
Viktor Dellos, #Etoro: Riesengewinne, aber keine persönlichen Äußerungen. Viele halten "Dellos" für einen Computer. Die Wahrheit ist noch schräger.
Foto: Andy Ridder für manager magazinDie Commerzbank hat gerade Millionen in das Börsen-Fintech Etoro investiert - ein heißes Investment. manager magazin hatte sich Etoro bereits vor Monaten genau angeschaut und eine große Geschichte zu Social-Trading Netzwerken im Dezemberheft (Stand: Ende November 2014) veröffentlicht.
Mit seinen Fans könnte Viktor Dellos ein ganzes Fußballstadion füllen: Mehr als 53.000 Nutzer verfolgen seine Devisenstrategie auf dem Social-Trading-Portal Etoro, einer Art Facebook für private Investoren. Rund 2000 Anleger kopieren seine Handelsgeschäfte.
1.243.220 Prozent Gewinn soll Dellos laut Etoro in den vergangenen zwei Jahren gemacht haben. Wer genau sich hinter dieser phänomenalen Performance versteckt, ist ein großes Geheimnis. In seinem Händlerprofil verrät Viktor Dellos nur, dass er in Deutschland lebt, als Versicherungsmakler gearbeitet hat und an Jesus Christus glaubt. Dellos habe eine "so unglaubliche Rendite, dass göttliche Hilfe vermutet werden kann" , schreibt Blogger Forexchef, der 10 Prozent seines Kapitals bei Dellos investierte.
Ein anderer namens Weiforex wundert sich, dass Dellos "nie menschliche Worte spricht". Auf dessen Trader-Seite finden sich hauptsächlich Bibelzitate, die auch ein mit einer Textdatei gefütterter Roboter abspulen könnte. Viele Leute hätten den Verdacht, dass Dellos ein Computerprogramm sei, schreibt Blogger Weiforex. Er vermute das manchmal auch. Aber: "Who cares? Solange er weiter Geld für uns verdient!"
Die Plattform Etoro, auf der Dellos handelt, ist mit 3,5 Millionen Nutzern Weltmarktführer im Social Trading. Sie ermöglicht es Privatanlegern, ihr Vermögen von Gleichgesinnten verwalten zu lassen. Seit Banker landauf, landab in Verruf stehen, gilt Social Trading in der Szene als das nächste große Ding. Das Internet hat die Medien, die Telekommunikation und den Handel revolutioniert, warum nicht auch die Geldanlage? Zumal ein Viktor Dellos mit seiner sagenhaften Rendite ja eine Alternative zu herkömmlichen Anbietern zu sein scheint.
Plattformen wie Etoro, Ayondo oder Wikifolio führen Gewinnranglisten, von denen Fondsmanager nicht zu träumen wagen. Bei ihnen spekulieren Studenten ebenso wie ehemalige Banker, Unternehmer oder Topmanager. Sie alle legen ihr Depot offen und lassen es kopieren. Dafür bekommen sie von den Plattformbetreibern Geld. Populäre Trader erzielen so mehrere Tausend Euro im Monat. Die Betreiber wiederum kassieren Gebühren von den Anlegern oder verdienen als Broker beim Handel mit.
"Jeder könnte ein Trader sein"
Hunderte Millionen Euro haben Anleger bereits ins Social Trading investiert. Die Portale schwärmen von der Schwarmintelligenz ihrer Nutzer. "Wenn die Besucher auf dem Markt das Gewicht eines Ochsen schätzten, war der Durchschnitt der Schätzungen meist erstaunlich nah an der Wahrheit", sagt Robert Lempka (47), ehemals Trader bei Goldman Sachs , der von Frankfurt aus die Plattform Ayondo leitet. Die Unternehmensberatung Horváth & Partners hat Ayondo in einer Studie als eines der zwölf heißesten Fintech-Start-ups identifiziert.
Auch der Wiener Wettbewerber Wikifolio will an das Geschäft der Banken. "Wir stehen vor einer radikalen Veränderung", verkündet Entwicklungschef Stefan Greunz (35) auf dem Hamburger Börsentag im vergangenen Oktober. "Muss man immer zur Hausbank? Kann man das in Zeiten von Facebook nicht auch schlauer machen? Gibt es da draußen nicht Leute, die es besser können?", fragte er. "Jeder von Ihnen" könne ein Trader sein, rief Greunz ins Publikum, das im Schnitt deutlich über 50 Jahre alt war.
