher üblich war, Stiftungsmanager aus dem "Family & Friends"-Umfeld des Finanziers zu berufen, die damit den "Schlussstein in der eigenen großen Karriere setzen wollten", geht es heute um "professionelles Management, angelehnt an das Vorbild privatwirtschaftlicher Unternehmen".
In diese Richtung muss auch die Stifterfamilie Schmidt-Ruthenbeck gedacht haben, als sie der Stiftung Mercator in Essen einen Neustart verpasste.
60 Millionen Euro Jahresetat: Neuer Schwung für die Mercator-Stiftung
Dank der Schmidts, die einst den Handelskonzern Metro mitgründeten, gehört Mercator mit einem Etat von zuletzt 60 Millionen Euro jährlich zu den größten privaten Stiftungen in Deutschland. Doch bis 2008 lag die Organisation in einer Art Dornröschenschlaf: Gerade ein Sechstel der heutigen Projektsummen wurde schwerpunktmäßig im strukturschwachen Ruhrgebiet untergebracht, in dem privates Mäzenatentum ja durchaus an allen Ecken und Enden willkommen ist. Bis Bernhard Lorentz kam und die Geschäftsführung übernahm.
Der Neue hatte Managementerfahrung bei Dräger und der Commerzbank gesammelt, er professionalisierte die Rekrutierung und stockte das Team um weitere Mitarbeiter auf, die potenziellen Projektpartnern auf Augenhöhe begegnen können.
Denn diese sind selbstbewusst wie nie, erläutert Wolfgang Rohe, Leiter des Kompetenzzentrums Wissenschaft bei Mercator: "Da draußen wartet kein Mensch, bis eine Stiftung kommt und ihm erklärt, wie man die Welt verbessern kann."
So hielt im Stiftungsalltag strategisches Denken Einzug: Große Mercator-Themen wie Wissenschaft, Bildung und internationale Verständigung werden gedanklich in Kausalketten zerlegt, aus denen sich konkrete Projekte ableiten lassen. Wo andere Stiftungen vorgearbeitet haben, strebt man eine Kooperation an, statt sich das nötige Wissen mühsam selbst anzueignen. Und bei Mammutprojekten wie der Unterstützung der Ruhr-Universitäten mit 22 Millionen Euro bis 2015 lässt sich die Stiftung von einer hochkarätigen Evaluationskommission auf die Finger schauen.
Schmidt-Ruthenbeck nimmt die Gremien ins Gebet
All dies geschieht im Sinne der Stifterfamilie. Deren Sprecher Michael Schmidt-Ruthenbeck reist ein paar Mal im Jahr aus der Schweiz an und nimmt die Gremien ins Gebet. Dabei begnügt er sich nicht mit gut Gemeintem, sondern wünscht sich Professionalität im gesellschaftlichen Diskurs.
Sicher: Nur Schwergewichte der Stiftungswelt können sich derart aufwendige Verfahren der Wirkungsmessung leisten. Krupp, Bosch, Mercator - diese großen Namen dominieren das öffentliche Bild vom deutschen Stiftungswesen. Doch der Eindruck täuscht. In Wahrheit sind es die kleinen Stiftungen, die den Stiftungssektor prägen. Gründungen irgendwo zwischen 50.000 und einer Millionen Euro Grundkapital machen mehr als 70 Prozent der Szene aus.
Und die Kleinen stehen in diesen Zeiten besonders massiv unter Druck: Niedrige Zinsen erschweren die Geldanlage und lassen die Fördertöpfe schrumpfen. Die Budgets für Personal, Verwaltung oder gar Evaluation sind winzig. Meist erledigen die Stifter alles selbst, von der Projektauswahl über Jahresabschluss und Spenderakquise bis zur Öffentlichkeitsarbeit.
Wenn Stifter ihr Managementwissen einbringen
Weil solcher Mammuteinsatz bei minimalen finanziellen Möglichkeiten überfordern und die Effektivität gefährden kann, raten Stiftungsprofis inzwischen dazu, Summen bis zu 50.000 Euro einer Treuhand zu überantworten oder einer bereits existierenden Stiftung "zuzustiften" - wie es bei der Mehrzahl der 2012 gemeinnützig gestifteten Privatvermögen auch geschehen ist.