Zu Wikifolios Vertriebspartnern gehört laut Greunz die Commerzbank-Tochter Comdirect. Die sparkasseneigene Onlinebank S-Broker habe sogar Sparpläne auf Wikifolio-Zertifikate aufgelegt. 75 Prozent seiner Trader schlügen den Markt, behauptet der Marketingmann stolz. Allerdings nur für den statistisch wenig aussagekräftigen Zweiwochenzeitraum vom 15. Juli bis zum 1. August 2014, wie die Fußnote seiner Präsentationsfolie verrät.
Mit solch selbst gestrickten Kurzfristbetrachtungen gibt sich Yoni Assia (33) nicht zufrieden, wenn er die Überlegenheit seines Geschäftsmodells beweisen will. Der Gründer des Branchenprimus Etoro ist nicht nur der Größte, sondern auch der Lauteste der Branche. Der Israeli führt gern akademische Autoritäten für sich ins Feld. "Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen wie von Professor Sandy Pentland vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) oder wie die von der Universität Bochum unterstreichen, dass Social Trading tatsächlich zu einer Verbesserung der Erträge führt", behauptete Assia in einem Interview.
Tatsächlich stehen viele interessante Details in den genannten Arbeiten, die Assia allerdings lieber nicht erwähnt. "Insgesamt verlieren die meisten Investoren bei Etoro ihr Investment", heißt es in der von Assia zitierten Studie des MIT von 2012. 84 Prozent der Kunden hätten zwischen August 2010 und Januar 2012 Geld verloren. Eine andere Untersuchung des MIT von Oktober 2014 bestätigte dieses Ergebnis für ein nicht namentlich genanntes Social-Trading-Netzwerk: "Ein großer Anteil von 85 Prozent der Trader sind Verlierer mit einem finalen Nettoverlust." Basis sind die Daten von 81.300 Tradern zwischen Juni 2010 und Oktober 2012.
Social Trader sollten die hohen Risiken mit einberechnen
Social Trading ist also weit davon entfernt, eine überlegene Alternative zu Banken, Fondsmanagern und Indexfonds zu sein. "Es ist für Anleger nicht möglich, vorher zu wissen, welche Trader im nächsten Jahr die besten sein werden", sagt Finanzwirtschaftler Sascha Neumann, der mit zwei Forschern eine Studie zum Thema verfasst hat, mit Daten von Etoro und Ayondo. Weil jeder mit einem Internetanschluss einfach lostraden könne, seien auf den Portalen relativ viele Scharlatane, vermutet Neumann. Das macht sie hochriskant.
Überlegen, wie Etoro-Gründer Assia behauptet, sind Kopierer, die sich an andere Händler hängen, nur verglichen mit selbstständigen Spekulanten bei Etoro. Social Trader sollten die hohen Risiken mit einberechnen, die sie eingehen, um hohe Renditen zu erzielen, warnt das MIT. Klar: Wer hohe zweistellige oder gar dreistellige Jahresrenditen anpeilt, muss davon ausgehen, dass ein Investment nicht vielleicht, sondern sehr wahrscheinlich auf Totalverlust hinausläuft.
Das gilt nicht zuletzt für den Etoro-Star Viktor Dellos. Obwohl sein Profil für Ende Oktober 1.243.220 Prozent (wohl ohne Abzug der Verluste aufaddierten) "Gewinn" auswies, hat er das Investment seiner Kopierer immer wieder vollständig vernichtet. Der maximale Wochenverlust beträgt mehr als 99 Prozent - egal welchen Zeitraum man betrachtet: 3, 6, 12, 24 oder 36 Monate. Kapitalvernichtung gehört bei ihm dazu.
Von Null auf Hundert
Dellos ist tatsächlich ein Mensch und kein Computerprogramm. Er ist ein 54 Jahre alter, in Kasachstan geborener Deutscher, war mal Versicherungsmakler, lebt seit Jahren in Rastatt, fährt einen kleinen Peugeot und isst beim Italiener am liebsten den Salat mit Meeresfrüchten.
Am 9. November 2011 eröffnete Dellos mit 50 Dollar ein eigenes Etoro-Konto. Er hatte sich vorher ein bisschen schlaugemacht und einen dort bereits aktiven Freund ausgefragt. "Ich hatte null Ahnung. Ich saß im Keller am Computer, diese Plattform vor mir, und ich musste kaufen oder verkaufen", erinnert sich Dellos. Er dachte, es sei Zeit zu kaufen. "Aber meine Hand machte etwas anderes, und ich verkaufte." Und das sei kein Zufall gewesen, sagt er.
"Gott hat meine Hand geführt - hierhin, dahin. Es lief einfach wie geschmiert", sagt Dellos und lächelt. Er hatte sich vorgenommen, auf Etoro Geld zu verdienen - für etwas Wohltätiges: Eine Begegnungsstätte für Ältere wollte er bauen. Dem lieben Gott schien der Plan zu gefallen. Aus dem Handgelenk heraus gelang Dellos ein Trade nach dem anderen. Er musste nicht einmal die ganze Zeit vor dem Schirm sitzen. Beim Renovieren seiner Wohnung ließ er damals einfach den eingeschalteten Laptop im Raum stehen und hörte "das 'kling kling kling', wenn eine Position im Plus geschlossen wurde". Er legt meist Stopppunkte fest, die einen Trade bei einer bestimmten Gewinnhöhe beenden.
"Mit den Briten habe ich viel Geld verdient"
Dann habe Gott Dellos in einer Vision offenbart, dass das britische Pfund von knapp 1,50 Dollar auf mehr als 1,57 Dollar steigen werde. Mit Visionen weiß er umzugehen, einen Erlebnisbericht über die Begegnungen mit Jesus und dem Gottvater hat er ins Web gestellt. Der Tipp mit dem Pfund wird darin nicht erwähnt, dabei war der wirklich gut. "Mit den Briten habe ich viel Geld verdient", sagt Dellos. Nach einem Jahr lagen 200.000 Euro auf seinem Hauptkonto und weitere 100.000 Euro auf einem zweiten Konto.
Follower und Kopierer wurden auf ihn aufmerksam. Viktor Dellos stieg mit Gottes Beistand zum erfolgreichsten deutschen Etoro-Trader auf, zeitweise setzten mehr als 8600 Anleger Geld auf ihn. Er erhielt Dankesbriefe von Menschen, die mit seinen Handelsgewinnen ihren Urlaub finanzierten. "Das Social Web killt den Kundenberater", schrieb der Schweizer "Tages-Anzeiger".
Dellos schien der Beweis, dass Laien Profis nicht nur schlagen, sondern deklassieren. Es folgte der Totalverlust. Den erklärt der freundliche Herr Dellos so: "Ich habe gesündigt. Ich habe 10.000 Euro rausgenommen, für private Zwecke." Dabei hatte er Gott doch versprochen, das Geld für wohltätige Zwecke zu nutzen. "Ich habe mein Wort nicht gehalten, und Gott hat in einem Monat genommen, was er zuvor in einem Jahr gegeben hatte."
Dellos ist kein leichtsinniger Mensch. Er ist geschieden und hält es als Katholik für eine Sünde, wieder zu heiraten. Seine Personalleasingfirma musste schließen, nachdem Ermittler 2009 Geschäftsunterlagen beschlagnahmten, wegen des Verdachts auf Schwarzarbeit. Später zogen sie die Anschuldigung zurück und warfen ihm nur noch Veruntreuung vor. Das Urteil in dritter Instanz erwartet er Endes des Jahres, er rechnet fest mit Freispruch. Aus seinem Haus muss er jetzt aber raus, es wird zwangsversteigert. Bei Etoro macht Dellos trotzdem weiter - sein Gottvertrauen ist unerschütterlich.
Dass er ein so hohes Risiko eingeht, liegt daran, dass er verlustbringende Trades nicht einfach schließt, um das Minus im Depot zu begrenzen. Im Gegenteil: Er schießt oft sogar Geld nach, weil er hofft, der Kurs dreht. Als er sich einmal mit dem japanischen Yen verspekulierte, es war schon spät am Abend, ließ er die Position offen, stieg aus dem Keller und legte sich aufs Sofa, um zu beten. "Herr, lass mich ohne Verlust rauskommen." Am nächsten Morgen war die Handelsposition wieder auf null geklettert, er kam noch mal ohne Einbußen davon.
Sascha Neumann von der Ruhr-Universität Bochum hält dieses Verhalten für extrem gefährlich - weil es oft zum Totalverlust führt. Die Neigung, Gewinne schnell mitzunehmen und an Verlustbringern festzuhalten, ist auf Plattformen wie Etoro und Ayondo weitverbreitet. Dort stehen viele kleine Gewinne wenigen großen Verlusten gegenüber, wie die Studie der Ruhr-Uni zeigt.
"Papa ist Zickzacker"
Wie viel Können und wie viel Glück sich hinter einer guten Performance verbergen, lässt sich als Außenstehender nicht nachvollziehen. Aller Transparenz und Kommentare zum Trotz. Wer hätte schon vermutet, dass bei Star-Trader Dellos der liebe Gott die Hand führt?