Brigitte Ott-Göbel und Volker Göbel aus Stuttgart wollten dies nie. Die beiden ehemaligen Daimler-Manager sind leidenschaftliche "Selbstbestimmer" und nahezu prototypische Stiftungsmotivierte: Nach fast drei Jahrzehnten im Business verließen sie den Autokonzern, wechselten in die Selbstständigkeit und beschlossen, ihrem Leben einen neuen Dreh zu geben, erzählt Brigitte Ott-Göbel: "Wir wollten gesellschaftlich etwas in Bewegung setzen. Karriere kann doch nicht alles sein."
Mit 125.000 Euro Grundvermögen riefen sie 2007 die Ott-Goebel-Jugend-Stiftung ins Leben. Sechs Jahre später ist der Kapitalstock durch kluge Geldanlage und etliche Zustiftungen auf 142.000 Euro angewachsen. Das Paar hat allein 2012 rund 25.000 Euro in Projekte gesteckt.
Beide Gründer bringen ihr Managementwissen aus Jahrzehnten im Dax-Konzern ein, so Volker Göbel. Er hegt die Finanzen. Sie, die Marketingfachfrau, kümmert sich um die Außenwirkung, um Projektpartner und neue Geldgeber.
Sämtliche Aktivitäten - von der Unterstützung kletterbegeisterter Jugendlicher über die Stärkung der Medienkompetenz von Schülern bis hin zu Kinderkulturveranstaltungen - evaluieren die Stifter selbst. "Wir lassen Berichte schreiben, treffen uns zur Vor- und Nachbereitung mit den Pädagogen und Sozialarbeitern und stellen jede Menge Fragen", sagt Ott-Göbel.
Unterstützer werden auf dem Laufenden gehalten und mindestens einmal im Jahr persönlich eingeladen. Wenn dann 350 Kinder in der Stuttgarter Bachwoche vor großem Publikum Choräle singen, steigt nicht nur den beiden Stiftern das Wasser in die Augen.
Herz Stiftung: 30 Mitarbeiter, 50 Stiftungsprojekte
Selbst für eine geordnete Zukunft seiner Gründung versucht das kinderlose Stifterpaar schon vorzusorgen, indem es jüngere Familienmitglieder in den Vorstand berief. Denn Stiftungen sind in aller Regel auf Ewigkeit angelegt - Satzungszweck und Mittel müssen über Generationen erhalten bleiben. Unterwegs durch die Zeitläufte müssen die Organisationen geschickt wirtschaften und sich flexibel und kreativ der Gegenwart anpassen, meint Stiftungsberater Wolf Schmidt: "Im Schnitt erfinden sich die Stiftungen innerhalb des ersten Jahrzehnts irgendwann neu. Dass dabei nicht immer alles glattläuft, gehört dazu."
Auch die Joachim Herz Stiftung hat sich auf den Weg gemacht. Nach den holprigen ersten Schritten möchte Witwe Petra Herz nun unbeirrt ihre Mission verfolgen. Die Summe der Ausschüttungen soll wachsen, von in diesem Jahr neun Millionen auf längerfristig zehn Millionen Euro im Jahr.
30 Mitarbeiter sind mittlerweile an Bord, um nunmehr 50 Stiftungsprojekte voranzubringen. Ein Stiftungshaus mit 80 Arbeitsplätzen ist im Bau. Auch im Vorstand gibt es Verstärkung, 2012 kam der Hamburger Rechtsanwalt Hans Peter Wüst an Bord. Petra Herz managt die Finanzen. Ein Vorstandsmitglied für strategische Fragen wird noch gesucht.
Manches wäre möglicherweise schneller gegangen, hätte Herz früh ein schlagkräftiges Team mit Durchblick und den richtigen Kontakten um sich versammelt. Doch sei's drum: Selbst Harry Roels, der mit allen Managementwassern gewaschene Wirtschaftsboss, hat erst in seinem zweiten Leben als Stifter begriffen, dass professionelle Gemeinnützigkeit kein Kinderspiel ist.
"In der Wirtschaft greift man nach den tief hängenden Früchten", sagte der Ex-RWE-Chef in seiner Dankesrede zur Verleihung der Richard-Merton-Ehrennadel. Es ist die höchste Auszeichnung des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft; wer sie erhält, hat intensiv geackert. Und das muss auch sein, weiß Roels, denn tief hängende Früchte sucht man am Baum der Gemeinnützigkeit vergebens: "Im Wohltätigkeitsbereich gehen wir Probleme an, die von Natur aus schwierig sind."