Die mangelnde Planbarkeit des Erfolgs gilt auch für den Starhändler des Social-Trading-Portals Ayondo, Christian Steinberger, besser bekannt unter seinem Pseudonym "Patternicus". Der gebürtige Münchener hatte zehn Jahre lang als Aktienhändler für die heutige DZ Bank gearbeitet, bis er drei große Monitore in den Keller seines Hauses am Rande des Taunus schleppte und sich selbstständig machte.
Steinberger ist kein religiöser Schwärmer wie Dellos, sondern ein Vernunftmensch. Seine Handelsstrategie zu erklären fällt aber auch ihm schwer. An einem typischen Tag macht Steinberger bei Ayondo rund 20 Trades. Sobald er die Kinder in der Schule abgeliefert hat, kehrt er heim in sein Haus in einer Kleinstadt nördlich von Frankfurt und beobachtet Aktienindizes, vor allem den deutschen Leitindex. Es gehe darum, "den Chart zu lesen", sagt er. Dazu gehört viel Intuition und 16 Jahre Markterfahrung. "So lange schaue ich mir täglich den Dax an."
Computer, die besseren Anlageberater
Was genau er da jetzt besser macht als andere? Schwer zu erklären. Seine Kinder hätten früher immer gesagt: "Papa ist Zickzacker."
Anders als die meisten seiner Social-Trader-Kollegen versteht der Ex-Banker immerhin etwas von Risikomanagement. Er schließt Positionen schnell, wenn er falschliegt. Studien zufolge sind erfahrene Händler wie Steinberger besser darin, sich Fehler einzugestehen und Verluste zu begrenzen. Deshalb sind sie in der Regel auch als Chartanalytiker erfolgreicher.
Das Dilemma für Portale wie Ayondo, Etoro und Wikifolio: Wer dort das Zeug zum Profi hat, träumt zumeist (anders als Steinberger, der eher die Ausnahme ist) von einem hoch bezahlten Job in der Finanzindustrie. Dieser Versuchung könnte schon bald der aktuell zweitpopulärste Trader auf Etoro erliegen: Christian Fahrner (25) wird im März mit seinem Studium an der Universität Hohenheim fertig und wird bereits hoch gehandelt.
Bislang dealte er meist vom Zimmer in seiner Vierer-WG aus. Bis zu 2500 Euro verdient der Student im Monat mit dem Social Trading. "Aber wenn ich im März mit dem Bachelor fertig bin, ist das zu wenig", sagt Fahrner. Er hat den Wunsch, Trader zu bleiben. "Ich möchte meine Strategie umsetzen." Warum nicht künftig als Hedgefondsmanager?
Zu einem Hedgefonds hat sich bereits der lange Zeit populärste Wikifolio-Trader verabschiedet: der Düsseldorfer Markus Strauch (29). Ihn konnten auch mehr als zehn Millionen Euro Anlegergeld nicht davon abhalten, ins Profilager zu wechseln und bei einem Schweizer Vermögensverwalter anzuheuern. "Wikifolio ist ein gutes Sprungbrett", sagt Strauch.
"Wachstum mit nur einer Aktie"
Für die Plattform war sein Abschied ein schwerer Verlust. "Es hat sich gezeigt, dass sich die Investoren auf wenige erfolgreiche Händler konzentrieren", sagt Philipp Doering, Koautor der Bochumer Social-Trading-Studie. Das werde auch durch die Renditeranglisten gefördert.
Um überhaupt Beachtung zu finden, gehen "Nobodys" oft volles Risiko, zumal sie anfangs meist nur Spielgeld einsetzen. Bei Wikifolio stehen fast ausschließlich solche Trader ganz oben, die ihr Kapital in eine Handvoll Aktien stecken. Aus Sicht der Finanzwissenschaft ist eine derart hohe Konzentration des Portfolios nicht sinnvoll: Wer weniger als 20 oder 30 Aktien hält, geht ein Risiko ein, das nicht durch eine entsprechend höhere Rendite entschädigt wird ("Overconcentration").
Um bei Wikifolio Erfolg zu haben, ist ein solches Konzentrationsrisiko aber geradezu geboten, wie die Top Ten der Real-Money-Depots mit den höchsten investierten Vermögen zeigen: Der hauptberufliche Pharmaforscher Richard Dobetsberger aus Wien (33, "Ritschy") rangiert dort mit mehr als sieben Millionen Euro aktuell auf Platz eins. Er hat lediglich acht Aktien in seinem Depot "Umbrella". Noch enger zugeschnitten, nämlich auf nur fünf Aktien, hat der Chemnitzer Verwaltungsangestellte Ralf Werner sein Depot "Antizyklische Chancen", mit knapp drei Millionen Euro immerhin das drittgrößte.
Der Finanzjournalist und Wikifolio-Guru Christian Scheid hat die extremst mögliche Konzentration sogar zu seinem Markenzeichen gemacht: Sein "Wachstum mit nur einer Aktie" ist das sechstgrößte Real-Money-Depot, mit 1,8 Millionen Euro Anlegergeld. Die Variante "Wachstum mit 1 Aktie long/short", bei der Scheid auch auf fallende Kurse wettet, liegt mit 4,5 Millionen Euro Investorenkapital sogar auf Rang zwei.
Alles auf eine Karte zu setzen "widerspricht sämtlichen Grundsätzen der Portfoliotheorie", kritisiert Neumann. Seit November 2013 erzielte Scheid mit seinem Long-Short-Depot mehr als 400 Prozent Rendite. Wie hoch dabei aber die Verlustgefahr ist, erwies sich im Oktober, als er kurz vor Veröffentlichung des Quartalsergebnisses auf die Aktie des Onlinenetzwerks Twitter wettete. Die Zahlen enttäuschten, Scheid verkaufte mit mehr als 15 Prozent Verlust.
Den Ton bestimmen Hochrisikospekulanten
Für die meisten Social-Trading-Plattformen gilt also: Den Ton bestimmen Hochrisikospekulanten, die Weisheit der "Crowd" steht hinten an.
Ayondo und Wikifolio reagieren nun auf dieses Manko, indem sie vom Ursprungsmodell der Schwarmintelligenz abrücken und um professionelle Vermögensverwalter buhlen. Klasse statt Masse, Profis statt Amateure: Die Betreiber haben ausgeschwärmt, sie mutieren von Revolutionären zu Realisten.
Bei Wikifolio tummeln sich bereits mehrere solcher Geldmanager, bei Ayondo soll der Hamburger Vermögensverwalter Stefan Riße in den kommenden Monaten Kollegen für die Plattform werben. Am Ende könnten die Social-Trading-Portale sehr viel Ähnlichkeit mit altbackenen Onlinefondsvermittlern bekommen, wo neben wenigen Exoten die gleichen Namen vermarktet werden wie überall, ähnlich teuer wie Investmentfonds, nur anders verpackt.
Ayondo entfernt sich auch in einem weiteren Punkt von der Schwarmintelligenz. Das Frankfurter Unternehmen will sich nicht mehr darauf verlassen, dass es der "Crowd" von selbst gelingt, gute von schlechten Händlern zu unterscheiden. So hat Ayondo fünf Karrierestufen eingeführt. Um das Topniveau "Institutional" zu erreichen, benannt ausgerechnet nach den angeblich überflüssigen Großanlegern, muss ein Trader mindestens ein Jahr Handelserfahrung vorweisen und soll unter anderem 6 Prozent Gewinn und nicht mehr als 25 Prozent Verlust machen. Anfang November erfüllten von den mehr als 1000 Tradern nur elf die Bedingungen, darunter Ex-Banker Steinberger.
"Patternicus" ist skeptisch, dass es Ayondo gelingt, die erhofften ein oder zwei Dutzend Toptrader heranzuzüchten. "Es werden wenige sein, die den Anlegern langfristig Freude machen", sagt Steinberger. Das geht auch gar nicht anders: Wer dem Schwarm folgt, kann nicht auf eine bessere Rendite als die des gesamten Marktes und der Masse hoffen. Um besser abzuschneiden, müsste man einzelne, außerordentlich begabte Investoren finden. Dabei ist der Schwarm keine große Hilfe.
Günstige, einfache Vermögensaufteilung online
Anbieter | Mindeskosten pro Jahr 1 | Besonderheiten |
---|---|---|
Comdirekt | 0,25%2 | Depotempfehlung, große ETF-Auswahl, auch aktive Fonds |
Easyfolio | 0,99% | Drei fixe ETF-Depots mit 30, 50 oder 70 Prozent Aktienanteil |
Just ETF | 0,37% | Mehrere Musterportfolios für verschiedene Risikoneigungen |
Vaamo | 0,88-1,67%3 | Drei Depots, darin nur Fonds des US-Anbieters Dimensional |
2 Aktionspreis
3 Gebühr gestaffelt nach Depotgröße: 1,19% bei weniger als 10.000 Euro, 0,49% bei mehr als 250.000 Euro, plus Fondskosten von 0,39-0,48%.